Kurz & bündig

- Seit 2014 gibt es die Betriebsgemeinschaft Oltigen. Gegründet haben sie David Ramseier und Peter Hurni.
- Seit 2019 ist Thomas Augstburger mit seinem Betrieb in Bargen dabei, seither heisst die BG Aare-Bio.
- Die drei setzen vor allem auf Bio-Gemüseanbau. Deshalb bauen sie 2021 eine Lagerhalle, die sie flexibler macht.
- Sie halten zudem 13 Aubrac-Mutterkühe.

Der Lauch gedeiht – noch etwas Vlies und dann kann er ab dem 15. März geerntet werden. David Ramseier (42), Thomas Augstburger (34) und Peter Hurni (61) zeigen, was es an Pflanzen zu zeigen gibt in ihrer Betriebsgemeinschaft. Ende Februar sind die Felder mit erfrorener Gründüngung und Grünroggen bedeckt, die später mit einem Hobel und dem Grubber bearbeitet wird.

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Eine eigene Lagerhalle wird die Landwirte der Betriegsgemeinschaft Aare-Bio flexibler machen

Neben dem kleinen Folientunnel aber, da steht, worauf sie so richtig stolz sind: Bauprofile für eine Lagerhalle. Eher unauffällig stecken die Holzpflöcke neben Bäumen – aber mit der Halle bekommt die Betriebsgemeinschaft Aare-Bio neue Möglichkeiten. Bis jetzt lagern sie als Terraviva-Produzenten ihre Waren in den Kühlhäusern der Produzentengemeinschaft und zahlen dafür Miete.

Dossier Jahresthema 2021 «Hand in Hand» – die Serie zum Thema Zusammenarbeit Mittwoch, 27. Januar 2021 Das eigene Lager macht sie flexibler und ist praktischer, erklärt David Ramseier: «Auf unseren drei Betrieben ist das Auf- und Abladen der Paletten schwierig, weil es eng ist.» Rechts neben der Halle entsteht eine Remise mit Spritzen-Waschplatz, dazwischen der Umschlagplatz. Die drei planen auch, in der Halle Gemüse zu rüsten und überlegen, den noch sehr kleinen Betriebszweig Direktvermarktung mit Gemüseabos zu erweitern.

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David Ramseier und Peter Hurni sind 2014 zu zweit in die Betriebsgemeinschaft Oltigen gestartet

Die Betriebsgemeinschaft Aare-Bio liegt – wie es der Name erahnen lässt – nahe der Aare in Oltigen und Bargen im Kanton Bern. Bewässert werden die Felder in Oltigen aber nicht mit Aarewasser, sondern mit Wasser aus dem kleinen Aulibach, das in ein Rückhaltebecken fliesst. Dass auf dieser Ebene mittlerweile das Gemüse der Aare-Bio wächst, ergibt sich aus der Geschichte der Betriebsgemeinschaft.

Peter Hurni und David Ramseier haben bei gemeinsamen Waldarbeiten 2008/2009 das erste Mal über eine Betriebsgemeinschaft geredet. David Ramseier hatte einen guten Absatz für seine Bio-Kartoffeln und Flächen von Peter Hurni gepachtet. Hurni war klar, dass er die Muni-Mast in seinen alten Ställen wegen neuen Tierschutzvorschriften aufgeben musste. Auch für Zuckerrüben sah er keine Zukunft mehr.

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Gemüse hat einen höheren Ertrag als Mutterkühe

Klar war den beiden, dass sie biologisch bewirtschaften würden: Deshalb stellte Hurni seine Flächen nach und nach um. 2014 gründeten sie die BG Oltigen, seit 2015 setzen sie auf Gemüse.

Bei David Ramseier leben noch 13 Aubrac-Mutterkühe, bis 2020 waren es 30 Tiere. Im Sommer sind die Tiere zwar auf der Alp. Doch die drei Betriebsleiter sind sich einig: Der Ertrag ist bei Gemüse höher als bei ihren Mutterkühen, deren Nachkommen als Weidebeef zu Linus Silvestri gehen.

Der Schwiegersohn ist seit 2019 bei der Betriebsgemeinschaft dabei

Der Jüngste im Bunde ist Thomas Augstburger: Er ist gelernter Landmaschinenmechaniker. Ursprünglich wollte er nie als Landwirt arbeiten und das Interesse an der Übernahme am Ackerbau-Betrieb der Eltern war nicht gross. Dennoch hat er von 2013 bis 2016 noch die Lehre als Landwirt EFZ gemacht und den Betrieb übernommen. «Ich wollte ausprobieren, ob es mir nicht doch Freude macht», sagt er. Den Betrieb führte er im Nebenerwerb und arbeitete daneben als Landmaschinenmechaniker. Heute ist er froh um die Entscheidung, bei der BG einzusteigen.

Augstburger ist der Schwiegersohn von Peter Hurni. Und so kam es, dass im Büro auf Ramseiers Betrieb eines Tages darüber diskutiert wurde, ob es schlau wäre, die Gemeinschaft um einen Dritten im Bunde zu erweitern. «Anfangs war ich skeptisch», sagt Ramseier. Zu zweit sei es einfacher, etwas zu diskutieren, dachte er – doch gemeinsame Arbeiten und viele Gespräche hätten seine Bedenken zerstreut. Seit 2019 gehört Thomas Augstburger zur BG.

Heute sind die drei ein eingespieltes Team. «Es ist ein Geben und Nehmen», sagt Ramseier. Nach ihrer Gesprächskultur gefragt, grinsen die drei: «Wer ein Anliegen oder eine Idee hat, bringt das ein», sagt Hurni. Es gebe keine Protokolle.

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Die Spielregeln der Betriebsgemeinschaft sind im Vertrag klar geregelt

Protokolle gibt es keine, aber einen ganz klaren Vertrag für die Betriebsgemeinschaft: Wie die drei zusammenarbeiten wollen, das haben sie untereinander diskutiert und organisiert. Für den Vertragsabschluss hatten sie Unterstützung von Hans-Rudolf Kneubühl vom Inforama Seeland. «Das Wichtigste bei einer Betriebsgemeinschaft sind die Auflösungs-Modalitäten», sagt Ramseier.

Eine Auflösung im Unfrieden, das wäre das schlimmste – darin sind sich die drei einig. Deshalb ist allen wichtig, dass ihre Gemeinschaft klar geregelt ist. Arbeitet etwa Peter Hurni im Winter für die Zuckerfabrik Aarberg, fliesst sein Lohn in die BG, genau wie das Geld, das David Ramseier mit Bagger-Arbeiten verdient. Der Gewinn wird nach einem Anteils-Schlüssel ausgeschüttet.

In einer Betriebsgemeinschaft muss das Zwischenmenschliche stimmen

Die drei wirken zufrieden: «Wir reden offen und ehrlich untereinander. Und trinken auch ab und zu ein Bier zusammen», sagt Thomas Augstburger. «Oder einen Kaffee», neckt David Ramseier. Dass viele Betriebsgemeinschaften scheitern, liege am Zwischenmenschlichen, beobachten die drei.

Und ganz wichtig: «Wir trennen Arbeit und Privatleben.» So ist Peter Hurni für Thomas Augstburger im Alltag in erster Linie BG-Partner und nicht Schwiegervater. «Unsere Frauen sind nicht am Betrieb beteiligt, sondern arbeiten auswärts», sagt David Ramseier. Und eine gewisse Distanz helfe: Die Betriebe von Augstburger und Hurni liegen rund acht Kilometer auseinander, bis zu David Ramseiers Betrieb ist es nochmals knapp einen Kilometer.

Die Vorteile der BG sind für die drei offensichtlich: «Keiner von uns hätte in diesem Ausmass Gemüse», sagt der gelernte Gemüsegärtner Ramseier. Auch er führte den Betrieb nach der Übernahme im Nebenerwerb. Peter Hurni ist überzeugt, dass die Betriebsgemeinschaft Zukunft hat: «All die Nebenerwerbsbetriebe – das führt viel eher dazu, dass einer aufhört.»

Zu dritt haben sie Schlagkraft, fällen Entscheide zusammen und arbeiten wirtschaftlich: «Es lohnt sich für uns, eine neue Maschine zu kaufen, denn mit drei Betrieben lasten wir sie aus», sagt Augustburger. So ergänzt seit 2020 ein zweiter Traktor mit GPS den Maschinenpark, den sie zum Setzen, Hacken und teilweise zum Ernten einsetzen können. «Und zu dritt kann man neue Maschinen kaufen und muss nicht Occasionen nehmen, die dann viel Unterhalt kosten.»

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Jeder hat seine Stärken, die er in der Betriebsgemeinschaft einbringen kann

Die Rollen der drei sind durchlässig, dennoch hat jeder seine Stärken: Peter Hurni kümmert sich um den Pflanzenschutz. Er stärkt den Boden mit Effektiven Mikroorganismen. Wenn es im Sommer nötig wird, wendet er Biohilfsstoffe wie Braunalgen und Steinmehl an oder Kupfer bei den Kartoffeln.

Humusaufbau ist den drei Biolandwirten wichtig, deshalb arbeiten sie auch soweit als möglich pfluglos. «Das ergibt dann regenerative Landwirtschaft, um das schöne Wort zu brauchen», sagt Ramseier und lacht.

Bio liegt ihm am Herzen. Sein Vater hat den Betrieb 1979 umgestellt und David Ramseier wurde während seiner Lehrjahre klar, dass er seinen Betrieb biologisch bewirtschaften will. Er ist in der BG in der Personalführung besonders engagiert, pflegt etwa die Kontakte zu den Mitarbeitern in Rumänien und Polen. Er ist auch derjenige, der den Verkauf von Frischgemüse an Terraviva in erster Linie betreut.

Der Jüngste im Bunde kümmert sich um die Maschinen der Betriebsgemeinschaft

Thomas Augstburger kümmert sich um den Maschinenpark, im Winter macht er die Revisionen und den Service. Ab dem Frühling sind alle drei täglich auf den Feldern im Einsatz – ausser, jemand hat Ferien oder fällt wegen einem Unfall aus.

Diese Situation hatten die drei Ende August 2020, als Thomas Augstburgers Meniskus riss: «Da kamen dann die ganzen Vorteile einer BG zum Tragen», sagt er. So unangenehm es ihm war, wochenlang nur eingeschränkt oder im Büro mithelfen zu können und so anstrengend es für Ramseier und Hurni war: «Allein wäre das so richtig blöd gewesen. So ist der Betrieb weitergelaufen.» «Irgendwie geht es immer», sagt Ramseier.

Peter Hurni ist mit 61 nicht mehr weit von der Pensionierung entfernt. Thomas Augstburger kann sich vorstellen, den Anteil seines Schwiegervaters zu übernehmen und die BG mit David Ramseier zu zweit weiterzuführen.

Vermutlich setzen sie dann voll auf Gemüse und verkaufen das Futter, das sie gemäss Bio-Richtlinie anbauen müssen. Oder sie lassen das Grünland von Schafen beweiden. Klar ist das noch nicht, aber diskutiert wird schon jetzt.

Zuerst steht nun der Bau der Lagerhalle mit viel Eigenleistung an. Die Bauführung machen sie selber, das Holz stammt aus dem eigenen Wald.

Für die Finanzierung bringt Thomas Augstburger seine Starthilfe ein. Dazu kommen ein Bankkredit und eventuell ein Investitionskredit. Auf die Halle freuen sich die drei: «Vielleicht können wir dann im Herbst sogar eine richtige Einweihung feiern», hofft Ramseier.

Betriebsspiegel der Betriebsgemeinschaft Aare-Bio
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Thomas Augstburger, Bargen, Peter Hurni, Oltigen, David Ramseier, Oltigen

LN: 62,3 ha, 12 ha Wald
Bewirtschaftung: Bio
Kulturen: Naturwiese, Kunstwiese, Ackerbau (Weizen, Kartoffeln), Gemüse (u. a. Winter- und Lagerzwiebeln, Bundzwiebeln, Randen, Pro Specie Rara Stangenbohnen, Sellerie, Salat, Kürbisse, Broccoli, Kohlrabi, Lauch, Stangensellerie, Karotten, Pfälzerkarotten)
Tierbestand: 13 Aubrac-Mutterkühe
Arbeitskräfte: 3 Betriebsleiter, 1 Angestellte für Administration (20 Prozent), 9 Hilfsarbeiter im Gemüsebau, ab 1. April 2021 drei 80-Prozent-Stellen

www.aare-bio.ch

Terraviva

Die Terraviva ag/sa ist eine Bio-Produzentenorganisation von über 80 aktiven Bio Früchte- und Gemüseproduzenten in der ganzen Schweiz. Sie wurde im Jahr 1946 als AVG gegründet. Terraviva hat auf Anbau, Beschaffung, Lagerung und Aufbereitung sowie Vermarktung von Gemüse und Früchten nach den Anforderungen der Bio-Suisse Knospe spezialisiert. Terraviva ist Mitglied des Trägervereins PRE Bio Gemüse Seeland.

Das Entwicklungsprojekt PRE Bio Gemüse Seeland besteht aus vier Teilprojekten und einem umfassenden Gesamtmarketing. Investitionsintensiv sind zwei Neubauten der Produzentenorganisationen zum Ausbau der Verarbeitungskapazität. Mitte Januar 2021 hat die Fenaco gegen das Projekt Einspruch erhoben, da sie sich von einer Wettbewerbsverzerrung betroffen sieht. Nun muss der Kanton Freiburg entscheiden – wann das Fall sein wird, ist offen.

Jede Betriebsgemeinschaft braucht einen Vertrag

Die Voraussetzungen für eine Betriebsgemeinschaft sind in der Landwirtschaftlichen Begriffsverordnung in Artikel 10 definiert. Jede BG muss diese Kriterien erfüllen:

- Über die BG liegt ein schriftlicher Vertrag vor.
- Die Bewirtschafter führen die BG gemeinsam auf eigene Rechnung und Gefahr.
- Die Bewirtschafter sind für die BG tätig und arbeiten nicht mehr als 75 % ausserhalb der BG.
- Die Betriebszentren liegen in einer Fahrdistanz von höchsten 15 km.
- Jeder der Betriebe hat vor dem Zusammenschluss einen Mindestarbeitsbedarf von 0,2 SAK erreicht.

Betriebsgemeinschaften werden von den kantonal zuständigen Amtsstellen anerkannt. Zu den Unterlagen gehört in jedem Fall eine Kopie des Gemeinschaftsvertrags.

Quelle: Merkblatt Überbetriebliche Zusammenarbeit, Agridea 2020