Seit rund zwei Jahren entwickelt die Gruppe Tiergenomik der ETH Zürich gemeinsam mit dem Institut für Genetik der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern und der Qualitas AG, dem Schweizer Kompetenzzentrum für Zuchtwertschätzung, praxistaugliche Werkzeuge zur Verbesserung der Tiergesundheit. Das Projekt Swisscow 2.0 wird vom Bundesamt für Landwirtschaft und der Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Rinderzüchter gefördert.
Bislang wurden über 230 000 Schweizer Rinder genetisch untersucht, um ihre genomischen Zuchtwerte zu schätzen. In diesen umfangreichen Daten suchen die Forschenden nach Mustern, die auf Genomregionen hinweisen, die in reinerbiger Form zu Verlusten innerhalb der Aufzuchtperiode oder zu bislang unerkannten Problemen in der weiteren Entwicklung führen. Die betroffenen Tiere werden veterinärmedizinisch untersucht, um die Ursachen der erhöhten Abgänge besser zu verstehen. Zudem werden deren Genomsequenzdaten auf ursächliche Genvarianten analysiert.
Auf Basis dieser Erkenntnisse entwickeln die Forschenden neue Gentests. So kann verhindert werden, dass in Zukunft reinerbige Tiere mit unerwünschten genetisch bedingten Störungen geboren werden. Diese neuen Selektionswerkzeuge stärken die Tiergesundheit, erhöhen das Tierwohl und verbessern die Wirtschaftlichkeit der Schweizer Rinderzucht nachhaltig.
Kommentar von Dr. Silvia Wegmann, Genetikerin beiSwissgenetics: Mit Gentests zu mehr Tiergesundheit [IMG 2]
Swissgenetics untersucht Stierkälber vor dem Ankauf auf alle bekannten genetischen Defekte. Träger von bedeutenden Defekten werden in der Regel nicht angekauft. Somit tragen sie nicht zum Genpool der nächsten Generation bei.
Mittels Online-Paarungscheck berechnen BesamungstechnikerInnen oder ZüchterInnen vor der Anpaarung das Risiko für alle bekannten Erbfehler. In wenigen Sekunden werden die Ahnen in der Herdebuch-Datenbank über mehrere Generationen abgesucht. Risikopaarungen werden mit einer Ampel angezeigt und können so vermieden werden.
Tauchen neue genetische Defekte auf, werden alle wichtigen KB-Stiere (Tiere, die speziell für die künstliche Besamung ausgewählt wurden) der letzten Jahre nachtypisiert, damit die Datenbank immer aktuell ist. Swissgenetics bewahrt zu diesem Zweck Dosen aller verkauften Stiere über Jahrzehnte auf.
Die Anwendung der neu entwickelten Gentests verbessert also nicht nur die Tiergesundheit, sondern fördert auch die Wirtschaftlichkeit der Tierzucht auf entscheidende Art und Weise.