Im Frühling ist es stets die gleiche Geschichte mit dem Gras und dem Mähen: Wer zuckt als Erstes? Wer wartet, wer verpokert sich, wer arbeitet neu mit welchem Lohnunternehmer zusammen? Wer donnert in einen Schacht, wer hat das schönste Gras? Eine gewisse Nervosität befällt die Protagonisten unserer Branche, sobald es um die Grasernte geht.

Droht ein Wetterumschwung?

Das war auch 2025 nicht anders. Das erste Futter wurde auch bei uns im Freiamt bereits vor Ostern gemäht, jemand muss (oder will) schliesslich der Erste sein. Es folgte gutes Frühlingswetter, etwas Regen, dann eine ganze Woche traumhaftes Grasernte-Wetter. Als ich am Sonntag Ende April privat unterwegs war, sah ich mit der Zeit immer mehr Berufskollegen mit ihren Gefährten auf den Feldern am Mähen. Mein Plan war es, das Gras noch bis Mittwoch wachsen zu lassen, erst dann zu mähen und am Freitag zu silieren.

Als sich die Sichtungen gemähter Felder häuften, begann ich zugegebenermassen langsam, aber sicher, zu zweifeln. Ist ein Wetterumschwung in Aussicht, den ich verpasst hätte? Kommt bald die grosse Sintflut? Ich möchte ja nicht schon im ersten Jahr der Hofübernahme als derjenige bekannt sein, dessen Futter verseicht wird. Aber nein, sämtliche Wetter-Apps prognostizierten weiterhin eine durchwegs schöne Woche.

Wir hielten also am Plan fest, mähten verhältnismässig spät, und alles ging glatt über die Bühne. Es war aber gar nicht so einfach, die Füsse stillzuhalten. Na gut, ganz still waren sie auch nicht, es gab ja zum Glück genug anderes zu tun.

Gruppendruck beim Mähen

Irgendwie scheint beim Mähen so eine Art sozialer Gruppendruck zu entstehen. Anders kann ich mir die zig Hektaren, die bereits sonntags gemäht wurden, auch nicht erklären. Möglicherweise ist es für den einen oder anderen Landwirt im Nebenerwerb gäbiger, sonntags auszurücken und am Montag wieder im Job präsent zu sein. Oder man wollte nach der Grasernte unbedingt noch misten, güllen und den Mais säen. Es könnte aber auch sein, dass zu Hause dicke Luft herrscht und man sich viel besser auf dem bequemen Traktor als bei der manchmal gar nicht so bequemen Familie entspannt. Alles ist möglich. Auch, dass wir besser wie fast alle anderen auch schon früher gemäht hätten, je nach weiterer Entwicklung des Wetters.

Denn wir hinken nun etwas hinterher, aufgrund des Regens müssen wir mit der Saat des letzten Mais noch etwas länger zuwarten. Halb so schlimm, ein Blick auf den Kalender – es ist der 5. Mai 2025 beim Schreiben dieser Kolumne – lässt den Puls wieder zurück in geregelte Bahnen gleiten. Es ist noch Zeit.

Ich habe den Eindruck, viele Bauern – auch ich – sind noch etwas gezeichnet von den meteorologisch eher anspruchsvollen letzten Jahren: Wenn das Zeitfenster günstig ist, sollte man dieses auch nutzen und die Arbeiten nicht aufschieben. Es könnte ja sein, dass es wieder mal einen Monat lang ausgiebig schifft.

Das hoffe ich jetzt natürlich nicht. Und selbst wenn: Auch dann ginge es bekanntlich irgendwie. Wobei ich mich schon etwas frage, wie wir es im letzten Jahr geschafft haben, alle Arbeiten zu erledigen. Heuer hatten wir sehr viele schöne Tage zur Verfügung, an denen wir Feldarbeiten erledigen konnten, und waren doch auch so stets gut ausgelastet.

Wenn es sein muss, dann geht wohl eben doch noch mindestens ein Zacken mehr, als wenn es noch nicht ums Verrecken sein muss.

Hagenbuchs Randnotizen

Sebastian Hagenbuch ist Landwirt und Agronom. Er führt einen Betrieb mit zwei Standorten in Rottenschwil und Unterlunkhofen im Kanton Aargau.
Hagenbuch erzählt in seiner Kolumne von Alltäglichem und Aussergewöhnlichem, wechselt ab zwischen Innen- und Aussensicht, immer mit kritischem Blick und einem Augenzwinkern.