Auf dem Weg zur erfolgreichen Generationengemeinschaft liegen oft unbekannte Stolpersteine. Im Interview erklärt Christian Weber, der seit 2007 beim Zürcher Bauernvernband in der Beratung arbeitet, wie man diese Stolpersteine umgehen kann.
Herr Weber, bei der Bildung von wie vielen Generationengemeinschaften haben sie schon als Berater mitgewirkt?
Christian Weber: Bisher war ich erst bei einigen wenigen Gründungen von Generationengemeinschaften (GG) beteiligt. Mitverantwortlich dafür ist aber auch, dass in vielen Fällen die GG nicht die geeignete Lösung war, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Die Grundthematik der Zusammenarbeit von zwei (oder mehreren Betriebsleitern) ist aber bei einer anderen Betriebsleiter- (zum Beispiel Geschwistergemeinschaft) oder gar Betriebs(zweig)gemeinschaft sehr ähnlich.
Bei wie vielen dieser Gemeinschaften waren ihre Dienste bei einer vorzeitigen Auflösung gefragt?
Glücklicherweise noch bei keiner.
Wissen Sie, wie viele Generationengemeinschaften anteilsmässig nicht funktionieren und daher vorzeitig aufgelöst werden?
Eine solche Statistik gibt es meines Wissens nach nicht. Ich gehe davon aus, dass dies nur ein kleiner Teil betrifft. Wenn eine Generationengemeinschaft nicht funktioniert, ist das Ende meist absehbar. Da beisst man sich oft durch und hofft, dass die Probleme mit der Hofüber-gabe verschwinden.
Kann es sein, dass die Parteien trotz vorzeitiger Auflösung von der Gemeinschaft profitiert haben?
Ich denke, man kann aus jeder Erfahrung etwas lernen und folglich davon profitieren.
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Gibt es Voraussetzungen, welche zwingend erfüllt sein sollten, damit eine Generationengemeinschaft funktioniert?
Eine offene und ehrliche Kommunikation zwischen den Partnern ist zwingend erforderlich. Zudem braucht es viel Toleranz, damit die Partner gegenseitig Fehler verzeihen können.
Was sind Stolpersteine, welche das Funktionieren einer Generationengemeinschaft beeinträchtigen oder sogar verunmöglichen?
Die grösste Stolpersteine sehe ich in den Beweggründen zur Gründung einer Generationengemeinschaft. Problematisch ist es, wenn eine GG nur dazu gegründet wird, um trotz fortgeschrittenem Alter eine Baubewilligung zu erhalten. Oft werden diese Gemeinschaften nur auf dem Papier gegründet, aber die Zusammenarbeit oder die Ziele werden nicht diskutiert.
Ein weiterer problematischer Grund ist, wenn die ältere Generation nicht loslassen kann und daher die Hofübergabe hinauszögern will. Wenn die Generationengemeinschaft nicht mit dem Ziel gegründet wird, die Übergabe der Verantwortung zu erleichtern, sind Konflikte vorprogrammiert.
Wie wichtig ist es, bereits bei der Bildung einer Generationengemeinschaft über eine ausserplanmässige Auflösung nachzudenken?
Die Auflösung sollte zwingend vor der Gründung geregelt werden. Dies zwingt die Partner dazu, sich damit zu befassen und darüber zu sprechen. Die ausserplanmässige Auflösung bietet zudem ein Gedankenanstoss, wo Probleme auftauchen können und wie damit umgegangen werden soll.
Was ist in ihren Augen der grösste Vorteil einer Generationengemeinschaft?
Den grössten Vorteil sehe ich darin, dass bei geringem Altersunterschied beide Generationen als Betriebsleiter auf dem Hof tätig sein können.
Und welches sind die Nachteile?
Die gemeinsame Führung eines Betriebes bietet viel Konfliktpotenzial. Eine Generationengemeinschaft kann im Streit enden und damit sogar eine Familie zerstören oder eine Hofübergabe verhindern.
Hat die Bedeutung der Generationengemeinschaft in den letzten Jahren eher zu- oder abgenommen?
Das ist schwierig zu beantworten, da die äusseren Einflüsse in verschiedene Richtungen gelaufen sind. Mit dem Wegfall der vollen Direktzahlungsberechtigung bei nur einem berechtigten Bewirtschafter hat die Bedeutung abgenommen. Andererseits wird vermehrt eine Generationengemeinschaft für Bauprojekte ab 55 gefordert, was zu neuen Gründungen führt.
Ich gehe davon aus, dass auch die Unsicherheit bezüglich Ausbildungsanforderungen ab der AP22+ zu Generationengemeinschafts-Gründungen geführt hat, um bei einer Änderung die Direktzahlungsberechtigung zu sichern.
Wissen Sie, ob die Generationengemeinschaft auch ausserhalb der Landwirtschaft bei einer Geschäftsübergabe an die nächste Generation eine wichtige Bedeutung hat?
Ich gehe davon aus, dass die Generationengemeinschaft, wie wir sie in der Landwirtschaft kennen, bei anderen Familienunternehmen eine untergeordnete Rolle spielt. Bei KMU ist zum Beispiel eine Lösung über eine GmbH mit verteilten Stammanteilen eine einfachere Lösung.
In der Landwirtschaft ist dies wegen dem Bodenrecht und den Direktzahlungen deutlich schwieriger.