Kurz & bündig

  • Späte Güllegaben auf Grasland bringen keinen sicheren Mehrertrag.
  • Späte Güllegaben erhöhenaber das Umweltrisiko.
  • Güllegaben im zeitigen Frühjahr haben eine bessere Ertragswirkung.
  • Hofdüngergaben im Herbst sollten besser auf Wiesen als auf dem Acker ausgebracht werden.
  • Im Schadensfall haftet immer der Landwirt.

Der Winter und mit ihm die Vegetationsruhe steht vor der Tür. Viele Maschinen sind bereits eingewintert. Die grossen Ausnahmen: der Mistzetter und die Gülletechnik. Meist müssen die Landwirte aus praktischen Gründen vor dem Winter ihre Hofdüngerlager leeren, damit bis im Frühling genügend Lagerkapazität auf dem Betrieb vorhanden ist.

«Es ist oft festzustellen, dass eine späte Güllegabe einen von blossem Auge sichtbaren Effekt auf die Wiesen hat», weiss Beat Reidy, Dozent für Graslandnutzung an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL in Zollikofen. Dies sei insbesondere auf eher zurückhaltend mit Nährstoffen gedüngten Wiesen der Fall. «Besonders gut ist das zu beobachten, wenn mit dem Schleppschlauchverteiler gegüllt wurde oder bei Harnstellen auf im Herbst beweideten Flächen.»

Das Gras entlang der Güllespuren sei dann sichtlich dunkler, grüner. Also ist der Hofdünger somit sinnvoll eingesetzt und es ist mit einem höheren Ertrag im Frühjahr zu rechnen? Leider nicht unbedingt, denn: «Es gibt diverse Studien zu diesem Thema, die zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen sind», erklärt Olivier Huguenin von Agroscope.

Bei manchen Studien konnte ein positiver Effekt auf den Ertrag nachgewiesen werden, bei anderen aber nicht. Die Witterung dürfte dabei einen entscheidenden Einfluss haben. In keinem Versuch war die Düngewirkung nach einer Gabe im Spätherbst besser als nach einer Frühjahrsgabe.

Daraus folgert Huguenin: «Wenn man Güllegaben im Spätherbst und Winter vermeiden kann, soll man das tun. Gegen Frühjahr sinkt das Risiko, dass die Gülle nicht aufgenommen werden kann.» Tabu sei in jedem Fall das Ausbringen von Hofdüngern auf Schnee oder gefrorenen Böden.

Nitratverluste auf Grasland vergleichsweise gering

Der Stickstoff kann also bei späten Hofdüngergaben von den Pflanzen nicht immer direkt in messbaren Mehrertrag umgesetzt werden. Was passiert mit dem wichtigen Pflanzennährstoff, wenn er nicht aufgenommen wird? Wird er als Nitrat ausgewaschen?

Untersuchungen haben gezeigt, dass auf Mähweiden erst bei sehr hoher Stickstoffdüngung mit einer stark ansteigenden Nitrat-Auswaschung zu rechnen ist, weiss Beat Reidy. Solch hohe N-Gaben sind im Schweizer Futterbau bei Einhaltung der Suisse Bilanz aber nicht möglich.

Olivier Huguenin ergänzt zudem, dass diese hohen Düngergaben während der ganzen Vegetation verteilt ausgebracht wurden. «Güllegaben in der Vegetationsruhe können durchaus Nitratauswaschung zur Folge haben», mahnt er.

Was genau mit dem Stickstoff passiert, der nicht von Pflanzen aufgenommen wird, ist unklar. Ein Teil wird zu einem Bestandteil der Böden in Form von organischer Substanz. Dieser Stickstoff ist nicht verloren, sondern wird durch langsame Abbauprozesse wieder für die Pflanzen verfügbar.

Hofdünger vorzugsweise auf Naturwiesen ausbringen

Muss Gülle im Herbst noch auf das Feld, ist die Naturwiese der ideale Empfänger dafür. Der Boden von Naturwiesen ist meist tragfähiger als jener von Kunstwiesen.

Auch hier gilt: Späte Gaben lassen sich kaum in Ertrag ummünzen, und das Risiko für die Auswaschung oder Abschwemmung von Nährstoffen steigt. Zudem ist zu verhindern, dass sich bei üppiger Hofdüngerversorgung eine Gülleflora entwickelt: Intensiv gegüllte Bestände sollten im Frühjahr zeitig gemäht und idealerweise auch beweidet werden, damit Kerbel und andere Massenkräuter nicht überhand nehmen können.

Neuansaaten nur bei trockenen Bedingungen befahren

Auch Kunstwiesen sind gute Hofdüngerverwerter. Hier ist bei Neuansaaten zu beachten, dass diese erst beschränkt Stickstoff aufnehmen können. Auch die Befahrbarkeit des Bodens ist insbesondere in nassen Jahren ein begrenzender Faktor. Idealerweise erfolgt die Hofdüngergabe unmittelbar vor der Neuansaat. Ältere Kunstwiesen hingegen sind ähnlich wie Naturwiesen.

Die Feldrandmieten müssen sauber sein

Der Mist als zweiter wichtiger Vertreter der Hofdünger wird traditionellerweise häufig im Herbst eingesetzt. Eine Alternative zur Ausbringung sind bei beschränkter Lagerkapazität auf dem Betrieb die Feldrandmieten.

Doch hier verweist Beat Reidy auf die rechtlichen Bestimmungen: «Nach geltendem Recht sind Feldrandmieten nur für kurze Zeit als Zwischenlagerung unmittelbar vor dem Ausbringen erlaubt und auch dies nur an Stellen, wo kein Risiko für eine Gewässerverschmutzung besteht.»

Ebenfalls gibt er zu bedenken, dass Feldrandmieten für neutrale Betrachter oftmals keine Augenweide seien. «In einem Land wie der Schweiz, wo die Landwirtschaft sehr stark auf den Goodwill der Bevölkerung angewiesen ist, würde ich hier zur Zurückhaltung mahnen», so Reidy.

Die rechtliche Grundlagen für die Dünger-Ausbringung

Während in Deutschland die Nitratauswaschung der Haupttreiber für strengere Vorschriften rund um die Düngung ist, steht bei der Schweiz die allgemeine Umweltwirkung von Stickstoff im Fokus. Hierzulande bildet die Basis für die Verwendung von Dünger in der Landwirtschaft eine breit abgestützte Vollzugshilfe aus dem Jahr 2012. Daraus ist zu entnehmen, dass «die Anwendung flüssiger Dünger auf gefrorenen, schneebedeckten, wassergesättigten oder ausgetrockneten Böden in jedem Fall verboten ist».

Ebenfalls wird, gestützt auf ein Urteil des Bundesgerichtes, die Vegetationsruhe definiert, während der keine Dünger ausgebracht werden dürfen: Sie ist demzufolge erreicht, wenn die durchschnittliche Temperatur an fünf aufeinanderfolgenden Tagen 5 Grad nicht übersteigt. Aber: «Die Vegetationsruhe ist zu Ende oder wird vorübergehend unterbrochen, wenn die durchschnittliche Lufttemperatur an sieben aufeinander folgenden Tagen wieder über 5 Grad liegt.»

Die Kantone können standortangepasste Regelungen vornehmen. Einzelne Kantone, wie beispielsweise Freiburg, haben ein pauschales Ausbringverbot von Hofdünger im Winter eingeführt, dieses aber wenig später wieder aufgehoben. Machen kantonal unterschiedliche Regelungen Sinn? «Ja», meint Reidy. «Der Standort ist für die Ausbringung von Hofdüngern sehr entscheidend und muss berücksichtigt werden. Ein pauschales Ausbringverbot wäre hier nicht zielführend.»

Generell ist Reidy der Ansicht, dass der Vollzug der Regelungen rund ums Güllen und Misten in der Schweiz relativ gut funktioniere – nicht zuletzt auch deshalb, weil die wachsamen Augen der Öffentlichkeit für das Thema sensibilisiert seien. Eines ist jedoch in allen Kantonen gleich: Bei einem Schadenfall infolge unsachgemässer Düngung mit Gülle oder Mist haftet immer der Landwirt.

Ab dem Jahr 2022 wird die Ausbringung von Gülle mit dem Schleppschlauch zur Pflicht. Dass sich auch punkto Ausbringzeitpunkt Änderungen ergeben, ist eher unwahrscheinlich. Die oben erwähnte Vollzugshilfe aus dem Jahr 2012 ist von BAFU bis BLW breit abgestützt.

 

 

Hofdünger im Spätherbst auf dem Acker

Hofdünger sind ideal für den Nährstoffbedarf von Wiesen und Weiden geeignet. Nicht zu vergessen sind jedoch auch die Ackerkulturen als Verwerter von Hofdünger. Beat Reidy gibt Auskunft, was im Falle einer Versorgung von Hofdüngern mit Herbstgaben bei unterschiedlichen Kulturen zu beachten ist. Wichtig: Generell ist die Gefahr von Nährstoffverlusten im Ackerbau gegenüber den Wiesen deutlich erhöht.

Gerste: In der Fruchtfolge häufig nach Weizen angebaut, kann eine Güllegabe vor der Aussaat zum besseren Abbau der Weizenstoppeln beitragen und zur Bestockung der Gerste beitragen.

Gründüngungen: Wenn Hofdünger eingesetzt wird, dann nach Abernten der Vorkultur.

Winterweizen: Der Winterweizen hat im Herbst keinen hohen Nährstoffbedarf, eine Güllegabe auf Weizen ist in der Regel nicht sinnvoll.

Dinkel: Auch der Dinkel braucht im Herbst keine Versorgung mit Hofdünger.

Raps: Der Raps hat einen verhältnismässig hohen N-Bedarf bis zum Winter. Der ideale Zeitpunkt für einen Hofdüngereinsatz liegt aber auch hier vor der Saat.

 

 

Ein Blick über den Tellerrand

Beim Güllen und Misten sind die Augen der Öffentlichkeit noch mehr als sonst auf die Land-wirtinnen und Landwirte gerichtet. Anzeigen – ob begründet oder nicht – sind keine Seltenheit. Im Online-Blog «Heidis Mist» gibt es 229 Einträge zu den Themen Gülle (eine Unterkategorie: Güllen im Winter) und Mist. Dabei wird immer wieder mit Text und Bild auf Missstände im Umgang mit Hofdünger hingewiesen.

www.heidismist.wordpress.com

 

 

 

Ein Blick zurück

«Früher brachten die Landwirte Hofdünger vor allen in Form von Mist aus», weiss Beat Reidy, Dozent für Graslandnutzung an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) in Zollikofen. Mit der Zeit hat die Gülle den Mist als wichtigster Hofdünger abgelöst. «Die Lagerung und Ausbringung von Gülle ist einfacher und effizienter geworden», nennt Reidy als Grund.

Eine genügende Hofdünger-Lagerkapazität ist bereits vor Einführung des ÖLN in den 1980er-Jahren zur Pflicht erklärt worden. Je nach Zone müssen die Landwirte seitdem die auf dem Betrieb anfallenden Hofdünger unterschiedlich lange lagern können: Von mindestens drei Monaten bei einem Talbetrieb bis zu sieben Monaten für einen Betrieb in der Bergzone IV.

Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass die Vegetationsruhe überbrückt wird und die Hofdünger zu einem Zeitpunkt ausgebracht werden können, wenn die Pflanzen einen Bedarf haben.