Kurz & bündig
-Schneeketten erhöhen die Sicherheit auf Schnee und Eis.
-Es gibt verschiedene Kettenarten, mit unterschiedlichem Aufbau.
-Je nach Verwendungszweck wird die passende Kette ausgewählt.
-Aus je mehr Teilen eine Kette besteht, desto höher ist der Preis.
-Verschiedene Greifstege erhöhen den Grip.
In unserer Region ist es normal, dass man Schneeketten nicht nur für Autos, sondern auch für Traktoren hat», sagt Niklaus Blatter. Er ist Landwirt und Lohnunternehmer in Niedermuhlern BE und macht Winterdienst in der Umgebung. Sein Tätigkeitsbereich reicht bis 1000 Meter über Meer.
Um hier unter allen Bedingungen sicher vorwärts zu kommen, hat er zwei Traktoren mit Schneeketten ausgerüstet. Der eine ist mit einem Schneepflug und einem Salzstreuer ausgerüstet. Der andere wird vor allem am Holzrückewagen eingesetzt. Die beiden Traktoren haben unterschiedliche Kettenarten, die den verschiedenen Einsatzbereichen besonders gut entsprechen.
Spursicher mit vier Ketten
Oft sieht man, dass bei Traktoren mit Schneeketten im Winterdienst nur die vorderen Räder mit Ketten ausgerüstet sind. Niklaus Blatter zieht die Ketten jedoch auch hinten auf, weil der Traktor die Spur besser hält.
«Der Traktor ist viel stabiler, wenn der Halt hinten dank Ketten besser ist. Das ist vor allem dann wichtig, wenn man Windverwehungen wegschiebt. Dabei entsteht durch die meist grossen Schneemengen ein ziemlich hoher seitlicher Druck, der auf die Hinterachse wirkt. Dank der Ketten bleibt der Traktor dann trotzdem in der Spur.» Zudem muss dank der Ketten hinten nicht immer der Allrad-Antrieb zugeschaltet bleiben.
Der Zustand des Schnees hat einen grossen Einfluss auf den Grip. Kalter Schnee, der beim Drüberlaufen knistert, greift beispielsweise besser als nasser, schmieriger Schnee. Das spürt man vor allem direkt nach dem Pflug. Da ist es meist rutschiger als vor dem Pflügen. Schon deshalb ist es wichtig, dank Ketten den Grip zu verbessern. Der Traktor fährt nämlich auf der schmierigen Schicht, auf welcher noch kein Streusalz wirkt. Dieses wird zwar gleichzeitig ausgebracht, aber erst hinten am Traktor.
Bahnt sich der erste Schneefall an, werden die Ketten vorgängig am Traktor montiert. Dabei werden mit Hilfe eines Seils an jedem Rad alle Ketten gleichzeitig aufgezogen, indem der Traktor vorwärts fährt. «Man muss dabei vorsichtig sein, damit die Kette, wenn sie von hinten hochgezogen wird, nicht an Kotflügelteilen hängen bleibt. Am einfachsten geht es, wenn man zu zweit ist. So kann auch jemand die Ausrichtung kontrollieren, damit alle Ketten mittig zu liegen kommen.» Dies dauert rund 30 Minuten.
Die Ketten bleiben dann in der Regel am Traktor montiert. Niklaus Blatter entfernt sie während des Winters nur dann, wenn er für andere Arbeiten längere Distanzen auf einer schneefreier Strasse zurücklegt.
Beim Gespann mit dem Holzrückewagen kommt es öfters zu Kompromissen, wenn die Waldwege vereist, die übrigen Strassen jedoch schwarz geräumt sind. Trotz des erhöhten Verschleisses auf Schwarzbelag kann man die Ketten nicht dauernd rauf und runter nehmen und muss einen Kompromiss eingehen. Allerdings lässt Niklaus Blatter den Traktor manchmal am Einsatzort im Wald stehen, um Verschleiss zu vermeiden. Bei den Ketten handelt es sich um Stachelketten. [IMG 1] Diese sind mit Nocken versetzt, welche sich in Schnee und Eis krallen und für einen guten Grip sorgen. Allerdings wird der Untergrund mit dieser Kettenart intensiv beansprucht und kann im Wald beispielsweise auch zu Verletzungen an Wurzeln führen.
Auf dem Traktor für die Schneeräumung hat Blatter andere Ketten montiert. Dort sorgen Netzketten [IMG 4] für eine besonders intensive Verzahnung mit dem Untergrund, weil zusätzliche Kettenteile verbaut sind. Gegenüber einer Doppelspurkette, welche mit zwei Längsketten mit Querteilen aufgebaut ist, sind hier zusätzliche Kettenteile netz- oder wabenförmig verbaut.
Niklaus Blatter hat die Erfahrung gemacht, dass diese Kette besonders laufruhig ist. In die Kette eingebaut sind Greifstege, welche für zusätzlichen Grip sorgen.
Wenig Reifenprofil, guter Grip
Ketten lassen sich auf den meisten Reifendimensionen aufziehen. Eine Kettengrösse deckt rund vier Reifendimensionen ab. «Am Anfang muss man die Kette anpassen und allenfalls einkürzen», erklärt Marc Wenger. Mit der Wenger & Co. AG in Melchnau BE ist er unter anderem im Reifen- und Kettenhandel tätig. Er empfiehlt, die Kettenart genau den Ansprüchen anzupassen. Eine einfach aufgebaute Doppelspurkette erreicht einen guten Grip, kann beim intensiven Pflugeinsatz allerdings leichter auf dem Reifen seitlich verrutschen als eine Netzkette mit zusätzlichen diagonalen Kettensträngen. Bei den Greifstegen, dem Verschleissteil, welches den Kontakt zum Boden ausmacht, gibt es viele Ausführungen. Auch hier spielt der Einsatzbereich die entscheidende Rolle.
Am meisten Griff haben Ketten dann, wenn sie auf einem Reifen mit wenig Profil aufgezogen wird. So wird mehr Kettenanteil auf den Boden gebracht als bei hohen Profilstollen. Zwischen hohen Stollen können sich Kettenteile verstecken, die dann bei der Kraftübertragung fehlen. Die Kette kann dann nicht ihre ganze Leistung übertragen.
Marc Wenger empfiehlt im Weiteren, die Kette so stark zu spannen, dass man noch eine Faust zwischen Reifen und Kette halten kann. Dadurch entsteht eine Eigenbewegung beim Abrollen, wo der Schnee ausgeworfen wird. Allerdings muss dabei beachtet werden, dass an der engsten Stelle zwischen Reifen und Kotflügel genügend Spielraum besteht. Je höher die Fahrgeschwindigkeit ist, desto mehr muss die Kette gespannt sein.
Beim Reifendruck empfiehlt Marc Wenger einen eher höheren Druck von rund 1,5 bar. Mit wenig Druck walkt der Reifen, dadurch kann er durch die Kette beschädigt werden. Allerdings reduziert ein hoher Druck die Reifenaufstandsfläche, was auch zu weniger Kettenauflage und Traktion führt.