Eine neue EU-Verordnung für landwirtschaftliche Fahrzeuge verlangt für Anhänger eine Zweileiter-Bremsanlage. Die Schweiz hat die Verordnung übernommen und – gehorsam wie immer – bereits am 1. Mai 2019 in Kraft gesetzt. Frankreich hingegen lässt sich bis 1. Januar 2025 Zeit, erklärt Thomas Teuscher, Leiter von Agrotec Suisse, dem Schweizer Fachverband der Landtechnik.

Das führt dazu, dass zum Beispiel Anhänger französischer Hersteller, die weiterhin hydraulische Einleiter-Bremsen verbauen, in der Schweiz nicht ohne Nachrüstung verkauft werden können.

Aber das ist nicht das grösste Problem. Auch die Frage, ob die Brems-Betätigung hydraulisch oder mit Druckluft ausgeführt ist, ist nicht die grösste Fragestellung: Beides ist erlaubt.

Eine echtes Problem ist, dass neue Anhänger mit nicht mehr erlaubter Einleiter-Bremsenanlagen verkauft werden. Diese sind günstiger und vor allem passen sie an bestehende Traktoren, welche kein hydraulisches Zweileiter-Bremsventil haben oder nicht über eine elektrische Notbrems-Betätigung für das Mitführen von einem neuen Anhänger nachgerüstet wurden.

In solchen Fällen schert man sich nicht um das neue Gesetz und fährt weiter wie bisher. Spätestens beim Anhänger- oder Traktor-Neukauf muss die Frage der Bremsanlage jedoch der zentrale Faktor sein.

 

Druckluftbremsen und hydraulische Bremsen sind mit dem neuen Gesetz erlaubt

Seit der Gesetzesänderung bei den Bremsvorschriften dürfen ab dem 1. Mai 2019 neue Anhänger nur noch mit einer Zweileiter-Bremsanlage verkauft werden. Das betrifft nicht nur Anhänger bis 40 km/h, welche beim Strassenverkehrsamt vorgeführt werden und mit einem Nummernschild ausgerüstet sind.

Auch alle neuen, nicht vorgeführten, Anhänger unterliegen dem neuen Gesetz. Dabei geht es nicht nur um Transportanhänger – auch Güllefässer, Ladewagen, Ballentransport-Anhänger usw. sind davon betroffen.

Ob das Bremssystem mit Öl oder Luft funktioniert, spielt keine Rolle.

Im Vorfeld der Einführung der neuen Vorschriften stritt sich die Fachwelt, ob Öl oder Luft das bessere Betätigungssystem sei. Dabei haben sich die Akteure mit Details in technischen Diskussionen zerstritten. Die einen argumentierten mit dem Gegenteil der anderen und umgekehrt, bis der Laie nur noch Bahnhof verstand.

Diese Diskussionen sind heute vom Tisch. Gemäss Thomas Teuscher, Leiter von Agrotec Suisse, gibt es für Luft wie für Öl zugelassene Zweileiter-Bremsanlagen, welche die Gesetzesvorgaben erfüllen.

 

In der Schweiz sind landwirtschaftliche Anhänger mit illegalen Bremsen im Verkauf

In der Händler-Branche wird gemunkelt, dass schwarze Schafe weiterhin landwirtschaftliche Anhänger mit hydraulischen Einleiter-Bremsanlagen verkaufen, die nach dem 1. Mai 2019 gebaut wurden. Wie Thomas Teuscher bestätigt, gibt es beim Fachverband der Landtechnikbetriebe Hinweise darauf.

Im Verbandsmagazin «Forum» (Ausgabe 3/2020) wird eine Begebenheit aus dem Kanton Luzern geschildert: Ein Händler deckte auf, dass ein Berufskollege weiterhin landwirtschaftliche Anhänger mit hydraulischen Einleiter-Bremsen verkauft, welche nach dem 1. Mai 2019 gebaut wurden.

Bei einem solchen Handel verschafft der Händler dem Käufer einen Preisvorteil, welcher oft den Ausschlag für den Kauf geben kann. Eine hydraulische Einleiter-Bremsanlage benötigt keine speziellen Bauteile und ist deshalb viel günstiger als ihr komplexes Zweileiter-Pendant. Fachmann Thomas Teuscher nennt eine Preisdifferenz von 2000 bis 6000 Franken alleine auf der Seite des Anhängers.

Was der Kunde dabei ausser Acht lässt, ist, dass er für den Betrieb der Fahrzeugkombination in Zukunft die Verantwortung trägt. Bei einer Verkehrskontrolle und erst recht bei einem Unfall bekommen der Fahrer und der Fahrzeughalter wegen der illegalen Bremsanlage gewaltig Ärger mit dem Gesetz.

Zunächst wird es eng für den Fahrer, dann für den Besitzer und letztlich auch für die Verkaufs-Verantwortlichen. Die möglichen Konsequenzen stehen in keinem Verhältnis zu den eingesparten Kosten.

Der 30 km/h-Anhänger wird nicht auf eine hydraulische Einleiter-Bremsanlage geprüft

Landwirtschaftliche Anhänger mit einer maximalen Geschwindigkeit bis 30 km/h, die nicht vorgeführt werden und kein Nummernschild benötigen, werden unbemerkt zum Problem für die Zukunft.

Ladewagen, Güllefässer, Kipper oder Brückenwagen – hier sagt keine Behörde, der Anhänger sei illegal, weil die Behörde das Fahrzeug gar nicht erst zu sehen bekommt. Erst bei einer Kontrolle oder bei einer Unfalluntersuchung kommt das illegale Bremssystem zum Vorschein. Oft wird es dann so sein, dass sich der Verkäufer aus der Verantwortung ziehen kann. Der Schaden bleibt beim Fahrzeugführer und Fahrzeughalter hängen.

Lagermaschinen mit hydraulischer Einleiter-Bremsanlage können noch legal gefahren werden

Allerdings ist es theoretisch möglich, noch heute «neue» Anhänger mit einer Einleiter-Bremsanlage legal zu kaufen, wenn diese vor dem 1. Mai 2019 produziert oder in die Schweiz eingeführt wurden.

Vielleicht lagern heute noch solche Anhänger beim Hersteller? Oder ein Händler hat vor der Gesetzesänderung viele Anhänger ans Lager genommen, die er jetzt weiterhin in den Verkauf bringt. Das Typenschild gibt hier Auskunft zu den massgebenden Daten.

Die Bremse ist der wichtigste Punkt beim Anhänger-Kauf

Thomas Teuscher empfiehlt, bei einem Anhängerkauf das Thema Bremsen mit dem Händler proaktiv anzusprechen. Der Verkäufer merkt dadurch, dass sich der Interessent mit der Thematik auseinandergesetzt hat.

Der Käufer muss sich bewusst sein, dass ein neuer Anhänger allein wegen der Bremsausstattung rund 2000 bis 6000 Franken teurer ist als das gleiche Modell aus dem Einleiter-Zeitalter. Zudem muss der bestehende Traktor für das Mitführen von einem H2L-Anhänger nachgerüstet werden. Dies bedeutet, dass z. B. ein Schalter an der Handbremse, eine Kontrollleuchte im Armaturenbrett oder eine genormte Steckdose am Traktor aufgebaut werden muss.

Ein Anhänger-Kauf wirft heute also viele Fragen auf, wie man in Zukunft bremsen will, da es nebst der hydraulischen Bremsbetätigung auch Druckluftsysteme gibt.

Mit Druckluft-Bremsanlagen geht das Anhängen einfacher

Da Druckluft-Bremsanlagen schon seit einiger Zeit nur noch als Zweileiter-Systeme in Verkehr gebracht wurden, müssen diese Systeme durch die neue EU Verordnung nicht gross geändert werden. Hier änderten mit der neuen EU-Bremsverordnung nur Details, wie beispielsweise die automatische Lastregelung oder die Bremskraft.

Es ist möglich, alte Traktoren mit neuen Anhängern und umgekehrt legal zu kuppeln. Beachtet werden muss jedoch, dass ein neuer Traktor gegenüber einem alten Anhänger stärker bremst, was zu einem Überstossen des Traktors führen kann. Das muss dann in der Fachwerkstatt eingestellt werden.

Viele Lohnunternehmer haben sich bereits heute für pneumatische Bremssysteme entschieden, da diese bewährt und auf schweren Fahrzeugen bereits länger verbreitet sind.

Hydraulische Bremsanlagen an neuen Anhänger

Im Gegensatz zu Druckluft-Bremssystemen wurde das hydraulische Zweileiter-Bremssystem neu entwickelt. Dabei wird der Traktor mit einem hydraulischen Bremsventil mit zwei Anschlüssen ausgerüstet. Durch diesen neuen, zweiten, Leiter wird der Anhänger z. B. auch gebremst, wenn der Motor am Hang «abgewürgt» wird.

Dieses Ventil kann, je nach Ausführung, auch bestehende hydraulische Einleiter-Bremsen betätigen. Ein intelligentes Ventil erkennt, was für eine Bremsanlage gekuppelt ist und passt sich automatisch dem Anhänger an.

Dieses System erfüllt die neuen Bremsvorschriften mit dem hydraulischen Zweileiter-Bremssystem und kann zudem alte Einleiter-Anhänger bremsen.

Diese Lösung hat den Vorteil, dass damit alte wie neue Anhänger gebremst werden können. Das ist wichtig, da sich ein landwirtschaftlicher Fuhrpark normalerweise aus alten wie auch aus neuen Anhängern zusammensetzt.

 

Bremsanlage: Das muss ein Landwirt beim Kauf eines Traktors oder Anhängers beachten

Wer jetzt einen neuen Anhänger kauft, muss sich entscheiden, ob die Bremsbetätigung mit Luft oder Öl erfolgen soll. Lohnunternehmer und Transportspezialisten haben sich in der Regel schon längst für das Druckluftsystem entschieden.

Die im Haupttext erwähnte Problematik betrifft vor allem Anhänger für den Eigengebrauch, welche bisher hydraulisch und mit einem Einleiter-System gebremst wurden. Das System funktioniert mit der Ölpumpe des Traktors und ist günstig.

Von der hydraulischen Einleiter-Bremsanlage auf eine Zweileiter-Bremsanlage zu wechseln, ist ein grosser Schritt. Manch einer fragt sich, weshalb dies am leichten Ladewagen oder kleinen Güllefass notwendig sein soll, zumal er weiterhin maximal 30 km/h fährt.

So ein Betrieb muss sich jetzt fragen, welches Zweileiter-System er nun auf seinem Betrieb einsetzen will. Dass dabei höhere Kosten entstehen, ist klar. Ebenso klar ist jedoch auch der Sicherheitsgewinn.