Kurz & bündig
- Die Familien Bühler und Bergmann arbeiten bei der Alpwirtschaft zusammen.
- 2020 hat Martin Bergmann 6,5 t Gletscherbach-Käse produziert.
- Im Alpsommer 2021 kommt zum Gletscherbach-Käse ein Alpen-Cheddar dazu.
- Auf der Alp Pommern sömmern rund 120 Tiere.
Der Schnee ist noch nahe: «Hinter diesem Berg links, dort gehen wir zAlp», sagt Jasmine Baumann. Gemeinsam mit Käthi, Niklaus und Kurt Bühler sowie Ferdi und Martin Bergmann steht sie auf dem Bühlerhof an der Lenk BE. Die Kühe grasen noch auf der Ebene, auf einer anderen Parzelle sind Rinder und Kälber untergebracht. Es ist Ende Mai, kühl und regnerisch. Der Alpstart hat sich bereits zwei Wochen nach hinten verschoben: «Damit müssen wir bei einer Alp auf dieser Höhe fast rechnen», sagt Ferdi Bergmann.
Futter haben sein Betrieb und der Bühlerhof zum Glück noch genug. Sorgen macht Kurt Bühler eher, dass die Mäuse diesen Frühling extrem aktiv sind: «Es hat Wiesen, die eher wie Äcker aussehen.» Kurt Bühler (34) führt mit seinen Eltern Käthi (57) und Niklaus (58) Bühler in einer Generationengemeinschaft den Bühlerhof. Zum Betrieb gehört auch die Alp Pommern.
Zum zweiten Mal gemeinsam auf die Alp Pommern
Die Alp Pommern bewirtschaftet die Familie Bergmann. Ferdi Bergmann (47) hat einen Betrieb in Abländschen BE, sein Sohn Martin (22) verbringt den ganzen Sommer auf der Alp. Zur Unterstützung auf der Alp hat Familie Bergmann Jasmine Baumann (33) angestellt.
Für Martin Bergmann und Jasmine Baumann ist es der zweite gemeinsame Alpsommer. Beide möchten, dass es endlich los geht: «Es sind nur drei Monate im Jahr, die wir auf der Alp verbringen. Aber die anderen neun Monate freuen wir uns darauf», sagt Jasmine Baumann.
Niklaus Bühler hat vor kurzem erst die Strasse auf die Alp vom Schnee räumen können. Er hat mit den Vorbereitungen begonnen: «Über den Winter geht einiges kaputt, Dichtungen werden spröde – ich kontrolliere alles und ersetze, was nötig ist.» Die ganze Technik, inklusive Generator und Photovoltaik-Anlage, kennt er in- und auswendig.
[IMG 2]
Auf der Privatalp Pommern sömmern Kühe von zwei Familien
Die Alp Pommern gehört seit elf Jahren der Familie Bühler. Vorher sömmerten sie auf einer Genossenschafts-Alp. Als sich die Gelegenheit ergab, die Privatalp zu kaufen, diskutierte die Familie lange. «Ich wollte entweder den ganzen Sommer auf die Alp oder gar nicht», sagt Käthi Bühler. Als Kind habe sie erlebt, wie es sei, sowohl im Tal wie auf dem Berg zu wirtschaften: «An beiden Orten konnte nur das Nötigste erledigt werden. Ich habe dieses rauf und runter einfach nur anstrengend gefunden.»
Ein Vertrag als Fundament der Zusammenarbeit auf der Alp
Für den Kauf ausschlaggebend war, dass Bühlers Nachbar Emil von Känel anerboten hat, die Alp mit Hilfe seiner Frau Rosmarie zu bewirtschaften. Als er aus gesundheitlichen Gründen nach sieben Alpsommern ausstieg, hatten Bühlers genügend Zeit, über ein Inserat einen Nachfolger zu suchen.
Die Zusammenarbeit mit Bergmanns ist für beide ideal: Bühlers haben mit Martin Bergmann einen sehr engagierten pflichtbewussten Senn, der sich um ihre Tiere auf der Alp kümmert und Käse produziert. Bergmanns können ihre Tiere ebenfalls auf der Alp Pommern sömmern. Geregelt ist alles schriftlich in einem Vertrag: «Das ist das Fundament einer guten Zusammenarbeit», sagt Niklaus Bühler bestimmt. Neben dem Finanziellen sind auch die Verantwortlichkeiten klar geregelt. Beide Familien stehen in engem Kontakt, sagen auch, wenn etwas unklar ist oder stört.
Während dem Alpsommer ist das gute Verhältnis besonders für Martin Bergmann wichtig: «Ich weiss, dass ich mich jederzeit bei Bühlers melden kann und sie rasch zur Stelle sind, wenn ich sie brauche.» Denn bis nach Abländschen ist es weit, ein Weg dauert rund 90 Minuten.
[IMG 3]
Viel Verantwortung für den jungen Senn Martin Bergmann
Für Martin Bergmann ist es bereits das vierte Mal, dass er die volle Verantwortung trägt: «Das ist nicht selbstverständlich», sagt Niklaus Bühler. Er vertraut dem jungen Landwirt EFZ und auch Vater Ferdi Bergmann ist der Stolz anzusehen. Martin Bergmann weiss, worauf er sich einlässt: «Angst haben, das bringt nichts. Ich weiss, dass ich nicht nachlässig werden darf, auch wenn es gut läuft.» Und das tut es: Im Sommer 2020 konnte er 6,5 Tonnen qualitativ hochwertigen Gletscherbach-Käse produzieren, der einen guten Erlös bringt. Der Käse geht zu einem grossen Teil an die Lenk Milch AG, den Rest vermarkten Bergmanns und Bühlers selber.
2021 wird Christian Leuthold zum ersten Mal während rund zwei Wochen Cheddar aus einem Teil der Milch produzieren.
Über den Umweg Andalusien auf die Alp Pommern
Martin Bergmann ist gerne Chef, wenn es um die Kühe geht. Direkt nach der Lehre hat er 2018 die Verantwortung für die Alp Pommern übernommen: «Die Alp lehrt einen», sagt er. Jetzt, vor dem vierten Alpsommer, weiss er, wie es läuft. Die Alp führt er mit einer «Chüjerin», ab und zu helfen seine Geschwister. 2020 war eine Praktikantin mit von der Partie. Jasmine Baumann ist über einen kleinen Umweg zum Team gestossen: Als Redaktorin der «BauernZeitung» hat sie eine Leserreise nach Andalusien begleitet. Mitgereist sind Käthi und Niklaus Bühler. Als für 2020 eine Mitarbeiterin für die Alp Pommern gesucht wurde, erinnerte sich Käthi Bühler an Jasmine Baumann, die zAlp wollte. Und nach einigen Telefonaten war die Sache geritzt.
«Natürlich ist es ein gewisses Risiko, wenn man sich nicht kennt», sagt Martin Bergmann. «Es gibt ja keine Möglichkeit, zur Probe zu arbeiten.» Doch er habe in jedem seiner Alpsommer Glück gehabt – vielleicht auch, weil er klar sagt, was er von seiner Zusennin erwartet.
[IMG 4]
Schwerarbeit am frühen Morgen, damit der Käse gut wird
Auf der Alp ist klar Martin Bergmann der Chef, der zu Beginn des Alpsommers viel erklärt, dann aber auch viel erwartet. Denn gerade am Morgen in der Dämmerung muss es zackig gehen: Zuerst wird eingefeuert, dann holt Jasmine Baumann die Kühe von der Weide, während Martin Bergmann die Käselaibe vom Vortag behandelt und verräumt. Die beiden binden die Kühe im Stall an, Martin Bergmann melkt sie. Während dieser Zeit wäscht Jasmine Baumann die Käsetücher.
Danach geht es zu zweit in die Käserei. Dort ist Knochenarbeit angesagt: Bergmann käst mit 56 Grad heisser Milch. Daraus hebt er mit Jasmine Baumanns Hilfe die gut 25 Kilo schweren Laibe in die vorbereiteten Formen. Während er mit den weiteren Käser-Arbeiten beschäftigt ist, treibt Jasmine Baumann die Kühe auf die Weide.
«Es gibt viel zu tun», sagt Jasmine Baumann. Dennoch ist sie auf der Alp weniger gestresst als in der Stadt: «Ich mag es, auf der Alp einfach eins ums andere zu erledigen. Das erdet mich.» Baumann, Landwirtin EFZ und HAFL-Absolventin, mag Kühe und ist fasziniert von den Pflanzen in der Bergwelt.
Landwirtschaft gefällt ihr so sehr, dass sie nach dem Alpsommer nicht mehr ins «BauernZeitung»-Büro zurückkehren wird, sondern sich eine Stelle als Landwirtin sucht. «Aber bevor ich mich auf eine neue Stelle festlege, gehe ich nun zAlp.»
Der Bühlerhof an der Lenk ist breit aufgestellt
Kurt Bühler hingegen zieht es weniger auf die Alp. Er bestätigt die Vermutung, dass man entweder vom Alpfieber befallen sei oder eben nicht: «Ich finde die Arbeit im Tal abwechslungsreicher.» Dazu gehört auch die Verantwortung für das Lohnunternehmen, das zum Bühlerhof gehört.
Familie Bühlers Betrieb ist breit und mit einem klaren Blick fürs Unternehmerische aufgestellt: Neben den Milchkühen gehört die Alp Pommern dazu, die Lohnarbeiten (neben den klassisch-landwirtschaftlichen Arbeiten, Silo- und Heuballen herstellen auch Entsorgung von Speiseabfällen und Winterdienste). Dank der Maschinengemeinschaft mit David von Känel sind beide Betriebe «schlagkräftig». Zudem haben die Bühlers eine Ferienwohnung. Diese vermieten sie erfolgreich – es gibt Gäste, die seit über 30 Jahren ihre Ferien stets an der Lenk auf dem Bühlerhof verbringen.
Bühlers Generationengemeinschaft wird voraussichtlich bis 2025 weiterlaufen, danach wird Kurt Bühler übernehmen. Pläne gibt es. Zum einen für einen Neubau, zum anderen möchten Bühlers einen schönen Hofladen eröffnen.
Martin Bergmann ist (Berg-)Landwirt aus Leidenschaft
Ferdi Bergmann führt seinen Betrieb in Abländschen seit 23 Jahren. Zwei der vier Kinder sind ausgebildete Landwirte, Sohn Toni ist im ersten Lehrjahr als Landwirt. Wer dereinst den Betrieb übernehmen wird, ist noch nicht klar.
Eigentlich möchte Ferdi Bergmann gerne eine Alp pachten. «Doch die aktuelle Lösung ist sehr gut, weil wir unser Vieh mitbringen können.» Das schätzt auch Martin Bergmann sehr. Im Flachland kann er sich seine Zukunft kaum vorstellen. Als nächsten Schritt möchte er die Betriebsleiterschule in Angriff nehmen. Aber das habe noch Zeit. «Verantwortung und Herausforderung, das gefällt mir an der Arbeit auf der Alp. Ich schätze es, selber zu bestimmen, melke gern und mag die Arbeit mit den Tieren.»
Umso mehr beschäftige es ihn, wenn es zu Unfällen komme. 2020 war das zu Beginn der Alpsaison der Fall. Niklaus Bühler steht voll hinter seinem jungen Älpler: «Ich masse es mir sicher nicht an, ihn zu kontrollieren.» Unfälle könne es geben, das gehöre leider auch dazu.
Der Alpsommer rückt näher, die Vorbereitungen laufen
Der Blick der Gruppe geht wieder Richtung Berg. Der Alpaufzug war für den 19. Juni 2021 vorgesehen. Dann kommen Bergmanns Tiere mit dem Camion an die Lenk. Ferdi Bergmann sagt, dass diese Planung schwierig sei: «Der Transporteur ist voll ausgelastet.» Zuerst gehen die Kühe zur Alp, 14 Tage später folgen die Rinder. Zehn bis zwölf Leute sind dabei, rund drei Stunden rechnet Jasmine Baumann für den Weg bis zur Alphütte. Steinig, steil und anstrengend für die Kühe sei es, sagt sie. Die Kühe sind ruhig beim Aufzug. Die Begleitung der Rinder – das sei dann eher eine sportliche Sache, sagt sie und lacht.
Bis es aber soweit ist, wird Niklaus Bühler noch einige Mal zur Alp Pommern hochfahren, die Zäune ziehen und die Hütte vorbereiten. Im Sommer holen Bühlers zwei Mal pro Woche Käselaibe ab und bringen den Älplern Lebensmittel. Da die Hütte keinen genügend grossen Keller hat, reift der Käse im Keller der Lenk Milch AG. Die Zusammenarbeit mit der Lenk Milch AG ist für den Betrieb sehr wichtig und erfreulich.
Ob es auch 2021 wieder 6,5 Tonnen Käse gibt, wird sich zeigen. Und wie der neue Alpen-Cheddar schmeckt, wissen Bühlers, Bergmanns und Jasmine Baumann erst in einem Jahr. Solange dauert es, bis sie vom Cheddar probieren können.
[IMG 5]
Betriebsspiegel Familie Bergmann
Heidi und Ferdi Bergmann, Abländschen BE
LN: 30 ha
Bewirtschaftung: IP-Suisse
Tierbestand: 25 Kühe, Jungvieh, 1 Stier, 15 Pfauenziegen
Kulturen: Naturwiesen
Weitere Betriebszweige: Direktvermarktung, Vermietung der Alphütte
Mitarbeiter: Martin Bergmann (angestellt während den Arbeitsspitzen) sowie die 3 Geschwister von Martin Bergman
[IMG 6]
Betriebsspiegel Bühlerhof
Käthi, Niklaus und Kurt Bühler, Lenk BE
LN: 41 ha
Bewirtschaftung: IP-Suisse
Tierbestand: 28 Kühe, 30 Stück Jungvieh
Kulturen: Naturwiesen
Weitere Betriebszweige: Lohnarbeiten, Ferienwohnung, Bar (Winter), Direktvermarktung
Mitarbeiter: ein Mitarbeiter im Lohnunternehmen
www.buehlerhof-lenk.ch
[IMG 7]
Betriebsspiegel Alp Pommern
Privatalp der Familie Bühler, Lenk BE
1600 bis 2100 m ü. M., 54 Normalstösse
Fläche: 100 ha
Tierbestand: 54 Kühe, 50 Rinder, 10 Kälber, vier Hühner
kg/Käse 2020: 6,5 t
kg/Milch 2020: 65 000 t
Mitarbeiter: Martin Bergmann (Senn), Jasmine Baumann (Zusennin), tageweise Geschwister von Martin Bergmann
Alpen-Cheddar von der Alp Pommern
Christian Leuthold, einst Geschäftsführer der Lenk Milch AG, ist selbstständiger Käser. Er arbeitete in der Schaukäserei Pontresina und berät, wenn es um Käse-Projekte geht. Während einem Projekt in Norwegen hat er seine Liebe zum «farmhouse cheddar» entdeckt und die Feinheiten dieser Käse-Spezialität erlernt.[IMG 8]
2020 hat er erfahren, dass die Familie Bühler nicht mehr so viel Käse wie vorher an einen Grossverteiler abliefern kann. So ist die Idee entstanden, auf der Alp Cheddar zu produzieren. Leuthold hat mit dem Gedanken gespielt, eine Kleinkäserei zu kaufen. Die Lösung, Bühlers die Milch abzukaufen, den Käse auf der Alp zu produzieren und dann in einem Keller reifen zu lassen, ist für ihn ideal. Erste Cheddar-Versuche, die er in Arosa gemacht hat, haben ihn sehr positiv überrascht.
Verkaufen will Christian Leuthold die rund zwei Tonnen Alpen-Cheddar über «schöne Käseläden» und nicht über Grossabnehmer. Dafür hat er schon die nächste Idee: «Meine Vision ist, in den verschiedenen Schweizer Bergregionen Alpen-Cheddar zu produzieren.» Vielleicht folgt auf den Berner Oberländer Alpen-Cheddar also der Bündner und der Walliser Alpen-Cheddar.