Kurz & bündig
- «Strahlenpilz» (Gesäugeaktinomykose) verursacht Umfangsvermehrungen an der Gesäugeleiste.
- Ohne gezieltes Unterbinden von neuen Ansteckungen breiten sich die Krankheitserreger im Bestand aus.
- Nebst der konsequenten Ausmerzung betroffener Tiere sind eine gute Stallhygiene und das Zähneschleifen wichtig.

Nach dem Absetzen der Saugferkel traten bei einzelnen Muttersauen eines Zuchtbetriebes Probleme mit geschwulstartigen Umfangsvermehrungen an der Gesäugeleiste auf. Die Umfangsvermehrungen waren unterschiedlich gross, zum Teil knotig-verhärtet, zum Teil fest-elastisch und zum Teil mit eiternden Fistelgängen.

Bei jedem Absetzen waren mehr Muttersauen von diesem Problem betroffen. Zum Zeitpunkt des Betriebsbesuches durch die Tierärztin des Suisag-SGD hatte ein Drittel der Muttersauen solche Veränderungen an der Gesäugeleiste.

Beim Betrieb handelt es sich um einen Label-Zuchtbetrieb mit 25 Muttersauen und einem Eber. Die Säugezeit liegt bei sechs Wochen, nach drei Wochen werden die Tiere ins Gruppensäugen umgestallt.

Im Gruppensäugen sind zwei bis drei Muttersauen mit ihren Würfen in einer Bucht zusammen eingestallt. Als Einstreu wird in allen Bereichen Stroh verwendet. Abferkel- und Absetzstall werden regelmässig nach jedem Umtrieb kalt gereinigt. Eine Desinfektion erfolgt nicht.

Im Galtstall wird die Auslauffläche regelmässig gereinigt. Der Galtstall wird einmal jährlich kalt gereinigt, ohne Desinfektion. Der Liegebereich ist eine Strohmatratze und wird ein bis zwei Mal jährlich und nach Bedarf erneuert.

Welche möglichen Ursachen kommen infrage?

Nach der Untersuchung betroffener Sauen kann die Tierärztin verschiedene Erkrankungen des Gesäuges ausschliessen. Gemeinsam mit der Diagnose spricht sie gezielte Empfehlungen aus (siehe Checkliste).

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Eine Ursache für eine Umfangsvermehrung am Gesäuge kann zum Beispiel ein Bluterguss sein. Dabei kommt es etwa durch einen Stoss (Gewalteinwirkung) zu Blutungen in der Unterhaut, da die Blutgefässe verletzt werden.

Das Gewebe ist geschwollen, schmerzhaft und fest-elastisch. Der Bluterguss ist zum umliegenden Gewebe nicht gut abgrenzbar und es fliesst kein Eiter ab. Somit kann ein Bluterguss als mögliche Ursache ausgeschlossen werden.

Eine chronische Gesäugeentzündung...

Eine weitere Möglichkeit wäre eine chronische Gesäugeentzündung (Mastitis). Hierbei ist das Gewebe meist geschwollen, fest-elastisch bis verhärtet und schmerzhaft. Betrifft die Entzündung nur einen einzelnen Milchdrüsenkomplex, ist sie gut abgrenzbar. Ausserdem ist die Konsistenz nicht knotig.

Somit kommt auch eine Gesäugeentzündung nicht als mögliche Ursache infrage. Es sind nicht nur einzelne Milchdrüsenkomplexe, sondern die gesamte Gesäugeleiste betroffen.

... oder ein Abszess...

Ein Abszess stellt ebenfalls eine mögliche Ursache für eine Umfangsvermehrung am Gesäuge dar. Hierbei handelt es sich um eine umkapselte Eiteransammlung, die durch entzündliche Gewebseinschmelzung entsteht. Auch hier ist das Gewebe geschwollen, je nach Altersstadium kann der Abszess sehr schmerzhaft sein und es kann Eiter abfliessen.

Aufgrund der Kapsel ist der Abszess gut zum benachbarten Gewebe abgrenzbar. Die Konsistenz ist jedoch meist weich-elastisch. Auch hierzu passen die im Bestand beobachteten Symptome (fest-elastische bis knotig-verhärtete Umfangsvermehrungen mit eiterabsondernden Fistelgängen) nicht.

... oder doch ein «Strahlenpilz» als Ursache?

Eine weitere Ursache für eine Umfangsvermehrung im Bereich der Gesäugeleiste kann ein «Strahlenpilz» (Gesäuge-Aktinomykose) sein. Hierbei kommt es zu rundlichen, zum Teil unregelmässig geformten Umfangsvermehrungen in der Unterhaut eines oder mehrerer Milchdrüsenkomplexe. Diese können eine unterschiedliche Grösse erreichen, von erbsen- bis kindskopfgross.

Die Veränderungen sind meist nicht schmerzhaft und von derber bis knotiger Konsistenz. Zum Teil können die Veränderungen rundliche Hautverletzungen oder Fistelgänge aufweisen, aus denen Eiter austreten kann.

Im geschilderten Fallbeispiel ist in Abgrenzung zu den drei anderen Krankheitsbildern (chron. Mastitis, Abszess, Aktinomykose) aufgrund der klinischen Befunde die Aktinomykose am wahrscheinlichsten.

Wie entsteht ein Strahlenpilz (Gesäuge-Aktinomykose)?

Typischerweise entsteht die Gesäuge-Aktinomykose durch Bissverletzungen beim Säugen der Ferkel. Dadurch gelangen Erreger in das Unterhautgewebe eines Milchdrüsenkomplexes und können sich dort vermehren.

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Von dieser zentral liegenden Keimansammlung verteilen sich die Erreger in einem typischen Muster, nämlich sternförmig, was auch zu dem umgangssprachigen Begriff Strahlenpilz geführt hat.

Hat eine Muttersau Strahlenpilz, wird der Erreger über die Fistelgänge in der Umgebung gestreut und somit kann er sich langsam, aber sicher, im Bestand ausbreiten.

Was kann der Tierhalter tun?

TiereSchweinegesundheitsdienstMittwoch, 14. Juni 2023 Aufgrund der schlechten Erfolgsquote bei einer chirurgischen oder antibiotischen Therapie wird das konsequente Ausmerzen betroffener Tiere empfohlen, da die Rückfallgefahr relativ hoch ist. Ausserdem verbreiten erkrankte Tiere die Erreger im Stall und die Gefahr von neuen Ansteckungen ist hoch. 

Deshalb sollte der Schwerpunkt auf der Prophylaxe liegen, so dass es gar nicht zu dem Krankheitsbild kommen kann.

In unserem Fallbeispiel wurden die betroffenen trächtigen Tiere zuerst isoliert, um eine weitere Streuung des Erregers zu verhindern. Im Liegebereich der Galtsauen wurde das Stroh komplett entfernt, um diesen dann heiss reinigen und desinfizieren zu können. Danach wurde wieder mit frischem Stroh, unter welches Desinfektionskalk gemischt wurde, eingestreut. Als weitere Massnahme wurde Zähne schleifen bei den Saugferkeln eingeführt. Dabei muss darauf geachtet werden, dass nur die Zahnspitze abgerundet wird. Dies sollte auch direkt, nach dem Schleifen kontrolliert werden, um Verletzungen am Gesäuge und den Erregereintritt zu vermeiden.

Ausserdem werden jetzt regelmässig die Gesäugeleisten nach dem Absetzen bzw. vor dem Belegen, auf Verletzungen und Umfangsvermehrungen abgetastet. Muttersauen an deren Gesäugeleiste geschwulstartige, derb-elastisch bis knotige Umfangsvermehrungen auftreten werden von nun an ausgemerzt. Seit im betroffenen Betrieb diese Vorgehensweise konsequent durchgeführt wird, sind die Neuinfektionen sehr stark zurückgegangen.