Kurz und bündig
- Eine Ketose tritt bei Milchkühen häufig anfangs Laktation auf, aufgrund eines Energiemangels.
- Oft ist eine falsche Fütterung der Galtkuh der Grund.
- Romy Schwab und Urs Dummermuth führen zwei unterschiedliche Betriebe. Beide legen ihr Augenmerk auf die Galtkühe.
- Niacin, Cholinchlorid und L-Carnitin (Futterzusatzstoffe) können zur Unterstützung des Stoffwechsels in der Transitphase verfüttert werden.
- Propylenglykol sollte nur bei akuter Ketose verabreicht werden.
Im Stall von Romy Schwab in Kallnach BE steht Swiss Fleckvieh neben einer Braunen, es hat Holstein- und Red Holstein-Kühe und ganzen hinten sind drei Jersey am Wiederkäuen. «Die Jersey habe ich gekauft, weil sie kleiner sind und daher gut in den niedrigen Anbindestall passen», erklärt Schwab. Sie führt den Betrieb in einer Generationengemeinschaft mit ihrem Vater Hans.
Der Stall ist ihr Bereich. Im Moment ist sie dabei, die Eigenremontierung wieder aufzunehmen. «In den letzten Jahren hatten wir damit aufgehört und haben stattdessen zugekauft. Dadurch sind viele verschiedene Rassen zusammengekommen», erklärt Schwab.
Romy Schwab füttert ihre Kühe nach «altem System»
Das bringt einige Herausforderungen mit sich, auch in der Fütterung. Denn nicht alle Rassen haben dieselben Ansprüche. Mittlerweile weiss Romy Schwab, dass sie die Swiss Fleckvieh vor dem Trockenstellen länger melken muss: «Andernfalls verfetten sie in der Galtphase.»
Schwab schiebt eine Schubkarre, gefüllt mit Grassilage, und beginnt, den Tieren das Futter in die Krippe zu gabeln. «Wir machen die Fütterung noch nach altem System», sagt Schwab und lacht. Im Stall bekommen die Kühe zur Hälfte Grassilage und zur Hälfte Maissilage vorgesetzt. Das gesamte Futter wird auf dem eigenen Betrieb produziert. Zusätzlich lässt Schwab die Tiere auf die Weide.
Verdacht auf Ketose: Mehrmals den Urin getestet
Die Fütterung ist ein zentrales Thema, wenn es um das Trockenstellen der Kühe geht. In dieser entscheidenden Phase müssen die Tiere auf die bevorstehende Abkalbung vorbereitet werden, ansonsten können Stoffwechselkrankheiten wie die Ketose auftreten (siehe Kasten).
Ketose
Ketose tritt auf, wenn die Kuh in einem Energiedefizit steckt. Dies ist bei Milchkühen häufig anfangs Laktation der Fall: Die Milchproduktion steigt, während die Futteraufnahme erst zögerlich zunimmt. In der Folge baut die Kuh Fettreserven ab, um Energie zu gewinnen. Beim Fettabbau entstehen Ketonkörper. Diese liefern zwar Energie, können aber auch zu vermindertem Futterverzehr und selten zu nervösen Symptomen führen. Ausserdem geht die Milchleistung zurück.
Ketonkörper können im Urin oder im Blut gemessen werden.
Die beste Vorbeugung gegen Ketose ist die angepasste Fütterung der Galtkuh. Sie sollte dabei weder abmagern noch verfetten. Denn eine fette Kuh hat nach der Abkalbung einen reduzierten Appetit und frisst weniger.
Betriebsspiegel der Familie Schwab
Romy und Hans Schwab, Kallnach BE
LN: 42 ha, ÖLN und IP Suisse
Kulturen: Mais, Kunstwiese, Zuckerrüben, Kartoffeln, Brotweizen, Futtergerste
Tierbestand: 23 Milchkühe verschiedener Rassen
Arbeitskräfte: Romy und Hans Schwab (Generationengemeinschaft). Romys Bruder Michel ist angestellt.
«Den Ketonkörper-Gehalt im Urin der Kühe habe ich schon ein paar Mal selbst gemessen. Ich hatte einen Verdacht auf Ketose, der sich aber nie bestätigte», erzählt Romy Schwab. Eine akute Ketose sei in ihrem Stall nicht ein Problem. «Aber ich denke, dass einige Kühe ab und zu in einem leichten Energiedefizit stecken», so die Landwirtin.
Besamung klappte gleich beim ersten Mal
«Wir hatten in den letzten Jahren öfter Probleme mit der Fruchtbarkeit», erzählt sie weiter. Fruchtbarkeitsprobleme können aufgrund von Stoffwechselkrankheiten auftreten. Haben also die Kühe zu Beginn der Laktation ein Energiedefizit, das zur Ketose führt, kann das Fruchtbarkeitsprobleme nach sich ziehen. «Jedenfalls schaue ich jetzt genauer auf die Fütterung der Galtkühe», sagt Romy Schwab. Konkret reduziert sie die Energie in der Ration der Galtkühe. Das bedeutet: «Im Sommer müssen diese Kühe die alten Weiden putzen. Im Winter werden sie in von Rest der Herde separiert und bekommen zum grossen Teil Ökoheu zu fressen», so Schwab.
Seit sie ausserdem beim Anfüttern vor der Geburt sowie nach der Abkalbung konsequent einen Starter-Zusatz verfüttere und darauf achte, dass die Nachbarkuh nichts wegschlecke, habe sich die Fruchtbarkeit in der Herde tatsächlich verbessert, stellt Schwab fest. «Die eine Kuh musste ich letztes Jahr fünf Mal besamen lassen. Dieses Jahr hat es gleich auf Anhieb geklappt», sagt die Landwirtin zufrieden. Die verbesserte Fruchtbarkeit ist ein gutes Zeichen dafür, dass die Fütterung nun besser zu den Energiebedürfnissen ihrer Kühe passt.
Urs Dummermuth lässt den Roboter füttern
Die Fütterung der Galtkühe ist auch bei Urs Dummermuth zentral – auch wenn diese Fütterung etwas anders organisiert ist als bei Schwab. Auf seinem Milchviehbetrieb in Greng FR hat Dummermuth die Fütterung und die Melkerei automatisiert.
Neben dem Melkroboter ist der Lely-Fütterungsroboter «Vector» der zweite wichtige Helfer auf dem Betrieb. Der «Vector» besteht zum einen aus einer Greifzange, die über Schienen hoch an der Decke fährt und sich verschiedene Komponenten der Totalmischration TMR zusammensucht. Der andere Teil des Roboters ist der Mischwagen, in den die Zange die Futtermittel fallen lässt. Ist die gesamte Ration angemischt, fährt der Wagen hin zum Futtertisch und legt neues Futter nach.
Betriebsspiegel der Familie Dummermuth
Bea und Urs Dummermuth, Greng FR
LN: 70 ha, ÖLN
Kulturen: Kunstwiese, Mais, Ökowiese und Weide
Tierbestand: 120 Holstein-Kühe
Arbeitskräfte: Bea und Urs Dummermuth, zwei Aushilfskräfte
Galtkühe stehen in einem anderen Stall
Der Roboter liefert rund zehn Mal am Tag frisches Futter. Alle 40 Minuten fährt er ausserdem den Stallgang entlang und stösst den Kühen das weggestossene Futter hin. Im Laufstall hält Urs Dummermuth nur seine Milchkühe. Die Galtkühe trennt er beim Trockenstellen von der restlichen Herde. «Die Galtkühe sind die wichtigsten Tiere auf meinem Hof. Sie beobachte und betreue ich am intensivsten», sagt Dummermuth. Um sie zu füttern, fährt der Futterroboter sogar einmal quer über den Platz, in den anderen Stall, in den die trockengestellten Tiere kommen.
Dort machen die Galtkühe sechs Wochen Ferien, erklärt Dummermuth mit einem Augenzwinkern. Sie werden nicht gemolken und können den ganzen Tag auf die Weide – wobei die gemolkenen Kühe Letzteres auch können. Wichtig ist, dass die Galtkühe die genau richtige Menge Futter zu sich nehmen, so dass sie nicht verfetten, aber eben auch nicht abmagern.
Um diese Balance in der Fütterung zu halten, unternimmt der Futterroboter eine Extrafahrt über den Platz. Denn Urs Dummermuth verfüttert seinen Galtkühen eine andere, klar reduzierte Ration. Oder wie er es nennt: «Ich verdünne das Mais mit Heu und senke so den Energiegehalt.»
Propylenglykol und andere Wirkstoffe gegen Ketose
Zwei Wochen vor dem Kalben werden die trächtigen Tiere wiederum gezügelt, vom «Ferien»-Stall in die mit Stroh eingestreute Abkalbebox. Ab diesem Zeitpunkt werden die Kühe wieder angefüttert, damit sie für die Kalbung und die anschliessende Milchproduktion genügend Energie haben. Im Anfüttern inbegriffen ist der gleiche Starter-Zusatz, den Romy Schwab verwendet. Dieses Futter enthält schnell verfügbare Energie. Zusatzstoffe unterstützen zudem den Energiestoffwechsel, was die Leber – im Gegensatz zum weit verbreiteten Propylenglykol – entlastet, erklärt Maya Schmid von Multiforsa (siehe Kasten). Urs Dummermuth setzte lange Propylenglykol ein, und zwar systematisch bei jeder Kuh, egal wie schwerwiegend ihr Energiedefizit war. Konkret verabreichte er der frisch gekalbten Kuh bei ihren Besuchen im Melkroboter jeweils einen halben Liter Propylenglykol, und das über drei bis vier Wochen hinweg.
Heute hat er diese Menge auf einen Deziliter reduziert. Zusätzlich erhält die Kuh den Starter-Zusatz, den sie bereits aus der Anfütterung von vor der Kalbung kennt.
Propylenglykol
Propylenglykol (PG) ist ein Alkohol, welcher der Kuh hilft, Glukose aufzubauen und damit den Energiemangel zu verkleinern. PG sollte nicht vorbeugend verabreicht werden, heisst es beim Rindergesundheitsdienst auf Anfrage. Es helfe bei akuter Ketose. Wenn es jedoch prophylaktisch breit eingesetzt würde, schade PG der Pansenflora.
Bei gezielter Anwendung trägt PG zur verbesserten Gesundheit der Kuh sowie guter Milchleistung bei.
Eine Alternative zu prophylaktischen PG-Gaben seien Stoffe wie Niacin, Cholinchlorid und pansengeschütztes L-Carnitin, schreibt Multiforsa in einer Mitteilung. Diese Wirkstoffe optimierten die Verstoffwechselung von Fettsäuren und den Stoffwechselprodukten der Leber, was die Leber entlaste.
Gutes Zeichen: Kühe fressen nach Abkalben rasch und genug
Mit der Fütterung ist Urs Dummermuth zufrieden – und sie ist ihm wichtig: «Eine gute Fütterung hält die Kühe gesund. Meine Kühe fressen nach der Kalbung gleich wieder erfreuliche Mengen. Ihre Milchleistung geht auch schnell nach oben, sie geben nach zehn Tagen bereits zwischen 55 und 60 Liter Milch am Tag.»