Kurz & bündig
- Drei Gruppen von Bäuerinnen produzieren rund um Bern regionale «Burechörb».
- Die Frauen verarbeiten Produkte von ihren Betrieben.
- Die Geschenkkörbe haben zum Jahresende hin Hochsaison.
- Wer mitmachen will, ist willkommen – die Oberaargauer Gruppe sucht Produzentinnen.
Ich backe wirklich gerne», sagt Marianne Zaugg und deutet auf den prall gefüllten Kofferraum. Da stapeln sich Plastikboxen mit Meringues, Änis-Chräbeli, Bärner Läckerli und Weihnachtsgebäck. Liebevoll in Zellophan verpackt, sauber etikettiert und beschriftet. Ein Hauch Müdigkeit ist dennoch zu spüren: Von früh morgens bis spät abends steht sie in der Vorweihnachtszeit in ihrer Küche in Wyssachen BE.
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Die Leckereien sind für die «Oberaargauer Bürechörb», Marianne Zaugg hat sie nach Aarwangen zu Doris Wyss gebracht. Auf dem Hof von Doris und Hanspeter Wyss ist die «Burechorb»-Zentrale der Oberaargauer-Frauen angesiedelt.
Doris Wyss verpackt die Produkte in Spankörbe, Säcke oder Boxen – je nach Kundenwunsch. Stets ist Heu dabei, ein liebevoll arrangiertes Sträusschen getrockneter Blumen, ein Anis-Anhänger und natürlich der Flyer, der auf das Angebot hinweist. «Das ideale Geschenk» kommt gerade in diesen Zeiten extrem gut an, in denen wegen Corona reihenweise Geschäftsanlässe abgesagt werden.
Enorm viele Bestellungenbringen enorm viel Arbeit
«Das ideale Geschenk» bringt die zehn Oberaargauer Frauen rund um Marianne Zaugg und Doris Wyss tatsächlich etwas an ihre Grenzen: «Ich komme nicht nur ans Zeit-Limit», sagt Doris Wyss und zeigt auf einen Container, der auf dem Hof in Aarwangen steht. «Langsam wird auch der Platz knapp.» Auch im Keller lagern Heu, Würste und Verpackungsmaterial. Ganz nebenbei erwähnt Doris Wyss, dass Grosis Wohnung voller «Chörbe» sei. Ursprünglich hat sie im Container die Körbe nicht nur kreativ und mit Herzblut gefüllt, sondern auch verkauft.
Mittlerweile verkauft sie in einem extra hergerichteten Raum die Produkte der Produzentinnen aus dem Oberaargau. Der Raum steht den «Burechörb» in Sachen Kreativität in nichts nach: Hell, verspielt, dennoch klar und so einladend eingerichtet, dass es schwer vorstellbar ist, dass jemand rausgeht, ohne nicht mindestens ein Glas Honigsenf, ein Säcklein Weihnachtsgebäck oder gleich einen Korb mit einer Auswahl zu kaufen. Die Laufkundschaft sei nicht zu unterschätzen, sagt Wyss denn auch mit einem gewissen Stolz auf ihre Hof-Boutique.
Drei Gruppen stellen die «Burechörb» her
«Es macht Freude», betonen beide Frauen. Die Hochsaison sei die Ausnahme, übers Jahr verteilt, sei der Aufwand überschaubar. «Mitmachen eignet sich vor allem für Frauen, die auf dem Betrieb mitarbeiten, aber etwas dazu verdienen möchten«, sagt Marianne Zaugg.
Marianne Zaugg ist Sekretärin der Gruppe Oberaargau und Präsidentin der IG Burechorb. Dazu gehören drei Gruppen:
- 15 Produzentinnen im Emmental (Bärner Burechorb Emmental)
- 9 Produzentinnen aus der Region Aare-Gürbetal (Aare-Gürbetal)
- 10 Produzentinnen aus dem Oberaargau (Oberaargauer Burechorb)
Marianne Zaugg und Doris Wyss wären froh, wenn bei ihnen mehr Frauen mitmachen würden. Dennoch haben sie Verständnis, wenn es junge Frauen, die auf einem Hof leben, lieber im angestammten Beruf weiterarbeiten: «Da wissen sie, was sie nach acht Stunden Arbeit verdient haben», sagt Marianne Zaugg. Bei den «Burechörb» sei das schwieriger abzuschätzen.
Ein Betriebszweig, der sich lohnt – der aber anspruchsvoll ist
Für sie ist die Produktion klar ein Betriebszweig, der zur Generationengemeinschaft auf dem Betrieb «Huebershus» gehört. Die Preise werden untereinander ausgehandelt und zwar so, dass alle einverstanden sind. Wie viel die Frauen mit ihren Produkten wirklich verdienen, sei schwierig zu beziffern. Klar sei aber: «Ein Stundenlohn von mindestens 15 Franken muss sein», sagt Marianne Zaugg.
Als gelernte Köchin arbeitet sie effizient, sauberes Produzieren ist ihr absolut vertraut. Denn die Produkte unterliegen dem Lebensmittelgesetz. Die Produzentinnen müssen Buch führen und Selbstkontrolle machen.
Die Produzentinnen werden unangemeldet kontrolliert
Alle drei Jahre gibt es eine unangemeldete Kontrolle. «Das geht übers Reinschauen in die Ordner hinein», sagt Doris Wyss.
Der Kontrolleur nehme Stichproben der Lebensmittel und weise auf Änderungen hin: Neu müssten zum Beispiel die Allergene auf den Etiketten fett gedruckt sein.
Wyss ist die «Tätschmeisterin», bei ihr laufen wörtlich die Fäden zusammen. Sie telefoniert, beantwortet Mails, nimmt Bestellungen entgegen, verpackt und bringt die Körbe zur Post, wenn sie nicht gleich selber ausliefert und dabei Kundengespräche führt.
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Sie schätzt auch die Lage ein. Was auch dazu führt, dass sie auch mal Aufträge ablehnt: «Vor kurzem wollte jemand kurzfristig über tausend Körbe. Da musste ich absagen, wir hatten einfach nicht genügend Material.»
Denn zum Material gehören auch die Körbe, welche in der Werkstatt des Wohnheims der Stiftung Lebensart in Bärau BE hergestellt werden. Wenn es dort einen Engpass gibt, müssen die Produzentinnen auf andere Verpackungen ausweichen.
Gewisse Produkte werden frisch hergestellt. Die Konfitüren zum Beispiel kocht eine der Produzentinnen mit tiefgefrorenen Beeren ein.
Die hohe Qualität der regionalen Produkte sichert den Erfolg der «Burechörb»
«Doch dieser Sommer war die Ernte schlecht», sagt Marianne Zaugg. Daran lasse sich nichts ändern. «Denn zukaufen, das wollen wir nicht», betont Doris Wyss. Der Erfolg der Körbe basiert auf der Qualität der regionalen Produkten und auf Mund-zu-Mund-Propaganda.
Die meisten Aufträge ballen sich zum Jahresenden. Doch manchmal gibt es auch Jahresaufträge: So durften sich die Produzentinnen ein Jahr lang um die Geburtstagsgeschenke einer grossen Firma kümmern und Monat für Monat Pakete auf die Post bringen.
Begonnen hat die Erfolgsgeschichte der «Burechörb» im Jahr 1994, als einige Frauen aus der Region Aare-Gürbetal und dem Emmental einen Kurs zu Direktvermarktung am Inforama Schwand besucht hatten und dort Inspiration zu Geschenkkörben fanden. 1996 kam die Gruppe aus dem Oberaargau dazu. Marianne Zaugg ist seit 2004 dabei, Doris Wyss seit 2016.
Der Erfolg und die Zusammenarbeit motivieren die Frauen
Motiviert sind die Frauen, trotz Stress in der Zaugg’schen Backstube und kalten Füssen im Wyss'schen Container. Nicht nur, weil die Körbe enorm erfolgreich sind. Sondern auch, weil sie den Zusammenhalt in der Gruppe schätzen. Sie mögen es, in der WhatsApp-Gruppe sogar die Stoffe der Verpackungen aufeinander abzustimmen und freuen sich, einander zu sehen.
Zum Beispiel an der «Sichlete» auf dem Bundesplatz oder an einem der Märkte, an denen sie ihre Produkte präsentieren. Dass der Weihnachtsmarkt 2021 in Langenthal kurzfristig abgesagt wurde, bedauern die beiden. Obwohl: «Beim Sturm, der tobte, hätte es weniger Freude gemacht.» Und zu tun haben die beiden auch ohne ein stürmisches Wochenende mehr als genug.
Marianne Zaugg aus Wyssachen BE bringt Meringues, Eierflädli, Bärner Läckerli und eine Kräuterbutter-Salzmischung zur «Burechorb»Zentrale in Aarwangen.
Auf dem Betrieb von Doris und Hanspeter Wyss ist die Zentrale der «Oberaargauer Burechörb». Doris Wyss koordiniert die zahlreichen Aufträge.
Die Schleifen sind einheitlich, das Sträusschen farblich abgestimmt, stets hat es Heu im Korb: Die «Oberraargauer Burechörb» fertigt Doris Wyss mit viel Liebe zum Detail an.
Doris Wyss verpackt die Produkte in Aarwangen in die Spankörbe.
Betriebsspiegel Riedgasse 38
Doris und Hanspeter Wyss, Aarwangen BE
LN: 32 ha
Bewirtschaftung: ÖLN
Kulturen: Kartoffeln, Zuckerrüben, Mais, Getreide und Raps
Tierbestand: Rindermast und Mastkühe
Weitere Betriebszweige: Zentrale vom «Oberaargauer Burechorb»
Arbeitskräfte: Familie und Eltern von Hanspeter Wyss
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Geschenkkörbe aus der Region
Die Produkte der Geschenkkörbe stammen aus der jeweiligen Region. Hergestellt und verpackt werden sie in erster Linie von Bäuerinnen, die in einer Interessensgemeinschaft organisiert sind, die Gruppe Emmental ist eine Genossenschaft. Was nicht von den Bäuerinnen selbst hergestellt wird, stammt von regionalen Lieferanten. Die Körbe sind so beliebt, dass der «Bärner Burechorb» der Gruppe Emmental seit Mitte Dezember 2021 keine Bestellungen mehr entgegen nehmen konnte.
Betriebsspiegel «Huebershus»
Generationengemeinschaft Thomas, Marianne und Matthias Zaugg, Wyssachen BE
LN: 19,5 ha
Bewirtschaftung: ÖLN
Kulturen: Kartoffeln, Futterweizen, Futterrüben, Futterbau
Tierbestand: 27 Kühe, 20 Abferkelplätze (AFP-Ring), 280 Ferkelplätze, etwa 10 Aufzuchtrinder
Weitere Betriebszweige: Marianne Zaugg macht beim «Oberaargauer Burechorb» mit.
Arbeitskräfte: Thomas und Marianne Zaugg, Matthias Zaugg
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