Kurz & bündig

Roman und Erich Siegenthaler führen seit 2020 eine Generationengemeinschaft.
- Beide besitzen je einen Betrieb, Tiere und Maschinen gehören ihnen gemeinsam.
Sohn Roman Siegenthaler wird in den nächsten sieben Jahren komplett übernehmen.
Die beiden Kleinbetriebe sichern zusammen einer Familie ein Einkommen.

Unkompliziert und rasch entschlossen: Roman Siegenthaler (27) zögert nicht lange. Beim Besuch von «die grüne» hat Ende Juni 2021 nach heftigen Gewittern ein Erdrutsch die direkte Zufahrt zum Hof Wildenegg in Biembach im Emmental verschüttet. Der junge Landwirt holt uns ab und fährt souverän einen Weg hoch, den wir wohl nie gefunden hätten.

Dossier Jahresthema 2021 «Hand in Hand» – die Serie zum Thema Zusammenarbeit Mittwoch, 27. Januar 2021 Genauso souverän und entschlossen sind Roman Siegenthaler und sein Vater Erich (58) im Jahr 2020 vorgegangen, als sie eine Generationengemeinschaft gegründet haben. Denn innert 14 Tagen habe sich die Gelegenheit ergeben, ausserfamiliär einen Betrieb in der Nähe zu kaufen.

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Das Farnweidli gehört seit April 2020 Roman Siegenthaler. «Für die Finanzierung habe ich die Starthilfe beantragt – sonst wäre der Kauf unmöglich gewesen.» Diese zahlt er nun über zehn Jahre zurück. «Ich bekommen weniger Direktzahlungen – damit kann ich umgehen.» Seiner Mutter Silvia Siegenthaler (50) haben die finanzielle Seite und die Schulden mehr Angst gemacht. Doch sie freut sich, dass mit dem Farnweidli die Zukunft ihres Sohns und seiner Partnerin Svenja Held (20) gesichert ist.  «Wenn jemand nur den Betrieb Wildenegg führt, braucht es einen Nebenerwerb», erklärt Erich Siegenthaler. Silvia Siegenthaler trägt mit ihrem 90-Prozent-Pensum als Pharmaassistentin einen grossen Teil zum Familieneinkommen bei.

Roman Siegenthaler war bis Ende März 2020 bei einem grossen Landwirtschaftsbetrieb in Utzigen angestellt und ab April 2020 in einem 40-Prozent-Pensum bei der Ufa als Muni-Wäger. Zudem hat er die Betriebsleiterschule am Inforama Rütti in Zollikofen besucht: «Das war alles etwas happig», sagt er. Er habe viel am Wochenende und am Abend gearbeitet.

Der Nebenerwerb lässt sich gut organisieren

Mittlerweile ist Roman Siegenthaler voll in der Generationengemeinschaft engagiert, die Stelle bei der Ufa hat er behalten. «Das lässt sich sehr gut organisieren», sagt er. Übers Jahr verteilt sei er zwei Tage pro Woche unterwegs. Die Ufa bietet den Betrieben als Dienstleistung vier Wäge-Termine pro Jahr an. Das gebe eine gute Übersicht über die Zunahme der Tiere und hilft, den Schlachtzeitpunkt zu bestimmen.

Und wenn alles gut geht, ist Roman Siegenthaler in rund einem Jahr nicht nur mit der Betriebsleiterschule, sondern auch mit der Meisterpüfung fertig.

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Gutes Verhältnis in der Familie erleichtert den Alltag

Eltern und Sohn erzählen entspannt und offen, hören einander zu und lachen viel. Etwa bei der Frage, welche Arbeit ihnen weniger Freude macht: «Ich koche nicht so gern», sagt Erich Siegenthaler.

Silvia Siegenthaler macht nichts mit Maschinen, mag aber die Arbeit mit den Tieren. Sie macht auch die Liegenschaftsbuchhaltung der Wildenegg. Roman Siegenthaler ist für die Buchhaltung der Generationengemeinschaft zuständig und für die Liegenschaftsbuchhaltung des Farnweidli. Unterstützung hat Roman Siegenthaler von der AgroTreuhand Rütti in Zollikofen. Diese haben Siegenthalers auch beim Kauf und der Gründung der Generationengemeinschaft beraten: «Sie haben uns schnell und kompetent geholfen und gesagt, wo wir anklopfen müssen.» Auch die Raiffeisenbank Lützelflüh loben sie: «Dank all der Unterstützung haben wir diesen Schritt in die Zukunft gewagt.»

Was den Kauf und die Gründung der Generationengemeinschaft ebenfalls vereinfacht hat, ist das gute Verhältnis der Familie untereinander: «Mein Bruder und meine Schwester haben mir keine Steine in den Weg gelegt.» Dass es einmal Roman sein wird, der den Betrieb übernimmt, sei schon früh klar gewesen, sagt Silvia Siegenthaler: «Er war immer im Stall und mittendrin.» Bruder David habe sich für Maschinen interessiert und sei als Polymechaniker am richtigen Ort, Schwester Anita arbeitet im Detailhandel.

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Roman Siegenthaler hält an den Milchkühen fest

Im Stall des Betriebs Wildenegg stehen 20 schöne Holstein-Milchkühe, im Farnweidli rund 20 Jungtiere aus eigener Nachzucht. Siegenthalers sind begeisterte Züchter. Und an den Milchkühen will Roman Siegenthaler festhalten: «Ich melke gerne.» Zurzeit melkt er am Morgen, sein Vater dafür am Abend. Die Stallarbeiten im Farnweidli machen beide, bei Bedarf unterstützen Silvia Siegenthaler und Svenja Held – etwa, wenn es ums Heuen geht.

Alle vier sind flexibel. Auch, wenn es um Ferien geht. Das jüngere Paar verreist gern spontan, etwa tageweise in die Berge. Die geplanten Skiferien mussten sie wegen Corona absagen. Silvia Siegenthaler verreist sehr gerne, während Erich Siegenthaler lieber daheim ist.

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Die Zukunft von Roman Siegenthaler ist im Emmental

Roman Siegenthaler wird in den nächsten sieben Jahren komplett übernehmen. Als ersten Schritt werden er und seiner Partnerin Ende 2022 von Utzigen nach Biembach ziehen und das Wohnhaus auf dem Betrieb Wildenegg übernehmen. Im Moment fährt Roman Siegenthaler jeden Tag hin und her – das sei manchmal nicht so praktisch, etwa, wenn eine Kuh kalbe. Zudem arbeitet Svenja Held in einer Bäckerei in Oberburg und hat unregelmässige Arbeitszeiten. Die beiden freuen sich, sich in Biembach dann häufiger zu sehen.

Für Silvia und Erich Siegenthaler ist es natürlich und schön, ins Stöckli zu ziehen. «Die Übergabe geht fliessend», sagt Erich Siegenthaler. Er möchte gerne bereits vor dem Pensionsalter den Betrieb an Roman überschreiben und noch als Angestellter weiterarbeiten. Silvia Siegenthaler freut sich, dass sie und ihr Mann die Verantwortung abgeben können. Sie beiden werden älter und etwas langsamer, das sei normal: «Wenn wir im Stöckli leben, gehört das zum Kreislauf.» Und eine gewisse Distanz findet sie sinnvoll: Das gebe Rückzugsmöglichkeiten für alle.

Vor der grossen Züglete wird es noch einige Umbauarbeiten geben. Die gab es auch bei der Farnweidli-Übernahme. Siegenthalers haben die Wohnungen vermietet, sie haben Küche und Bad renoviert sowie das Elektrische auf den neusten Stand gebracht: «Das Gebäude ist alt, da müssen wir laufend investieren.» Auch die Heubühne ist neu: «Grösser werden kostet Geld», sagt Roman Siegenthaler. Aktuell erledigen sein Vater und er viele Arbeiten von Hand. Beim Farnweidli-Kauf hätten sie auch Maschinen weiterverkauft, die sie nicht brauchen konnten.

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Unabhängiger dank eigenem Futterbau

Dank der Erweiterung können Siegenthalers nun mehr Futter selber anbauen. Das ist sehr in Roman Siegenthalers Sinn. Er macht den Pflanzenschutz zum grössten Teil selber. Fürs Pressen und die Maisernte haben sie einen Lohnunternehmer. Sonst möchten sie selber machen, was immer geht. Indem er mehr Futter selber anbaue, sei er unabhängiger, sagt er. Auch die Jungtiere zieht er selber nach und gibt sie nicht zAlp. «Ich mag es, den Kreislauf am gleichen Ort zu haben», sagt er.

«Da kommt uns zu Gute, dass Roman auf dem neusten Stand der Ausbildungen ist», sagt Erich Siegenthaler. Während er gerne mal mit einer Sense einen Hang mähe, wisse Roman, wie die Berechnungen fürs korrekte Spritzen funktioniere: «Unser Beruf verändert sich. Das ist natürlich und ich bin froh, dass wir uns so gut ergänzen.»

Auch veränderte Vorgaben wie das Schleppschlauch-Obligatorium akzeptiert er. «Wir machen das seit vielen Jahren – dort, wo es vom Boden her möglich ist.» Statt einem Obligatorium hätte er eine stärkere Förderung sinnvoll gefunden. Darin sind er und Roman einer Meinung.

Immer sei das nicht der Fall, sagen beide: «Doch wir finden immer eine Lösung.» Es ist beiden wichtig, zwar am gleichen Strick zu ziehen, aber dennoch eine eigene Meinung zu haben. Und bei den grundsätzlichen Fragen – etwa bei den Tieren – da sind Vater und Sohn auf derselben Linie. Wie gut die beiden harmonieren, zeigt sich im Stall. Grosse Worte braucht es nicht, beiden packen an und lassen sich auch durch die Fotografin nicht in ihrem Tagwerk stören. Bloss etwas wünschen sie sich: «Zeigt dann die roten Kühe!»

 

Betriebsspiegel Farnweidli und Wildenegg

Erich und Roman Siegenthaler, Biembach (Bern)

LN: 18,5 ha, 6 ha Wald

Bewirtschaftung: IP-Suisse und ÖLN

Tierbestand: 20 bis 25 Kühe, 20 Aufzuchttiere

Kulturen: Kunst- und Naturwiese, Mais, Triticale, Gerste

Weitere Betriebszweige: Vermietung von vier Wohnungen

Arbeitskräfte: Erich und Silvia Siegenthaler, Roman Siegenthaler und Svenja Held