Kurz & bündig

- Die Kühe liegen im Anbindestall mehr, weil sie sich im weichen Strohbett wohlfühlen.
- Der Pflegeaufwand für das Strohbett ist etwas höher.
- Die Tierarztkosten und der Pflegeaufwand für verletzte Kühe sinken.
- Die Kühe sind vitaler und deutlicher stierig.
- Die Gesamt-Milchleistung nahm bei allen Betrieben zu.
- Probleme mit den Zellzahlen gab es im neuen Strohbett keine.

Die zehn Teilnehmer der Exkursion «Anbindeställe optimieren» nehmen den Stall von Anita und Erich von Atzigen in Alpnach Dorf OW genau unter die Lupe. Die 20 Milchkühe stört das kaum. Über die Hälfte liegt. Eine streckt gar demonstrativ ihr Bein über den Gummilappen auf den Futtertisch (siehe Foto links).

«Man sieht, wie wohl es ihr auf ihrem Strohbett ist und wie wichtig genügend Platz und Schwungraum nach vorne ist», sagt Martina Schmid. Sie ist Kuhsignaltrainerin, berät Stall-Umbauten und -Neubauten und leitet die Exkursion. Trotz fehlenden seitlichen Abtrennungen liegt die Kuh schnurgerade auf ihrem Läger. «Ein Indiz, dass sie gut aufstehen kann und es ihr wohl ist», erklärt Schmid.

Von Atzigens wollten eigentlich einen Laufstall bauen

Überzeugt davon, dass sich in ihrem bestehenden Stall nicht mehr viel machen lässt, holten von Atzigens den Kuhsignaltrainer und Berater Christian Manser auf ihren Betrieb. «Dass uns dieser vom Laufstall abriet und wir stattdessen den Anbindestall optimieren sollen, damit hätten wir nicht gerechnet», so Landwirt von Atzigen. Der Grund: die gute Bausubstanz des Gebäudes.

Der Wunsch nach einer Änderung des bestehenden Stalls entstand durch Probleme in der Tiergesundheit bei den Erstmelk-Kühen. «Wir halten unsere Rinder im Laufstall», erklärt von Atzigen, «bei der Umstellung in den Anbindestall gab es immer wieder Probleme und wir hatten deswegen Abgänge – zu viele Abgänge.»

Von Atzigens besuchten nach der Beratung durch Manser vier optimierte Anbindeställe im Appenzellischen und kamen begeistert zurück. «Wir waren richtig euphorisch», sagt Erich von Atzigen und lacht. Der Entschluss, ihren Anbindestall zum Wohl ihrer Kühe zu optimieren, stand fest.

Als die Kühe im Sommer 2017 auf die Alp gingen, nutzten von Atzigens die Gelegenheit, im leeren Stall die eine Lägerseite mit 11 Kuhplätzen umzubauen.

Wenn, dann richtig: Keine halben Sachen beim Umbau

Beim Umbau gingen sie aufs Ganze und steckten rund 3000 Franken pro GVE in den Umbau. Teuer waren die Stahlträger zur Abstützung. Erich von Atzigen ist ehrlich: «Es brauchte Mut, sich für einen Komplett-Umbau zu entscheiden». Er empfiehlt anderen Landwirten: Entweder richtig – oder gar nicht. Die grössten Änderungen waren:

  • Das Läger spitzten sie 40 cm tief heraus.
  • Hinein kam eine Kalk-Stroh­ma­tratze.
  • Die Lägerbreite wurde um 10 cm auf 1.2 Meter vergrössert.
  • Das Bugholz wurde durch einen Gummilappen ersetzt.
  • Der Futtertisch ist neu nur 10 cm höher als das Strohbett und 1 m tief.
  • Die Trennbügel kamen weg.
  • Das Nackenrohr ersetzten sie durch eine Kette.
  • Neue Abstützung durch Stahlträger.

Böse Überraschung nach dem Einstallen auf die neuen Läger

Nach dem Alpsommer kam die Stunde der Wahrheit. Würden die Optimierungen den erhofften Nutzen für das Tierwohl erbringen? «Ganz ehrlich, die ersten zwei Monate waren wirklich schwierig», sagt von Atzigen. Bereits nach einer Nacht standen die Kühe bis zu den Sprunggelenken in der neuen Stroh-Mist-Matratze. Erich von Atzigen traute seinen Augen kaum. So beunruhigt er damals war, heute kann der Landwirt darüber lachen: «Ich hoffte wirklich, dass in dieser Zeit keiner in den Stall schaut.»

Bis es sich mit der neuen Matratze einpendelte, mussten sich von Atzigens rund zwei Monate gedulden. «Es braucht etwas Zeit, bis sich eine richtig gute Matratze bildet», erklärt Martina Schmid. Der Matratzen-Aufbau sei nicht von heute auf morgen fix. «Richtig kompakt wird die Matratze erst im Gebrauch und durch das Gewicht der Kühe», sagt Schmid.

Höhere Tiergesundheit und tiefere Arbeitsbelastung

Nach der schwierigen Anfangsphase traten die erhofften Veränderungen in der Tiergesundheit ein. «Das war eine wahre Freude», sagt von Atzigen. Es gebe keine geschwollenen Beine mehr, keine offenen Stellen an den Beinen, die Klauengesundheit sei besser und auch die Strichverletzungen gehören praktisch der Vergangenheit an. «Unsere Tierarztkosten und auch der Pflegeaufwand für verletzte Kühe sind gesunken», sagt von Atzigen.

Seine Frau Anita ergänzt: «Auch das Reinigen des tiefen Futtertischs und die Fütterung geht viel schneller.» Körperlich sei der optimierte Stall daher deutlich weniger belastend, gerade wenn es um die Fütterung von schwerem Futter, wie z.B. Gras, gehe.

Für Anita von Atzigen war es wichtig, von den ersten Ideen bis zur ­Umsetzung dabei zu sein. Sich zu interessieren empfiehlt sie auch Berufskolleginnen. «Schliesslich arbeitet die Bäuerin oft genauso im Kuhstall und muss deshalb von einem Umbau genau so überzeugt sein.»

Bedenken wegen Propionsäure und schmutzigen Lägern

So positiv das alles tönt, vor dem Umbau hatte Erich von Atzigen doch einige Bedenken wegen des Strohbetts. «Ich befürchtete, dass es mit der Propionsäure beim Verkäsen ein Problem geben könnte.» Von Atzigens vermarkten den Alpkäse selber und im Winter kommt die Milch in die regionale Käserei. Die Bedenken bestätigten sich aber nicht.

Es gab aber noch weitere Vorbehalte: Weil die Kühe wegen der grasreichen Fütterung im Frühling und Herbst dünner koten, befürchtete von Atzigen, dass das Strohbett nicht funktioniere. «Aber auch das hat sich nicht bewahrheitet.»

Etwas mehr Arbeit gebe das Strohbett aber. «Wenn einem die Kühe so viel Freude bereiten und wenn man einmal die positiven Auswirkungen auf die Tiergesundheit sieht, dann gönnt man den Kühen dieses Strohbett nur zu gerne», sagt er. Man müsse dafür tagsüber ein paarmal mehr durch den Stall, um den Kot von der Matratze zu nehmen.

Im vorderen Teil des Strohbetts streut von Atzigen täglich ein. Im Bereich der Hinterbeine streut er Kalk. Pro Tag und GVE kosten das Stroh und der Kalk 40 bis 60 Rappen.

Zwei Kühe weniger – gleich viel Milch

Angetrieben von den positiven Erfahrungen auf der umgebauten Stallseite, bauten von Atzigens im Sommer 2018 auch noch die andere Seite um.

Auch dort vergrösserten sie die Lägerbreite von 1.1 auf 1.2 Meter. Dies hatte zur Folge, dass es pro Stallseite einen Kuhplatz weniger gibt. «Doch die Gesamt-Milchleistung über den ganzen Stall ist wegen der besseren Tiergesundheit konstant geblieben», sagt Erich von Atzigen. Er ist mehr als zufrieden, wie der Stall heute funktioniert. «Ich könnte nicht mehr zurück ins alte Aufstallungssystem.»

Betriebsspiegel Betrieb «Aeschi»

Anita und Erich von Atzigen mitNils (21), Simon (11), Sara (10) und Lea (8), Alpnach Dorf OW
LN: 15 ha Grünland und Alp
Bewirtschaftung: ÖLN
Tierbestand: 20 Milchkühe und Nachzucht, 120 Mastschweine
Betriebszweige: Milchproduktion, Direktvermarktung von Käse, Schweinemast
Arbeitskräfte: Betriebsleiterfamilie, im Sommer eine saisonale Arbeitskraft

Höchster Kuhkomfort im 200-jährigen Stall

Szenen- und Kantons-Wechsel nach Ennetmoos NW zu Andreas und Martina Käslin. Am Fuss des Stanserhorns bewirtschaftet die Familie einen Betrieb mit 15 GVE auf 10,5 ha, mehrheitlich sehr steilen Flächen.

Betrachtet man den Stall von aussen – er ist über 200 Jahre alt – wagt man sich kaum vorzustellen, wie das im Inneren aussieht. Doch der Schein trügt. Käslin hat das absolute Maximum aus dem alten Gaden herausgeholt und seine OB-Kühe fühlen sich darin sichtlich wohl.

Strohbett: Kühe liegen auf dem Bein und nicht auf dem Euter

Die Milchleistung stieg nach dem Optimieren des Stalls im Schnitt um 800 Liter an. «Und das nur, weil es den Kühen jetzt wohl ist», sagt Käslin, «und es ist ihnen extrem wohl.» Das glaubt man sofort. Die Kühe sind blitzblank, haben ein schönes Fell und man findet an den Beinen keine einzige haarlose Stelle.

Das Strohbett ist für Käslin das einzig Richtige. «Wenn eine Kuh aufsteht, kann man gut sehen, welch grosse Löcher sie in die kompakte Stroh-Kalk-Matratze hineindrückt», sagt Käslin. Er zeigt auf eine liegende Kuh: «Sie liegt dank dem weichen Strohbett auf ihrem Bein und nicht auf dem Euter.» Dies hat zur Folge, dass die Aufhängung des Euters heute viel besser sei.

Generell würden die Kühe viel mehr liegen als vorher. Und sie ändern ihre Position häufiger: Sie stehen mehr auf und legen sich auch wieder hin. «Und sie liegen gerade in ihren Lägern», sagt Käslin.

Nach dem Optimieren des Anbindestalls bemerkte Käslin den grössten Unterschied bei den älteren Kühen: «Sie lebten extrem auf, sind vitaler und geben mehr Milch.»

Kleine Investition mit hoher Auswirkung

«Nichts ist günstiger als Optimieren», ist Käslin überzeugt. Er holte mit nur 6000 Franken Materialkosten sehr viel aus dem alten Stall heraus. Er spitzte das Läger und die Futterkrippe heraus, entfernte sämtliche Trennbügel und das Nackenrohr, baute eine Kette an den neuen Stützen ein. Ganz ohne diese Stützen ging es im alten Stall nicht. Anstelle eines festen Bugs zwischen Strohbett und dem Futtertisch dient eine flexible Gummimatte als Abtrennung. Genau wie beim Betrieb der Familie von Atzigen.

Vorne braucht es Platz – nicht hinten

Neben der höheren Milchleistung seien die Kühe heute deutlicher stierig. Im Schnitt hat die Milch bei Käslins 40'000 Zellen. «Die Ausrede gegen ein Strohbett aufgrund der Zellzahlen gilt nicht», sagt Käslin.

Durch die Kette haben die Kühe eine grosse Bewegungsfreiheit. Käslin findet das noch heute beeindruckend. «Zu Beginn hatte ich Bedenken, ob das wegen der Hörner geht», sagt er. Aber es sei kein Problem.

«Vorne braucht es Platz – nicht hinten», sagt Käslin. Damit spricht er nicht nur den Schwungraum an, den die Kühe beim Aufstehen brauchen, sondern auch die nötige Bewegungsfreiheit, um zu den Tränken zu gelangen. Hier hat Käslin auf eine grosse Wasser-Durchflussrate geachtet.

Stand-Eimer bewährte sich nicht auf dem Strohbett

Neben Familie und Betrieb arbeitet Andreas Käslin in einem Vollzeitpensum als Zimmermann. Er ist darauf angewiesen, dass der Stall gut funktioniert. Im Vergleich zu vorher hat er heute durch das Strohbett etwas mehr Arbeit. «Aber wunde Stellen salben gäbe auch mehr Arbeit», sagt Käslin.

Eine weitere Änderung machte Käslin in der Melktechnik. Nach der Umstellung melke er mit dem Stand-Eimer, aber das war nicht optimal. «Durch die leichten Unebenheiten im Strohbett muss man extrem aufpassen, dass der Stand-Eimer nicht kippt», sagt Käslin. Deshalb investierte er in eine Rohrmelk-Anlage. «Es gibt so viele Occasions-Absaugen auf dem Markt, das war keine Sache, eine günstige Anlage zu finden.»

«Eine Absauganlage ist einfacher zu handhaben, aber es gibt aber auch Betriebe, die mit Stand-Eimer auf dem Strohbett melken», sagt Schmid. Wichtig sei einfach, dass das Bett möglichst kompakt ist.

Ein neuer Stall muss jetzt trotzdem her

Die Licht- und Luftqualität ist im alten Stall nicht optimal. Auch arbeitstechnisch (vor allem bezüglich Fütterung) lässt sich am alten Stall kaum was verändern. Doch mehr zu investieren lohnt sich definitiv nicht mehr: «Der alte Stall kann die vielen Jahre nicht mehr verstecken, er ist einsturzgefährdet», sagt Käslin.

Es ist Zeit für einen neuen Stall – und zwar wieder einen Anbindestall. Vom Platzangebot her wäre ein Laufstall auf dem Betrieb von Andreas Käslin nicht möglich. «Ausserdem wäre ein Laufstall viel teurer – für Hornkühe sowieso.»

Weniger ist mehr: Auf eine aufwändige Stall-Einrichtung wird Käslin auch im neuen Stall verzichten. Im neuen Stall kommt wieder ein Strohbett hinein sowie dieselbe flexible Anbindung mit einer Kette. «Das bewährt sich und etwas anderes will ich nicht», sagt Käslin. Kombiniert mit einer top Luft- und Lichtqualität wird das eine richtige Wohlfühloase für Käslins Kühe.

Betriebsspiegel Betrieb «Halten»

Martina und Andreas Käslin mit Lara (12), Beno (10), Sina (8), Kira (7), Jael (5) und Elin (3), Ennetmoos NW
LN: 10,5 ha Grünlandund 42 ha Alp «Dossen»
Tierbestand: 15 GVE
Betriebszweige: Milchproduktion, Kälbermast, Aufzucht Original Braunvieh
Arbeitskräfte: Betriebsleiter-Ehepaar

Teilweise optimiert: Ein Teil der Läger mit Gummimatten bleibt

Auf dem Betrieb vom Roland und Maja Businger in Oberdorf NW steht die eine Hälfte der Kühe auf einem Strohbett, die andere Hälfte auf Gummimatten (siehe Foto). Landwirt Businger ist sehr überzeugt vom Strohbett, trotzdem ist er froh um das andere Läger mit Gummimatten. «Es gibt immer die eine oder andere Kuh, die auf dem Strohbett nicht sauber ist», sagt Businger. Diese stelle er auf das andere Läger.

Im Vergleich zu den anderen hat die Anbindung mit der Kette bei Businger nicht funktioniert: «Die Kühe hatten zu viel Freiheit und drückten die Kette nach vorne weg.» Deshalb baute er ein Nackenrohr ein. Eine weitere Massnahme war das Betonieren des Futtertischs. Gemäss Tierschutzvorschriften muss der Futtertisch 10 Zentimeter höher sein als das Strohbett.

Wie bei den anderen beiden Beispielen gebe die Pflege des Strohbetts etwas mehr Arbeit. Für die 13 Kühe auf dem Strohbett streut Businger jeden zweiten Tag eine Kleinballe Stroh ein, Kalk verwendet er täglich. Der Mistanfall beschränkt sich pro Tag auf eine Schubkarre.

Betriebsspiegel Betrieb «Hueb»

Roland und Maja Businger mit Tamara (15), Mirjam (12),Selina (10), Ramona (5),Oberdorf NW
LN: 11 ha Grünland und Alpbetrieb
Bewirtschaftung: ÖLN
Tierbestand: 20 Milchkühe und Nachzucht
Betriebszweige: Milchproduktion mit Aufzucht
Arbeitskräfte: Betriebsleiter-Ehepaar

Exkursion «optimierte Anbindeställe»

Die Exkursion «optimierte Anbindeställe» wurde durch die Stöckli-Drogerie in Eggiwil BE organisiert. Die Stöckli-Drogerie ist stark im Bereich Tierheilmittel und Nutztier-Homöopathie tätig. Die Exkursion war der letzte Teil einer dreiteiligen Veranstaltungs-Serie. Die Teilnehmer besuchten zuvor einen Abendvortrag und einen Stall, der noch nicht optimiert wurde.

www.stoeckli-eggiwil.ch