Kurz & bündig
- Antibiotikaresistenzen der Krankheitserreger bedrohen die Gesundheit von Mensch und Tier.
- Der Antibiotikaeinsatz im Stall wird seit 2019 aufgezeichnet.
- Noch 2024 soll ein Vergleich des Antibiotikaeinsatzes beim Milchvieh kommen.
Kennen Sie Abidat? Wenn nicht, gehören Sie laut einer Umfrage der Schweizer Agrarmedien AG zur Mehrheit der Tierhalter. Denn rund 80 Prozent der Bäuerinnen und Bauern, die sich in der Umfrage äusserten, haben noch nie davon gehört. Abidat ist eine Datenbank, die es den Landwirtinnen und Landwirten ermöglicht, den Antibiotikaverbrauch in ihrem Stall zu überwachen und zu vergleichen. Dieses Instrument soll helfen, den Einsatz von Antibiotika zu senken und damit Resistenzen zu vermeiden.
Aufzeichnungen sind wichtig, um gegen Resistenzen anzutreten
Antibiotika sind für die Behandlung von unzähligen bakteriellen Krankheiten unverzichtbar. Sie entwickeln durch ihre breite Anwendung jedoch auch Resistenzen und verlieren dadurch teilweise ihre Wirkung. Dies zu verhindern, ist das Ziel der nationalen Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR). Seit 2016 setzt sich der Bundesrat mit dieser Strategie dafür ein, dass Antibiotika auch in Zukunft für Mensch und Tier wirksam bleiben.
Als eine der Umsetzungsmassnahmen erfassen seit 2019 Tierärztinnen und Tierärzte alle Verschreibungen von Antibiotika in einer Datenbank, dem Informationssystem Antibiotika in der Veterinärmedizin (IS ABV). Es wurde die Grundlage geschaffen, dass nun auch Tierhalterinnen und Tierhalter die Daten zu ihren Tieren einsehen können. Diese Daten aus IS ABV stehen in der Antibiotika-Datenbank Abidat seit März 2022 als detaillierte Tabellen und Übersichtsgrafiken digital zur Verfügung. Die Nutztierhaltenden können nun überprüfen, ob ihre Daten aus IS ABV mit ihren eigenen Aufzeichnungen übereinstimmen und allfällige Differenzen direkt mit ihrem Tierarzt oder ihrer Tierärztin klären.
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Benchmark: Ein Vergleichswert soll sensibilisieren
Ein zentraler Bestandteil zur Förderung von Abidat ist die Einführung eines Benchmarks. Dieser Vergleichswert zeigt Tierhaltern, wie ihr Verbrauch im nationalen Vergleich abschneidet. Ein solcher Benchmark hat sich in skandinavischen Ländern als effektives Mittel erwiesen, um den Antibiotikaverbrauch zu reduzieren.
In der Schweiz sollte der Benchmark bereits 2022 eingeführt werden, doch technische Hürden verzögerten die Umsetzung. Nachdem im Bereich des Geflügels erste Vergleichsdaten veröffentlicht wurden, sollen noch in diesem Jahr auch Daten beim Rindvieh aufgeschaltet werden. Insbesondere beim Milchvieh und bei den Kälbern verspricht sich das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) eine Sensibilisierung – denn hier ist der Verbrauch anhaltend hoch.
Die Erfahrungen bei Bauern fallen unterschiedlich aus
Ulrich Fahrni aus Rumisberg BE nutzt das elektronische Behandlungsjournal (EBJ) für seine Schweine, hat aber Abidat für Rinder noch nicht eingesetzt, da er seinen Betrieb nicht vergleichen kann. «Wo es Sinn macht, versuchen wir unsere Tiere homöopathisch zu behandeln. Wir hoffen, dass unser Antibiotikaverbrauch unter dem Durchschnitt liegt», sagt Fahrni.
Thomas Wüthrich aus Sonterswil TG hat auf Anfrage zwar von Abidat gehört, arbeitet jedoch mit einem Programm des Zuchtverbandes. «Wenn ich sehe, dass eine Kuh wiederkehrend behandelt werden musste, kann es auch sein, dass ich sie aus dem Bestand nehme», erklärt Wüthrich. Auf den Einsatz von präventiv eingesetzten Antibiotika, wie Trockensteller, verzichtet der Thurgauer.
Noch nie von Abidat gehört hat Roger Graber aus Horrenbach BE. Sein Antibiotikaverbrauch sei ohnehin sehr gering. «Wir haben keine Hochleistungstiere und unser Antibiotikaverbrauch war eigentlich immer tief», so Graber.
Auflistung nach Kategorie, Behandlungsgrund und Präparat
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Ausblick: Wohin geht es mit der Datenbank?
Mit dem neuen One-Health-Aktionsplan StAR 2024–2027 will der Bundesrat weitere Fortschritte erzielen. Dagmar Heim vom BLV betont die Notwendigkeit, diese Instrumente flächendeckend anzuwenden: «Durch den Benchmark und Abidat erhalten Tierhalter wertvolle Werkzeuge, um ihren Antibiotikaverbrauch zu optimieren und Resistenzen zu bekämpfen.»
Die Gesundheit von Tieren in der Schweiz soll laut Bund insgesamt verbessert werden, indem präventive Massnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Tiergesundheit gefördert werden. Hier spielt gemäss Dagmar Heim auch die Biosicherheit eine entscheidende Rolle (siehe Kasten). Nicht nur betreffend die Resistenzen, sondern auch, um Einträge von Seuchen – wie die Afrikanische Schweinepest – zu verhindern. Bei der Schweinehaltung gäbe es schon viele Biosicherheits-Massnahmen, die umgesetzt würden. «Bei der Rinderhaltung hingegen erst ein paar wenige. Daran werden wir arbeiten», so Heim.
Was ist Biosicherheit?
Biosicherheit umfasst die Analyse und Massnahmen zur Verhinderung der Einschleppung und Ausbreitung von Krankheitserregern in Tierbeständen. Ziel ist der Schutz der Tiere vor Infektionskrankheiten und die Erhaltung der Tiergesundheit.
Es gibt zwei Hauptarten:
Externe Biosicherheit: Verhindert den Eintrag von Erregern in den Betrieb, schützt also vor Krankheiten von aussen.
Interne Biosicherheit: Verhindert die Ausbreitung von Erregern innerhalb des Betriebs.
Warum ist die Biosicherheit für alle wichtig?
Biosicherheitsmassnahmen verhindern Krankheiten, sichern hohe Tiergesundheit und ermöglichen eine tiergerechte und wirtschaftliche Betriebsführung. Sie senken den Infektionsdruck, reduzieren den Medikamenteneinsatz und tragen zur öffentlichen Gesundheit bei, indem sie Antibiotikaresistenzen und Zoonosen (Tier-Mensch-Erkrankungen) verhindern. Ein Beispiel ist die Rindertuberkulose.
Globale Vernetzung bleibt eine Gefahr
Historisch haben Seuchen Tierpopulationen und somit die Existenzgrundlage der Menschen bedroht. Wissenschaftliche Fortschritte und konsequente Massnahmen haben diese Bedrohung reduziert.
Dennoch bleibt die Gefahr einer Seuchenausbreitung durch die globale Vernetzung bestehen. «Daher sind externe Biosicherheitsmassnahmen essenziell für den Schutz der Tier-bestände», heisst es im Leitfaden Biosicherheit in der Nutztierhaltung (Rind und Schwein), den die Abteilung Schweinemedizin der Vetsuisse Fakultät Zürich, der Rindergesundheitsdienst (RGD) und der Suisag-Schweinegesundheitsdienst (SGD) zusammen erarbeitet haben.