Die Pensionspferdehaltung hat bei uns zu Hause Tradition. In über 25 Jahren haben meine Eltern rund 40 Pferde betreut, und auch auf dem Mühlehof sind die Rösser ein wichtiges Standbein. Mein Vorgänger erwiderte auf die Frage, was er nun genau vorhabe: «Ich könnte ja ein Buch schreiben über all die Geschichten, die ich mit Pensionspferde-Halterinnen erlebt habe.» Bei mir reicht es vorerst nur für eine Kolumne, aber immerhin.

Pferde-Halterinnen und Landwirt, das ist oft ein belastetes Verhältnis. Die einen möchten nur das Allerbeste für ihr Tier. Was das Beste ist, ändert dummerweise in regelmässigen Abständen. Und es sollte nicht zu einem hohen Pensionspreis führen. Die anderen wiederum wollen möglichst keinen Ärger, wenig Aufwand und einen anständigen Verdienst für ihre Arbeit.

Des Pudels Kern liegt darin, dass wir Bauern in Tieren, die in unseren Ställen stehen, Nutztiere sehen. Oder zumindest die Pferde mit den anderen Tieren vergleichen. Es ist für uns oft völlig unverständlich, wenn Pferde-Halterinnen mit einem einzigen Tier mehr «Arbeit» haben als wir mit einer Milchviehherde und einem Stall voll Mastschweine zusammen – und das alles ohne eine einzige entstandene Kalorie. Für die Halterinnen sind ihre Pferde nun mal keine Arbeit, sondern ein emotionales Hobby. Die Daseinsberechtigung dieser Pferde besteht darin, Zeit mit ihnen zu verbringen.

Mein Vater hielt mir vor wenigen Wochen entrüstet einen Katalog unter die Nase: Darin sind alleine 30 unterschiedliche Produkte zur Einstreu von Pferdeboxen zu finden. Sein Fazit: «Alles nur zum Reinscheissen und -brünzeln. Das ist doch verrückt.» Abgeschmeckt wird das Ganze mit Lippenstiften für Pferde und weiteren – aus Sicht vieler Landwirte – unnötigen und sauteuren Produkten. Ja, verrückt.

Vielleicht ist es das – zumindest, wenn man davon ausgeht, dass Pensionspferde einen ähnlichen Status wie ein Nutztier haben. Dem ist aber nicht so. Die Beziehung zwischen Pferd und Besitzerin ist derjenigen zwischen Hamster und Kind näher, als der Beziehung zwischen Bauer und Milchkuh. Als Pensionspferde-Halter bin ich Dienstleister und nicht Produzent. Deshalb muss ich mich von der Nutztier-Vorstellung verabschieden.

Etwas schwierig wird es dann, wenn die Rollen Produzent und Dienstleister aneinandergeraten. Auf dem Feld muss es schnell gehen: Die Süsskartoffeln sollten vor dem Regen in den Boden, 20 Leute müssen bei der Arbeit und bei Laune gehalten werden, und just in diesem Moment läutet das Telefon: «Kann mein Pferd sein Heu heute eine Viertelstunde früher als sonst bekommen?»

In solchen Momenten fehlt dann meistens das Verständnis für solche Anliegen. Aber seien wir ehrlich: In solchen Momenten fehlt den Meisten das Verständnis für fast jedes Anliegen! Bis jetzt habe ich die Arbeit mit den Pferden meistens gemocht. Ich bin hier eher im zwischenmenschlichen als im fachlichen Bereich gefordert. Mir gefällt es, wenn Menschen auf den Hof kommen und Freude an den Tieren haben. Und ich darf auch offen sagen: Als Dienstleister ist die Marge nicht schlecht, wenn ich sie mit meiner Tätigkeit als Produzent vergleiche. Und im Idealfall gibt es sogar etwas Wertschätzung für die eigene Arbeit zurück, was in der Landwirtschaft ja nicht gerade zur Tagesordnung gehört.

P.S.: Übrigens sind es nicht nur wir Landwirte, die gerne in Klischees von den Rösselerinnen reden. Auch die Pferde-Halterinnen schütteln hin und wieder den Kopf über uns Bauern. Lohnt sich die Frage, wer den Kopf weshalb zu Recht schütteln darf? Eins ist sicher: Den Pferden ist es egal, ob sie in Hanf- oder Leinen-Einstreu schiffen.