Kurz & bündig
- Seit zwei Jahren produziert Philipp Müller Biopoulets.
- Der Betriebszweig gefällt ihm, er schätzt die Flexibilität und Planbarkeit.
- Produziert werden die Poulets im Vertrag. Dabei profitiert Müller von der Expertise des Abnehmers.
«Das Melken war einfach nicht so meins», sagt Landwirt Philipp Müller. Als er den Milchvieh- und Ackerbaubetrieb in Grosswangen LU von seinem Vater übernahm, überlegte er sich daher, wie er in Zukunft weitermachen wollte. Er (39) und seine Frau Rebekka (37) setzten sich mit einem Berater des BBZN zusammen und diskutierten Alternativen. Die Rede war dabei von einer Umstellung auf biologische Produktion, von Mutterkühen – und von der Pouletproduktion.
«Der Berater präsentierte uns die Vollkostenrechnungen verschiedener Varianten. Da überzeugte die Geflügelhaltung durch die Wirtschaftlichkeit und die steigende Nachfrage von Schweizer Pouletfleisch», erzählt Philipp Müller. Es war aber klar, dass sie damit nur beginnen wollten, wenn sie auch auf Bio umstellten. Dies aufgrund der moderaten Investitionskosten. Doch später mehr dazu.
Die mobilen Ställe brauchen 2 ha Platz auf ebener Weide
«Die immer schwieriger werdende Spritzmittel- und Düngersituation veranlasste uns am Ende dazu, uns für Bio und damit auch für die Pouletproduktion zu entscheiden», sagt Philipp Müller. Nach den ersten beiden Umstellungsjahren produzieren Müllers 2024 nun im ersten Jahr als Vollknospe-Betrieb und sind zufrieden mit den bisherigen Erfahrungen. Die Milchkühe haben sie verkauft. Die somit wegfallenden Nährstoffe in der Suisse Bilanz erlaubten, die Anzahl Weiderinder zu erhöhen sowie in 2700 Mastplätze für Mastgeflügel zu investieren. Für Letztere braucht es:
- einen Vormaststall, den Müllers in eine bestehende Remise integrierten. Im gleichen Gebäude befindet sich eine Schnitzelheizung. Auf kurzem Weg, mit eigenem Holz und recht günstig kann so die Bodenheizung für die Küken betrieben werden. Die zusätzlichen Heizstrahler braucht es insbesondere im Winter – während im Sommer an vielen Tagen darauf verzichtet werden kann.
- zwei Hektaren halbwegs ebene Weide. Denn die sechs mobilen Ställe beanspruchen je 800 Quadratmeter (Stall und Weide). Weil die Ställe nach jedem Umtrieb versetzt werden müssen, braucht es vier Weideflächen, die abwechslungsweise zur Verfügung stehen.
- sechs mobile Ställe, die alle mit Strom für Licht und Lüftung sowie mit Wasser versorgt werden müssen. Einmal im Jahr, bestenfalls im Winter, dürfen die Ställe zwei Umtriebe hintereinander stehen bleiben. Müller hat deshalb zu seinen «Winter-Stellplätzen» Wasserleitungen verlegt, die bei einem Schacht enden. Von dort aus leitet er das Wasser dann weiter zu den übrigen Standorten. Auch den Strom hat er an eine zentrale Stelle geleitet, von wo aus er die Kabel zieht.
- einen Bewirtschaftungsweg, an dem die Ställe stehen und auf dem der Hoflader oder auch der Tiertransporter fahren kann. «Idealerweise würden wir die Ställe entlang einer Strasse stellen. Aber bei uns war die Strasse dafür zu kurz», erklärt Philipp Müller.
Arbeitsspitzen sind planbar und Unterstützung ist organisiert
Die Hühner erlauben ihnen eine gewisse Flexibilität in den Arbeitszeiten. Die tägliche Routinearbeit beschränkt sich auf je rund 30 Minuten am Morgen und Abend (mobile Ställe und Vormaststall), schätzt er. Er öffnet als Erstes die Luke nach draussen. Dann kontrolliert er das Wasser, das Futter, die Einstreu und das Wohlbefinden. «Die Gesundheit ist sehr gut. Ich musste noch nie medizinieren.»
Bei der Fütterung studiert er allerdings noch an Automatisierungen herum: «Im mobilen Stall muss ich zwei bis drei Mal pro Woche Futter von Hand nachfüllen. Das sind pro Umtrieb neun bis zehn Tonnen Futter, die ich bewege.»
Nebst den täglichen Stallgängen kommen Arbeitsspitzen hinzu: «Eine davon ist das Ausstallen der Hühner. Der Termin ist aber schon lange bekannt und ich kann Helfer aufbieten», sagt Philipp Müller. Idealerweise sind sieben bis acht Personen vor Ort. So verladen sie die Tiere in 75 Minuten in die Kisten und auf den Lastwagen.
Nach dem Ausstallen müssen die mobilen Ställe gezügelt werden. Auch hier wollte Müller Flexibilität gewinnen. Einerseits, weil er durch seine auswärtige Arbeit (40 Prozent) eingeschränkt wird. Andererseits, um möglichst bei trockenen Bedingungen zügeln zu können, um die Grasnarbe zu schonen. Müller liess den Vormaststall daher extra grösser bauen, inklusive Aussenklimabereich. So kann er die Hühner im Alter von 28 Tagen (statt üblichen 21 Tagen) umstallen.
Er hat somit insgesamt zwei Wochen Zeit, die leeren Ställe zu waschen, die Zäune abzuräumen, den Standort der mobilen Ställe zu wechseln und anschliessend die Zäune wieder aufzubauen. Dabei – wie auch bei anderen Arbeiten – erhält Müller Unterstützung von seinem Vater.
Vertragsproduktion schränkt ein – aber bietet auch Expertise
In den neuen Betriebszweig Pouletproduktion kann nur einsteigen, wer mit einem Abnehmer einen Vertrag abgeschlossen hat (zur Übersicht: Seite 61). Müllers fragten an bei Bell, Coop, deren Schlachthof in Zell und somit ganz in der Nähe liegt. Sie waren insbesondere zu Beginn froh um die enge Betreuung, erinnert sich Rebekka Müller. «Schliesslich hatten wir keine Erfahrung mit der Hühnerhaltung.»
Man profitiert von der Expertise des Integrators – ist aber gleichzeitig in der unternehmerischen Freiheit eingeschränkt. Produktionsplanung oder Futterwahl liegen beim Integrator. «Das hat auch Vorteile. Man muss sich dessen einfach bewusst und bereit dazu sein», sagt Philipp Müller.
Nachdem der Abnehmer gefunden war, reichten sie das Baugesuch ein. Nach der erfolgreichen Bewilligung investierten sie 140'000 Franken in die sechs mobilen Ställe. Zusammen mit der Wasser- und Stromversorgung, dem Vormaststall mit dem Aussenklimabereich und dem Futtersilo beliefen sich die Gesamtkosten auf 300'000 Franken. Das ist ein Betrag, der verglichen mit anderen Betriebszweigen tief ist. Gleichzeitig sind die Preise für das Pouletfleisch stabil. «Dieser Betriebszweig ermöglicht mir ein recht sicheres Einkommen mit einem guten Stundenlohn», fasst Philipp Müller zusammen.
Den Betriebszweig gewechselt zu haben, bereuen sie jedenfalls nicht – im Gegenteil, wie Rebekka Müller sagt. Ihr Mann ergänzt: «Ich bin flexibler als beim Melken. Es schafft mehr Lebensqualität, da ich durch die erhöhte Flexibilität mehr Familienzeit geniessen kann.» Die Hühner seien ausserdem sehr beliebt bei ihren drei Kindern (6, 4 und 1). Und auch Philipp Müller gefällt die Arbeit mit dem Federvieh.
Betriebsspiegel der Familie Müller
Rebekka und Philipp Müller, Grosswangen LU
LN: 22,5 ha und 2,5 ha Wald
Label: Produktion nach den Richtlinien von Bio Suisse
Kulturen: Weizen, Urdinkel, Gerste-/Eiweisserbse-Gemisch, Mais, Luzerne
Tierbestand: 32 Weidebeef, 2700 Mastplätze Geflügel
Arbeitskräfte: Philipp Müller, Vater Alois Müller (ca. 60 %), Aushilfen beim Hühnerladen und -ausstallen
Produktionszahlen Geflügel
Anzahl Mastplätze: 2700
Umtriebe pro Jahr: 7,5
Masttage pro Umtrieb: 63 Tage
Gewicht der Tiere beim Ausstallen: 1600 bis 1800 g
Rasse: Hubbard. Momentan als Versuch: Bruderhähne einer Zweinutzungsrasse