Kurz & bündig
- Mit Videoüberwachung lässt sich die Diebstahlquote senken.
- Das Datenschutzgesetz regelt, was erlaubt ist.
- Wer seinen Hofladen mit einer Videokamera überwacht, darf die Bilder nicht an Unbeteiligte weitergeben.
- Nur die Polizei darf Taschen oder Personen durchsuchen.
Wer seinen Hofladen mit einer Videokamera überwacht, muss dies klar kennzeichnen. «Das kommt bei Kundinnen und Kunden eigentlich gut an», sagt Sibylle Hartmann. Sie ist Präsidentin der IG Direktvermarktung und führt seit rund 20 Jahren Hofläden. Aktuell arbeitet sie im Berner Seeland.
Hartmann hat die Erfahrung gemacht, dass sich die Kundschaft geschützt fühlt. «Portemonnaies, die liegen geblieben sind, konnte ich dank der Überwachung zurückgeben», berichtet sie.
Weniger hohe Umsatzeinbussen dank Kamera
Doch in erster Linie dienen die Kameras dem Schutz vor Diebstählen. Sibylle Hartmann sagt, dass sie Umsatzeinbussen von bis zu 22 Prozent hatte. «Dann ist die Marge dahin und ich verdiene nichts mehr», erklärt sie.
Neben dem finanziellen Schaden sei es auch für die eigene Motivation schlecht: In einen Hofladen investieren die Betreiberinnen viel Zeit und Leidenschaft.
Abhilfe schaffte eine Videokamera samt einem Monitor, welcher die Kasse filmte. Denn Hartmann unterscheidet zwei Gruppen von Dieben: Die einen stehlen gezielt Waren, zum Beispiel Fleisch im Wert von bis zu 300 Franken. Die anderen zahlen zwar, aber massiv zu wenig. «Ich habe schon erlebt, dass jemand 50 Rappen in die Kasse legte, den Laden aber mit einem Sack voller Esswaren verliess», erzählt sie.
[IMG 2] Sie habe Kundinnen und Kunden direkt angesprochen: «Am Anfang hat das viel Mut gebraucht», sagt sie ehrlich. Die Reaktionen seien ganz unterschiedlich gewesen, von Entschuldigungen bis Uneinsichtigkeit.
Mit der Überwachung durch eine Kamera und den Monitor bei der Kasse war Hartmann erfolgreich, sie konnte die Quote der Diebstähle auf unter 10 Prozent drücken.
Datenschutzgesetz regelt den Einsatz von Kameras
Der Einsatz von Videokameras durch Private ist zulässig, wenn bestimmte Bedingungen des Datenschutzgesetzes erfüllt werden. So darf nur das eigene Grundstück überwacht werden, nicht aber das Nachbargrundstück und auch nicht der öffentliche Raum (Strasse oder Trottoir).
Der Rechtsdienst des Berner Bauernverbands schreibt auf Anfrage, dass die Bilder nur so lange wie nötig aufbewahrt werden dürfen. Als Referenz gilt 24 Stunden. Auch dürfen die Bilder nicht an Unbeteiligte weitergegeben werden: Wer also Diebe an den Pranger stellt und Screenshots in seinem Whatsapp-Status teilt, per E-Mail weiterschickt oder auf einem Social-Media-Kanal teilt, handelt widerrechtlich.
Ansehen dürfen sich die Bilder nur die Inhaberinnen von Hofläden und Angestellte. Erlaubt ist natürlich, die Bilder an die Polizei weiterzugeben, um eine Straftat aufzuklären.
Wer Diebe ertappt, muss ruhig bleiben
«Das Sichten von Aufnahmen braucht Zeit», sagt Sibylle Hartmann. Der Aufwand sei nicht zu unterschätzen. Sie habe auch schon Diebe auf frischer Tat ertappt und die Polizei gerufen. Auch das brauche Zeit und sei für sie teilweise frustrierend gewesen: «Für die Polizei sind das Bagatellen, für mich geht es um meinen Lohn.»
Ertappt jemand einen Dieb auf frischer Tat, rät der Rechtsdienst des Berner Bauernverbands vor allem zu Ruhe. Erlaubt sei, darauf zu bestehen, dass die Person im Laden wartet, bis die Polizei vor Ort sei. Nicht zulässig seien hingegen Taschen- oder Personendurchsuchungen, damit mache man sich selber strafbar.
Kasse sichern, Laden über Nacht abschliessen
Sibylle Hartmann hat einiges an Präventionsmassnahmen ausprobiert. Doch von Selbstbedienung zu Bedienung überzugehen, habe Diebstähle nicht komplett verhindert. Hartmann hat die Erfahrung gemacht, dass Selbstbedienungsautomaten gegen Diebe etwas bringen. «Leider verringert sich damit der Kundenkontakt», sagt sie. Ideal sei, wenn jemand einen Hofladen mit einem rund um die Uhr zugänglichen Automaten kombinieren könne. An einem Weiterbildungskurs der IG Direktvermarktung hat die Obwaldner Kriminalpolizei konkrete Tipps gegeben:
- Massive und befestigte Kassen
- Kasse regelmässig leeren
- Bargeldlose Zahlungsmittel
- Den Hofladen über Nacht abschliessen
Sibylle Hartmann hat erlebt, dass die Türe eines Hofladens am helllichten Tag aufgebrochen wurde. «Das bringt Kosten und Umstände mit sich», sagt sie. Der Rechtsdienst des Berner Bauernverbands sagt, dass es in diesem Fall wichtig sei, sofort die Videoaufnahmen zu sichern und abzuwarten, bis die Polizei vor Ort sei, um die Beweise aufzunehmen.
Diebstähle sind belastend. Sibylle Hartmann sagt, dass sie auch schon verhindern musste, in eine Negativspirale zu kommen und überall Diebe zu sehen. «Ich musste aktiv meine Meinung ändern und mir klar werden, dass ganz viele meine Arbeit schätzen», sagt sie versöhnlich.
Das rät die Kantonspolizei Bern
Generelle Präventionstipps gibt die Kantonspolizei Bern nicht, da jeder Laden individuell sei und eine Beratung brauche. Die Sicherheitsberatung der Kantonspolizei Bern bietet dies kostenlos an.
Die Kantonspolizei Bern betont, dass es zulässig sei, eine Kamera zu installieren. Es muss gut sichtbar darauf aufmerksam gemacht werden und es darf nur der Innenbereich gefilmt werden.
Aus Sicht der Kantonspolizei Bern sollte jeder Diebstahl konsequent zur Anzeige gebracht werden, nötigenfalls mit Anzeige gegen Unbekannt. Die Videoaufnahmen aus dem Innenbereich des Hofladens dürften für die Strafermittlung verwendet werden.
Werden Diebe auf frischer Tat ertappt, dürfen diese eigentlich festgehalten werden, bis die Polizei kommt. Bloss betreffen Diebstähle aus Hofläden meistens eine Summe von unter 300 Franken. Dann stellen sie einen geringfügigen Diebstahl dar. Geringfügige Diebstähle sind Übertretungen. Deshalb dürften die Diebe in den meisten Fällen nicht festgehalten werden.
In die Tasche darf nur die Polizei schauen. Rechtlich zulässig wäre es, den Dieb oder die Diebin zu fotografieren – die Bilder dürfen aber nicht veröffentlicht werden.