«Ce qu’il faut, c’est une si jolie petite guerre» (Was wir brauchen, ist ein netter kleiner Krieg). Dieses Bonmot war hin und wieder in Landwirtschafts-Kreisen zu hören, wenn es um die sinkenden Produzentenpreise, billige Importe oder strengere ökologische Auflagen ging. Jetzt haben wir zwar keinen Krieg, aber mit Corona doch eine veritable Krise.

Die leeren Regale in den Grossverteilern haben Eindruck hinterlassen und bei manchen Konsumenten das Bewusstsein gestärkt, dass genug und gutes Essen keine Selbstverständlichkeit ist. Dass die Landwirte aber dennoch nicht Profiteure dieser Situation sind, dürfte mittlerweile allen klar geworden sein.

Es fehlen aktuell Hunderte von Arbeitern, die insbesondere auf den Spargel- und Gemüsebau-Betrieben die Knochenarbeit erledigen. Branchenfremde Helfer zeigen zwar guten Willen, aber wenig Können und Ausdauer. Die Suche nach Arbeitskräften ist eine Herkules-Aufgabe.

Es wird in Krisenzeiten nicht weniger, aber anders gegessen und getrunken. Auch das stellt die Landwirte vor Herausforderungen und reisst die Preise in Keller. Empfohlen 
sei hier ein Blick auf die Marktseite der «BauernZeitung»: Die Preiskurven beim Fleisch zeigen mit wenigen Ausnahmen steil nach unten. Eine grosse Heraus
forderung für alle Markt-Akteure ist nun die Umverteilung der Lebensmittel. 
Was vorher an Kantinen, Restaurants und Hotels geliefert wurde, muss nun direkt oder über den Detailhandel an 
die Konsumenten gebracht werden.

Generell bringt die Corona-Krise Unsicher
heit. Und Unsicherheit ist selten gut für die Märkte. Letztendlich dürfte es ganz wenige geben, die einen Nutzen davon haben. Zum Beispiel Direktvermarkter mit guten Hofläden oder innovativen Vermarktungskonzepten (zum Beispiel einem Lieferdienst). Denen gegenüber stehen viele Landwirte, die Mehraufwände (Personalbeschaffung, Suche nach neuen Absatzkanälen) und tiefere Preise haben. Teilweise verzögert sich auch die Lieferung von Landmaschinen.

Corona zeigt, dass wir in der Landwirtschaft Teil des gesamten Wirtschafts
systems in der Schweiz sind. Ist für unsere Partner in den vor- und nachgelagerten Betrieben die Lage prekär, so hat das 
auch Auswirkungen auf uns. Und zwar vornehmlich negative Auswirkungen.
Die Landwirtschaft (wie auch die Schweiz) ist keine isolierte Insel. Daher sollten wir aufpassen, was wir uns wünschen. Der Begriff «jolie petite guerre» mag treffend klingen und die Hoffnung beinhalten, dass Lebensmittel und der Berufsstand, der sie erzeugt, wieder stärker geschätzt werden. 
Dieses Ziel sollte aber ohne gröbere Krisen erreicht werden können.

In Corona-Zeiten wird munter applaudiert und danke gesagt an Pflegepersonal, an Verkäuferinnen, Lehrer und Landwirte. Berufsgattungen also, die im Alltag eher weniger Wertschätzung erfahren. Es bleibt abzuwarten, wie hoch die Halbwertszeit dieser Dankbarkeit ist.

Auch wenn – die Prognose sei gewagt –
 nach überstandener Krise rasch wieder alles beim Alten sein dürfte, so hoffe ich doch, dass es nicht wieder ein mieses Virus oder gar einen «jolie petite guerre» braucht, damit im gesellschaftlichen Bewusstsein ankommt, was irgendwie längst klar sein dürfte: Wir hängen alle am selben Tropf.

Und vielleicht bleibt ja bei einigen, 
die sich in dieser Situation erstmals ernsthaft Gedanken über die Versorgung mit Lebensmitteln gemacht haben, doch etwas hängen.

 

«Plötzlich Bauer»

Sebastian Hagenbuch ist Landwirt und Agronom. Er bewirtschaftet mit seinen Eltern einen Betrieb mit zwei Standorten im Freiamt AG. Er arbeitet in einem Teilzeitpensum als Redaktor Pflanzenbau für «die grüne».

Hagenbuch begann sich erst spät für die Landwirtschaft zu interessieren. In seiner Kolumne erzählt er von Alltäglichem und Ausser-gewöhnlichem, wechselt ab zwischen Innen- und Aussensicht, immer mit kritischen Blick und einem Augenzwinkern.