Seit 2019 politisiert die Bundesversammlung in der heutigen Zusammensetzung. Aber wer von den 246 Nationalräten und Ständeräten politisiert für (oder gegen) die Landwirtschaft? «die grüne» hat ein Dutzend politische Beobachter gefragt – herausgekommen ist eine Schweizer Karte mit 48 AgrarpolitikerInnen, die in den vergangenen vier Jahren die Landwirtschaftspolitik geprägt haben.

DossierDossierEidgenössische Wahlen 2023 Diese Politiker bestimmen über die Schweizer Landwirtschaft und rechnen den Landwirten jeden Franken vor. Die Eidgenössischen Wahlen am 22. Oktober 2023 sind eine gute Gelegenheit, für einmal die Agrarpolitiker unter die Lupe zu nehmen: Was haben sie in den vergangenen vier Jahren geleistet? Und wie viel haben sie damit verdient?

Im Dossier zu den Eidgenössischen Wahlen 2023 machen wir Staatskunde im Schnelldurchlauf – mit den wichtigsten Fakten, aber unterhaltsam. Sozusagen mit dem Traktor im 5. Gang durch die «Ochse-Schüür». So wird das Bundeshaus in Bern scherzhaft genannt, weil früher Politiker die «Ochsentour» durch die Stübli der Restaurants (die oft Namen tragen wie «zum Ochsen») machen mussten.

Wer zählt alles zur Vereinigten Bundesversammlung?

Unser Parlament wird als Bundesversammlung oder eidgenössische Räte bezeichnet. Die Bundesversammlung hat zwei Kammern:

Gewählt werden die beiden Räte vom Volk. Als Vereinigte Bundesversammlung wählen sie die Bundesräte und Bundesrichter. Bei einer Kriegsmobilmachung wählt die Vereinigte Bundesversammlung auch einen General als Oberbefehlshaber der Armee.

Die beiden Kammern sind staatsrechtlich gesehen völlig gleichberechtigt. Ein Beschluss ist nur gültig, wenn er von beiden Kammern verabschiedet wird. Alle Geschäfte werden nacheinander von beiden Räten behandelt, wobei der «Erstrat» abwechslungsweise bestimmt wird.

Können sie sich nicht einigen, findet ein Differenzbereinigungs-Verfahren statt, wobei das Geschäft zwischen beiden Räten hin und her pendelt. Nach drei erfolglosen Durchgängen muss die Einigungskonferenz auf den Plan treten.

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Im Nationalrat (grosse Kammer) bestimmen die grossen Kantone

Die grosse Kammer ist der Nationalrat mit 200 Mitgliedern. Jeder Kanton erhält proportional zur Bevölkerungszahl entsprechend viele Nationalrats-Sitze, kleine Halbkantone mindestens einen Nationalrat. Der Kanton Zürich mit 1,6 Mio Einwohnern erhält 35 Sitze, der Halbkanton Appenzell Innerrhoden mit nur 16'000 Einwohnern einen Sitz.

Nach der Gründung des Bundesstaates 1848 wurden ​die Nationalräte für jeweils drei Jahren gewählt. Erst 1931 wurde eine vierjährige Amtsdauer von Volk und Ständen angenommen, was die politische Arbeit effizienter machte.

Seither wurde eine weitere Verlängerung der Amtsdauer des Nationalrates auf fünf Jahre immer wieder thematisiert – fand aber beim Bundesrat und in den beiden Räten ​keine Mehrheit.

Im Ständerat (kleine Kammer) sind die kleinen Kantone «gleicher»

Die kleine Kammer ist der Ständerat. Der Name kommt vom Stand, der alten Bezeichnung für die Kantone. Da es im Ständerat mehr altgediente Politiker gibt als im Nationalrat, wird er auch das «Stöckli» genannt, wie der Alterssitz neben dem Bauernhof.

Der Ständerat zählt 46 Mitglieder, je zwei Ständeräte pro Kanton und einen pro Halbkanton. Der Kanton Zürich mit 1,6 Mio Einwohnern hat also wie Uri mit 37'000 Einwohnern zwei Ständeräte – und nur einen mehr als der Halbkanton Appenzell Innerrhoden mit 16'000 Einwohnern. Damit wirkt der Ständerat als Ausgleich zum quantitativ zusammengesetzten Nationalrat.

Mit einer Ausnahme findet die Wahl der Ständeräte am selben Tag statt wie jene der Nationalräte. Der Halbkanton Innerrhoden wählt nämlich seinen Ständerat traditionell an der Landsgemeinde im April vor den Nationalrats-Wahlen.

Wie viel verdienen die Nationalräte und Ständeräte?

Die Bundesversammlung war ursprünglich ein Miliz-Parlament. Heute sind aber rund 90 Prozent der Nationalräte und Ständeräte Profi-Politiker, die neben dem Rats-Mandat höchstens noch einen Nebenjob haben. Damit verdienen sie 136'000 bis 145'000 Franken pro Jahr, die ungefähr zur Hälfte nicht steuerpflichtig sind.

  • Die Nationalräte erhalten rund 75'000 Franken steuerpflichtiges Einkommen und 61'000 Franken steuerbefreite Entschädigungen.
  • Die Ständeräte erhalten rund 82'000 Franken steuerpflichtiges Einkommen und 63'000 Franken steuerbefreite Entschädigungen.

Das steuerpflichtige Einkommen setzt sich zusammen aus 26'000 Franken Arbeitsentgelt für die Vorbereitung und 440 Franken Taggeld pro Arbeitstag im Rat, in Kommissionen oder für besondere Aufgaben. Deshalb unterscheiden sich die Einkommen von Nationalräten und Ständeräten.

Mit der steuerbefreiten Entschädigung finanzieren die Rats-Mitglieder ihre persönlichen Mitarbeiter und Bürokosten, aber auch alle Mahlzeiten, Übernachtungen und Reisen. Diese Pauschalentschädigung kann auch ein «indirektes Einkommen» sein, wenn ein Rats-Mitglied auf einen persönlichen Mitarbeiter verzichtet oder nicht in Bern übernachtet, sondern an seinem Wohnort.

Der Landwirtschaftliche Klub der Bundesversammlung

Während die LandwirtInnen 2 Prozent der Schweizer Bevölkerung ausmachen, sind 16 Nationalräte und Ständeräte oder 6,5 Prozent der Räte von Beruf LandwirtIn.

In der Bundesversammlung sind mehr Agrarpolitiker aktiv: Von den 246 Nationalräten und Ständeräten sind wie erwähnt 48 Räte oder 20 Prozent Agrarpolitiker. Doppelt so viele interessieren sich aber für die Schweizer Landwirtschaft und haben dafür im Bundeshaus einen eigenen Klub.

Die Rats-Mitglieder sind nämlich in 160 verschiedenen Parlamentarischen Gruppen oder Klubs organisiert, von «Altersfragen» bis «Zivildienst». Unter anderem im «Landwirtschaftlichen Klub der Bundesversammlung», der 100 Mitglieder zählt. Ausser der SP und der GLP sind dort alle Parteien vertreten.

Vier Agrarpolitiker verlassen die Bundesversammlung Ende 2023

Soweit bekannt, stehen von «unseren» 48 aktuellen AgrarpolitikerInnen vier nicht mehr zur Wahl. Nationalrat Albert Rösti (SVP/BE) wurde «befördert», er ist seit Januar 2023 Bundesrat. Und drei Nationalräte verlassen das Bundeshaus Ende 2023:

Die bekannteste Persönlichkeit dieser drei ist sicher Jacques Bourgeois. Der Freiburger war schon als Direktor des Schweizer Bauernverbandes SBV ab 2002 im Bundeshaus präsent, um Beziehungen zu pflegen.

2007 wurde Jacques Bourgeois in den Nationalrat gewählt, den er nach 16 Jahren und einem halben Dutzend Überarbeitungen der Agrarpolitik von der AP2002 bis zur AP22+ verlässt.