Ich schreibe hier mal etwas zum Thema Land. Also nicht über die Schweiz, sondern über die landwirtschaftliche Nutzfläche. Über die erste Hälfte unserer Berufsbezeichnung. Über den Grund und Boden, der uns nicht ganz ohne Grund manchmal bodenlos stark beschäftigt.

Weil viele von uns gerne mehr Boden unter ihren Füssen oder Fittichen hätten, und das nicht ganz ohne Grund. Kurzum: Ich schreibe über den meistgesuchten und am stärksten umkämpften Artikel in unserem Berufsstand. Das Land eben.

DossierKolumne«Plötzlich Bauer» von Sebastian HagenbuchDonnerstag, 28. Oktober 2021 Die allermeisten von uns würden nicht «Nein» sagen, wenn sie mehr Land bewirtschaften könnten. Diese Aussage mache ich pauschal, im Bewusstsein, dass Ausnahmen die Regel bestätigen – vor allem im Berggebiet. Mich selbst sehe ich übrigens nicht als Ausnahme.

Für die grassierende Lust auf Land gibt es natürlich gute Gründe. Land ist nicht bloss bei uns Landwirten begehrt, sondern auch ausserhalb der Branche: Baugrund ist ebenso gesucht, und es herrscht nicht einfach ein freier Markt, sprich: Nicht jeder, der Land will, kann einfach Land kaufen, wie das etwa bei einem Traktor der Fall ist. Vielleicht sind deshalb im Verhältnis zum wenigen Land doch eher viele Traktoren im Umlauf…

Volkswirtschaftler sprechen in dieser Situation von einem unelastischen Angebot. Es kann nicht einfach mehr Land generiert werden, bloss weil die Nachfrage gross ist. Ausser vielleicht, die Schweiz würde zusätzliche Flächen im angrenzenden Ausland annektieren, was derzeit eher unrealistisch scheint. Nein, es ist sogar so, dass die landwirtschaftliche Nutzfläche täglich abnimmt. Immer mehr Kulturland wird überbaut oder für andere Zwecke gebraucht – beispielsweise für den ökologischen Ausgleich.

Also, Zwischenfazit: Ja, Land ist knapp. Befeuert wird die Nachfrage nicht zuletzt durch die Politik: Das Direktzahlungssystem ist stark flächenbezogen.

Ob ein Betrieb zu zusätzlichen Flächen kommt, liegt aufgrund des statischen Angebots also nur beschränkt in den eigenen Händen. Das kann frustrierend sein.

Zum Vergleich: Wenn ich eine Zimmerei habe und es mein Ziel ist, 50 Angestellte zu beschäftigen und eine grosse Produktionshalle zu besitzen, hängt das primär von meinen Fähigkeiten (und etwas Glück) ab, ob ich dieses Ziel erreiche. Möchte ich aber als Landwirt 500 Hektaren bewirtschaften, so kann ich noch so vieles richtig machen: Die Chance, dass mir das in der Schweiz gelingt, ist verschwindend klein.

Entsprechend lohnt es sich also eigentlich nicht, allzu viel Energie in die Akquise von Ländereien zu stecken. Es gibt zum Glück auch andere Möglichkeiten, die Vorteile von mehr Land für den Betrieb zu erschliessen:

Vorteil Maschinenauslastung: Kann ich mit Berufskollegen Flächen gemeinsam bewirtschaften, damit wir rationell arbeiten und uns eine vernünftige, schlagkräftige Mechanisierung leisten können? Können wir uns Maschinen gemeinsam kaufen, zu- oder ausmieten? Oder mache ich Lohnarbeiten für andere Landwirte?

Vorteil Fruchtfolge: Kann ich Flächen abtauschen, um meine Fruchtfolge aufzulockern und mit anspruchsvollen Kulturen – wie Kartoffeln – auf die am besten dafür geeigneten Böden zu kommen?

Letztendlich nimmt die Diskussion um das Land gemessen an der wirtschaftlichen Bedeutung wohl irrational viel Platz ein. Die Wertschöpfung entsteht bei den meisten Schweizer Betrieben im Stall und weniger auf Feldern mit extensiven Ackerkulturen.

Nichtsdestotrotz bleiben wir aber Land-Wirte. Und weil Land nur beschränkt verfügbar ist, so ist die starke Nachfrage zwar nicht unbedingt rational, auf jeden Fall aber menschlich.

«Plötzlich Bauer»

Sebastian Hagenbuch ist Landwirt und Agronom. Er bewirtschaftet mit seinen Eltern einen Betrieb mit zwei Standorten im Freiamt AG. Er arbeitet in einem Teilzeitpensum als Redaktor Pflanzenbau für «die grüne».

Hagenbuch begann sich erst spät für die Landwirtschaft zu interessieren. In seiner Kolumne erzählt ervon Alltäglichem und Aussergewöhnlichem, wechselt ab zwischen Innen- und Aussensicht, immer mit kritischen Blick und einem Augenzwinkern.