Ich weiss, zum Jahreswechsel ist es üblich, etwas philosophisch zu werden. Zurückblicken, Bilanz ziehen, vorausschauen und dergleichen, allen alles Gute wünschen, schätzen, dass es einem im Grossen und Ganzen recht ordentlich geht und so. Das mache ich dann vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt wieder. Jetzt möchte ich mich vorerst gerne etwas empören.
Es war vor rund einem Monat, als mich eine WhatsApp-Nachricht der Rösselerinnen erreichte. Ihre Toilette sei verstopft. Kann vorkommen, lässt sich in der Regel lösen. So auch diesmal. Jedoch dauerte die Lösung dreieinhalb Stunden und die Ursache für das Problem war eher unerfreulich.
Nach fehlgeschlagenen Entstopfungsversuchen mit Saugglocke und Wasserschlauch musste ich zu drastischeren Mitteln greifen. Es brauchte den Hochdruckreiniger und ich musste mir recht brachial Zugang zur Ableitung verschaffen, um das Problem zu lösen. Die Ursache der Verstopfung liess sich grob in drei Komponenten unterteilen: Tampons, Damenbinden und menschliche Exkremente.
Ich könnte jetzt nicht gerade behaupten, dass dieser Vormittag als einer der schönsten meiner Berufskarriere in die Geschichte eingehen wird. Nach getaner Arbeit sperrte ich die nun wieder funktionsfähige Toilette solange ab, bis ich von allen Pensionärinnen versichert bekam, dass sie wissen, wie mit Binden und Tampons fachgerecht umzugehen ist – ebenfalls sehr angenehme Gespräche. Natürlich war es niemand, wie schon in einer anderen Kolumne thematisiert.
Ein Nutzungsreglement für die Toilette
Mir ist auch relativ egal, wer es war. Ich würde es einfach sehr begrüssen, wenn es nicht wieder vorkommt. Den ersten Impuls, eine Überwachungskamera auf der Toilette zu installieren, unterdrückte ich erfolgreich. Stattdessen ging ich den bewährten schweizerischen Weg und leistete meinen Beitrag zur Überregulierung in unserem Land. Ich schrieb ein Nutzungsreglement für die Toilette, welches ich gut sichtbar an der Tür aufgehängt habe. Unter anderem ist darin festgehalten, dass Binden und Tampons in den dafür vorgesehen Plastiksack entsorgt werden sollen.
Bei Zuwiderhandlungen gegen das Reglement ist es dem Eigentümer der Toilette – also mir – vorbehalten, künftig die Kloschüssel direkt auf den Miststock zu stellen. Dann würde aus dem stillen ein gut sichtbares Örtchen. Vielleicht würde ja etwas soziale Kontrolle helfen, damit das WC fachgerecht benutzt wird. Es wäre zudem ein wertvoller Beitrag von mir, um Wasser einzusparen.
Es ist bestimmt nur eine Frage der Zeit, bis diese Massnahme auch agrarpolitisch gefördert wird. Es braucht dann natürlich Anpassungen im Hoduflu, gäbe dafür bestimmt auch einige IP-Suisse Punkte.
Als Belohnung ins Thermalbad
Ja, unser Beruf kann unglaublich vielseitig sein, selbst Reglemente schreiben kann dazugehören. Am Nachmittag nach dieser unerfreulichen Entstopfungsübung belohnte ich mich dann übrigens selbst: Ich ging ins Thermalbad. Und das an einem ganz normalen Montag, einfach so, und ohne den Hauch eines schlechten Gewissens. Ich genoss das warme Wasser im kühlen Regen.
Früher sagte ich Menschen, die erstaunt waren, dass ich am Wochenende meist arbeite: «Dafür kann ich unter der Woche frei machen, wann immer ich will.» Damit habe ich aufgehört, weil es sich hier doch eher um eine theoretische Möglichkeit handelt als um etwas, was ich in der Praxis auch umsetze. Da brauchte es schon eine wüst verstopfte Toilette, um mich auf diesen etwas in Vergessenheit geratenen Vorzug meines Berufes aufmerksam zu machen.
«Plötzlich Bauer»
Sebastian Hagenbuch ist Landwirt und Agronom. Er bewirtschaftet mit seinen Eltern einen Betrieb mit zwei Standorten im Freiamt AG.
Hagenbuch erzählt in seiner Kolumne von Alltäglichem und Aussergewöhnlichem, wechselt ab zwischen Innen- und Aussensicht, immer mit kritischem Blick und einem Augenzwinkern.