Kurz & bündig

- Das Syndrome Basses Richesses SBR ist eine neu auftretende Zuckerrübenkrankheit, die sich aus Ostfrankreich bis nach Deutschland und in die Schweiz ausgebreitet hat.
- In SBR-Befallsgebieten sollten keine Smart-Sorten angebaut werden. Sonst verliert man um die 1000 Franken pro Hektare.
- Der Verlust ist auf den tiefen Zuckergehalt bei Smart-Sorten mit SBR-Befall zurückzuführen.
- Deshalb wird empfohlen, auf die neuen SBR-toleranten Sorten zu setzen.

Die Zuckerrübenkrankheit SBR (Syndrome Basses Richesses) schreitet langsam, aber stetig gegen Osten voran. Die Krankheit machte bisher vor allem den ProduzentInnen in der Westschweiz zu schaffen. Doch das Trägerinsekt, die Schilf-Glasflügelzikade, breitet sich jährlich um 10 bis 20 km weiter nach Osten aus.

«Letztes Jahr hatten wir Befallsherde bis Oensingen, dieses Jahr wurden die Rüben bereits in Rothrist befallen», erklärt Luzi Schneider, Geschäftsführer der Schweizerischen Fachstelle für Zuckerrübenbau. Ein Grossteil des Verlustes an Zuckerrüben-Anbaufläche im Westen sei auf die Krankheit zurückzuführen. Bei einem Befall sinkt der Zuckergehalt in den Rüben drastisch, weshalb sich der Anbau schliesslich wirtschaftlich nicht mehr lohnt, da die Preisabzüge zu hoch sind.

Bekämpfung der Zikade mit Insektiziden nicht möglich

Aber wieso kann SBR nicht bekämpft werden? Im Gegensatz zur virösen Vergilbung, welche durch die grüne Pfirsichblattlaus übertragen wird, kann die Schilf-Glasflügelzikade nicht mit Insektiziden bekämpft werden.

Grund dafür ist, dass die Zikade über einen ziemlich langen Zeitraum ins Zuckerrüben-Feld einfliegt. Die Zikaden fliegen ab Mai aus Winterweizenfeldern in nahe gelegene Zuckerrübenfelder ein. Dort verweilen sie bis in den Frühherbst und saugen den ganzen Sommer Blattsaft aus der Zuckerrübe.

So übertragen die mit dem SBR-Bakterium infizierten Zikaden die Krankheit auf die Zuckerrüben. Wenn hingegen eine nicht-infizierte Zikade an dieser Pflanze saugt, nimmt sie auf diese Weise die Krankheitserreger auf und kann sie auf weitere Pflanzen übertragen, die sie als Nahrungsquelle nutzt. In Feldversuchen wurde versucht, die Zikade mit Insektiziden zu bekämpfen. Dazu waren bis zu 30 Insektizid-Behandlungen nötig, um einen vollständigen Befall mit SBR verhindern zu können. Diese Behandlungsstrategie ist in der Praxis daher nicht realisierbar.

[IMG 2]

SBR-tolerante Sorten sind vielversprechend

«Den grössten Hebel haben wir bei der Sortenwahl», meint Luzi Schneider. Ein Meilenstein in der Sortenentwicklung wurde im Jahr 2022 gesetzt, als erstmals vier SBR-tolerante Sorten auf den Markt kamen.

Für das Anbaujahr 2024 kamen mit Michelangelo von Strube und der Sorte Fitis von SESVanderHave zwei weitere SBR-tolerante Sorten auf die Liste. Luzi Schneider meint, dass sich die SBR-toleranten Sorten gut bewährt hätten. Die Sorten behaupten sich mit einem hohen Rübenertrag und stabil bleibendem Zuckergehalt.

Die Leistungsfähigkeit bleibt auch unter Zikadenbefall erhalten, im Gegensatz zu Smart-Sorten. Trotzdem werden aktuell immer noch vorwiegend Smart-Sorten angebaut, da diese teilweise sogar kantonal gefördert wurden.

[IMG 3]

Smart-Sorten sind die schlechteste Wahl in SBR-Gebieten

In der Schweiz werden fast auf der Hälfte der Fläche Smart-Sorten angebaut. Weltweit sind es rund 600 000 Hektaren. Luzi Schneider mahnt aber, dass der Anbau von Smart-Sorten in SBR-Befallsgebieten die schlechteste Wahl sei.

«Wenn man eine Smart-Sorte anbaut und diese von SBR befallen wird, verliert man etwa 1000 Franken pro Hektare»

Luzi Schneider, Schweizerische Fachstelle Zuckerrübenbau

[IMG 4]

«Wenn man eine Smart-Sorte anbaut und diese von SBR befallen wird, verliert man etwa 1000 Franken pro Hektare», erklärt Luzi Schneider. Die Smart-Sorten sind sehr anfällig auf SBR, weshalb der Zuckergehalt bei einem Befall in den Keller fällt. Das wiederum führt zu hohen Preisabzügen in der Fabrik.

Daher empfiehlt die Fachstelle folgende Sorten für SBR-Befallsgebiete:

  • Michelangelo
  • Fitis
  • Xerus

Zu berücksichtigen sei aber, dass sich diese Sorten nicht für den fungizidfreien Anbau in IP-Suisse bewähren. Sie brauchen einen Fungizidschutz. Für den Anbau ohne Fungizid in SBR-Gebieten eignen sich eher:

  • BTS 1740
  • Interessa KWS

Diese behaupten sich mit einer hohen Cercospora-Toleranz und vergleichsweise hohem Rübenertrag bei jedoch niedrigem Zuckergehalt.

Kein Winterweizen nach Zuckerrüben

Nebst der Sortenwahl stellt die Fruchtfolge noch eine SBR-Bekämpfungs-Möglichkeit dar. Die HAFL untersucht in einem mehrjährigen Projekt den Effekt von Winterweizen nach Zuckerrüben in der Fruchtfolge. Dazu haben drei Betriebe in der Region Chablais keinen Weizen mehr nach Zuckerrüben angesät.

Die Resultate des Zikaden-Zählens haben ergeben, dass die Anzahl Zikaden mit dieser Massnahme reduziert werden kann. Trotzdem ist immer noch ein Befall mit SBR möglich. Zudem müsste jeder Produzent diese Massnahme ergreifen, um eine effektive Wirkung erzielen zu können.

Deshalb plädiert Luzi Schneider für die Wahl von SBR-toleranten Sorten. Auch diese werden sich stets weiterentwickeln mit dem Ziel, mittels Sortenwahl keinen tieferen Zuckergehalt mehr zu haben bei SBR-Befall.

SBR in Kartoffeln?

Einige Kartoffelchargen der diesjährigen Ernte wiesen teilweise Verfärbungen beim Kochtest auf oder die Kartoffeln selbst waren schrumpelig und gummig. In einem Kartoffelfeld in Moudon VD wurden 2023 erstmals auch Schilf-Glasflügelzikaden in Schweizer Kartoffelfeldern gesichtet. Bei den untersuchten Knollen wurde teilweise die Pilzkrankheit Verticillium festgestellt, aber auch die bakterielle Infektion mit SBR.

Aktuell kann aber noch kein direkter Zusammenhang zwischen den Erregern und den Symptomen hergestellt werden. Denn teilweise wiesen auch gesunde Pflanzen Verfärbungen im Kochtest auf. Die Abklärungen dazu laufen.