Kurz & bündig
- Agroscope führt mit Swisspatat und der HAFL Projekte durch, um Sorten zu finden, die gegen Trockenstress, Hitze sowie Kraut- und Knollenfäule tolerant sind.
- Bei Trockenheit im Sommer ist Bewässerung nötig.
- Hilfreich dabei sind Sensoren und Apps wie die Bewässerungs-App ALB.
- Sensoren helfen, optimal zu produzieren, sind aber (noch) keine Notwendigkeit.
Bewässern? Warten? Welche Hilfsmittel helfen bei der Entscheidung? Kartoffelanbau ist in Zeiten des Klimawandels (noch) anspruchsvoller geworden. Patrice de Werra leitet bei Agroscope die Sortenprüfung bei Kartoffeln für die deutsche Schweiz. Gefragt, ob es in Zukunft in der Schweiz überhaupt noch ökonomisch und ökologisch sinnvoll sei, Kartoffeln anzubauen, antwortet er: «Sollte die Trockenheit im Sommer zunehmen, wird man auf Anbauflächen, wo eine Bewässerung nicht möglich ist, andere Kulturen anbauen müssen.»
Er ergänzt: «Solange wir Kartoffeln in der Schweiz essen, ist es allerdings auch ökologischer, sie hier zu produzieren.» Den Anbau sichern sollen Projekte, die Agroscope zusammen mit Swisspatat und der HAFL durchführt. Ziel ist, Sorten zu finden, die gegen Trockenstress, Hitze sowie Kraut- und Knollenfäule tolerant sind. Neue, angepasste Sorten werden bei Agroscope geprüft. Bis zur Marktreife dauert es aber rund zwanzig Jahre.
Daten sammeln, um Anbau-Entscheide bei Kartoffeln zu vereinfachen
Wasser wird je länger je mehr zum knappen Gut. Die Bewässerungs-App ALB, welche auch die HAFL in ihrem Bewässerungsnetz-Projekt empfiehlt, kann bei der Entscheidung unterstützen.
Eine andere Möglichkeit sind Sensoren, welche nicht nur die Verfügbarkeit von Wasser messen, sondern auch die Niederschlagsmengen in der Umgebung messen und die Boden- und Lufttemperatur erfassen. Das Unternehmen Cital aus Kaiseraugust BL versucht, unsichtbare Daten sichtbar zu machen und so neue Erkenntnisse zu gewinnen. Dabei sei der Service umfassend, sagt Vinzenz Bruckert. Cital berät bei der Auswahl der Sensoren, aber auch bei der Visualisierung und Auswertung der Daten.
Beim Kartoffelanbau habe sich die Überwachung der Temperatur und des Bodenwasserpotenzials als hilfreich erwiesen. Die Cital-Sensoren decken die Bodentiefen von 15, 25, 55 und 85 cm ab. Mit nur wenigen Sensoren an verschiedenen Stellen im Feld könne somit eine Referenz für die Wasserverfügbarkeit in verschiedenen Tiefen hergestellt werden. «Durch die Anwendung des wissenschaftlich gut dokumentierten Verfahrens der Bodensaugspannung können wir Rückschlüsse auf die tatsächlich verfügbare Wassermenge für die Pflanze ziehen», so Bruckert.
Bei Bedarf findet eine Beratung vor Ort statt, grundsätzlich sei aber Auswahl und Inbetriebnahme ohne Hilfe möglich, sagt Bruckert. Die Kosten sind flexibel, da Cital ein Mietmodell für Sensoren anbietet. Er bringt ein Beispiel: Für eine Hektare Kartoffeln könnten vier Sensoren für vier Monate eingesetzt werden. Bei einem Messintervall von einer Stunde würden sich die Kosten hier in etwa auf 320 Franken belaufen.
Tröpfchenberegnung ist ökonomisch (noch) nicht interessant
Die Sensoren messen, doch die Bewässerung bleibt Sache der LandwirtInnen. Bruckert sagt, dass ihr System nicht auf einen bestimmten Hersteller von Bewässerungssystemen ausgerichtet sei. Über eine Schnittstelle sei es jedoch möglich, die Sensordaten in andere Systeme einzuspeisen, die beispielsweise eine automatische Bewässerung ermöglichen.
Was da ökonomisch sinnvoll ist, zeigen die Zahlen deutlich: Die Tröpfchenberegnung schneidet schlechter ab als der Rollomat, obwohl sich damit bis zu einem Drittel Wasser sparen liesse. Agroscope-Forscher Patrice de Werra sagt, dass ökonomische Gründe zentral seien, wenn es darum geht, ein neues Bewässerungssystem anzuschaffen.
«Und wenn mit einer Tröpfchenbewässerung kaum oder keine signifikanten Verbesserungen bei der Ernte (Kaliber und Ertrag) möglich sind, lohnt es sich nicht, eine zu installieren.» Denn der Arbeitsaufwand, um die Tröpfchenbewässerung zu installieren, dürfe man nicht unterschätzen.
Wenn allerdings das Wasser im Sommer noch knapper werden sollte als heute, und man mit einer Tröpfchenbewässerung einen Drittel des Wassers sparen könnte, dann werde es ökonomisch interessant, ein solches System einzusetzen. Zudem liesse sich, weil eine Tröpfchenbewässerung die Blattoberflächen trocken lässt, das Infektionsrisiko für Kraut- und Knollenfäule verringern.
Industriekartoffeln haben mehr Trockenstress
Ob es unterschiedliche Bewässerungs-Anforderungen je nach Sorte gebe, sei schwierig zu sagen, meint de Werra: «Dazu bräuchte es mehr Forschung.» Grundsätzlich sind Frühkartoffeln weniger der Hitze ausgesetzt, weil sie schon Ende Winter im Boden sind. Trockenstress kann aber trotzdem vorkommen.
Dafür bleiben Industriekartoffeln länger im Boden, bis das richtige Kaliber und der optimale Stärkegehalt erreicht wird. Deshalb sind diese stärker dem Trockenstress und der Hitze ausgesetzt.
Braucht es also zwingend Sensoren, um erfolgreich Kartoffeln anzubieten? So weit will Patrice de Werra nicht gehen: «Bodensensoren sind Entscheidungshilfen, um eine stabile Wasserversorgung für die Pflanzen zu sichern. Eine Notwendigkeit sind sie nicht unbedingt, aber sie helfen mit, um optimal zu produzieren.»