Mit den Ideen ist es so eine Sache. Es ist gut, wenn man immer auf einige davon zurückgreifen kann. Es macht Freude, ein paar auserwählte Ideen umzusetzen. Neulich jedoch lernte ich eine neue Seite im Zusammenhang mit Ideen kennen: Die Freude, eine Idee zu beerdigen. Zumindest vorerst. Und das ging so:

Direktvermarktung ist nicht nur in aller Munde, sondern auch in vielen Köpfen. So auch in unserem Kopf, eingenistet vermutlich in diesem Winter an einem regnerischen Bürotag.

Die Idee: Ein Hofladen, bei uns auf dem Mühlehof. Wir liessen die Idee gären, entwickelten sie weiter. Bald schon hatten wir etwas, das man mit etwas gutem Willen fast schon als Konzept bezeichnen könnte. Produktepalette,Zusammenarbeit mit anderen Betrieben, den Standort und die Gestaltung des Raumes – alles vorhanden, zumindest in unseren Köpfen. Auch ein Datum für die Eröffnung war geplant: Der 7. Juni 2020, also der Tag der offenen Hoftüren, an dem wir teilnehmen wollten.

Was voller Elan begann, flachte spürbar ab: Die Freizeit wurde auch ohne Hofladen spärlicher, und die Corona-Pandemie liess erahnen, dass aus dem Tag der offenen Hoftüren nichts werden würde.

Immer wieder kamen wir nach dem Abendessen auf das Thema Hofladen zu sprechen. Im Anfang waren diese Gespräche ungefähr so: «Ah ja, das könnten wir auch noch. Und das würde gut passen. Und jenes ergänzt sich wunderbar mit dem. Dazu noch ein paar Events. Nicht zu vergessen der Blumenschmuck …»

Mit der Zeit wechselte aber der Tenor und bewegte sich langsam in folgende Richtung: «Du hast doch gesagt, dass du das organisierst!» «Dafür habe ich jetzt gerade wirklich keine Zeit.» «Ist das unbedingt nötig? Komm, es geht auch ohne das.»

Wie immer lohnt sich auch hier ein zweiter Blick. Gerade noch rechtzeitig, als das Thema wieder einmal auf den Hofladen zu sprechen kam und die Stimmung gereizt wurde, haben wir uns die Grundsatzfrage gestellt: «Wieso sollen und wollen wir eigentlich genau einen Hofladen eröffnen?» Es gibt zwei Gründe, die in Frage kommen:

  1. Um Geld für unseren Lebensunterhalt zu verdienen.
  2. Weil es uns Freude macht, Produkte, deren Erzeuger wir sind, direkt an zufriedene und bewusste Konsumenten zu verkaufen.

Es müssen beide Punkte erfüllt sein, damit das Ganze Sinn macht. Wir mussten uns eingestehen, dass uns die Freude am Hofladen abhanden gekommen ist. Und damit der Hauptgrund, dieses Unterfangen zu lancieren. Die Idee wurde (vorerst) verworfen.

Der Entscheid fiel uns nicht leicht. Es waren bereits einige andere Personen involviert, wir hatten die Idee nicht für uns behalten. Folglich mussten wir uns erklären. Es fühlte sich aber nur kurz wie eine Niederlage an. Wir wussten rasch: Für den Moment war das die absolut richtige Entscheidung. Aus dem ganz einfachen Grund, dass wir nach dem Entscheid froh und erleichtert waren.

Nun, der Hofladen ist vorläufig begraben. Die Idee Direktvermarktung aber nicht komplett. Wir produzieren auf dem Mühlehof Label-Schweinefleisch, hinter dem wir bestens stehen können und das hervorragend schmeckt.

Wir vermarkten jetzt einige Tiere selber, was sich bis jetzt ganz gut anfühlt. Wenn geschlachtet wurde, gibt es für kurze Zeit intensiveren Kundenkontakt. Anschliessend ist dann aber auch wieder mal Ruhe und man muss nicht tagtäglich für die Kundinnen und Kunden da sein.

Soweit der aktuelle Stand der Ideen. Gut möglich, dass er bald wieder veraltet ist.

 

«Plötzlich Bauer»

Sebastian Hagenbuch ist Landwirt und Agronom. Er bewirtschaftet mit seinen Eltern einen Betrieb mit zwei Standorten im Freiamt AG. Er arbeitet in einem Teilzeitpensum als Redaktor Pflanzenbau für «die grüne».

Hagenbuch begann sich erst spät für die Landwirtschaft zu interessieren. In seiner Kolumne erzählt er von Alltäglichem und Aussergewöhnlichem, wechselt ab zwischen Innen- und Aussensicht, immer mit kritischen Blick und einem Augenzwinkern.