Kurz & bündig

Pflege: Oktober bis März max. 50 % der Fläche streifenweise mähen; flache Bodenbearbeitung fördert natürliche Pflanzenvermehrung.
Aufwand: Auf mageren Böden genügt geringe, auf schweren intensivere Pflege; ca. 30 bis 50 Std./Jahr.
Nutzen: Fördert Artenvielfalt, Nützlinge stabilisieren Erträge; vernetzte, kleinstrukturierte Flächen erhöhen den ökologischen Wert.

Es ist kalt und nass, als Landwirtin und Buntbrachen-Pionierin Gabi Uehlinger über die Felder im schaffhausischen Klettgau schreitet und ihre bereits etwas ältere Buntbrache inspiziert. Unter der ruhenden Vegetation bereiten sich Pflanzen und Bodenlebewesen auf den Winter vor. 

Die Region Klettgau gilt als Vorreiterin im Umwelt- und Artenschutz. Bereits seit den 1990er-Jahren investiert sie gemeinsam mit verschiedenen Akteuren intensiv in den Erhalt und die Förderung der Biodiversität. Heute bieten die entstandenen Lebensräume Platz für bis zu zehn Feldlerchen-Brutpaare pro Quadratkilometer – ein Wert, der in intensiv bewirtschafteten Regionen kaum erreicht wird. Auch seltene Arten wie Goldammer, Neuntöter und Grauammer profitieren von diesen Massnahmen. [IMG 3]

Doch die Pflege dieser wertvollen Flächen ist anspruchsvoll: Barbara Stäheli, Beraterin und Lehrerin am Strickhof, sowie Gabi Uehlinger erläutern, wie sich die Herausforderungen in der Praxis bewältigen lassen.

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Bestandespflege durch gezielten Schnitt

Laut Barbara Stäheli dürfen Buntbrachen nur zwischen dem 1. Oktober und dem 15. März geschnitten werden. Dabei darf höchstens die Hälfte der Fläche bearbeitet werden. Mulcher sind zwar erlaubt, deren Gebrauch sollte jedoch vermieden werden, da sie nicht nur die Pflanzen mähen, sondern auch die darin lebenden Insekten töten. Aufbereiter sind aus demselben Grund ungeeignet.

«Optimal ist ein streifenweiser Schnitt, sodass die Tiere Rückzugsorte behalten», sagt Stäheli. Ob Scheibenmähwerk oder Messerbalken verwendet werden, ist dabei zweitrangig: Mit dem Scheibenmähwerk lassen sich auch ältere, stängelige Bestände mähen, während der Messerbalken einen saubereren Schnitt liefert, aber empfindlicher auf Erdhaufen oder verholzte Pflanzen reagiert.

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Der Schnitt ist kein Muss, sondern dient der Bestandesführung. Häufiges Schneiden fördert den Gräseranteil, da beim Schneiden Flächen frei werden, die Gräser leicht besetzen. Laut Gabi Uehlinger stellen Gräser an sich kein ökologisches Problem dar, jedoch kann ihr Überhandnehmen die Vielfalt reduzieren. Deshalb enthalten die vom Bund vorgegebenen Buntbrachenmischungen auch keine Gräser. Wenn der Gräseranteil einer Buntbrachen bis zum vierten Standjahr nämlich über zwei Drittel liegt, darf sie nicht mehr angerechnet werden.

Nach dem Schnitt den Boden leicht auflockern

Barbara Stäheli empfiehlt, den Boden nach dem Schnitt mit einer Egge nur leicht aufzulockern. Dabei sollte die Bearbeitung flach erfolgen und nicht tiefer als 10 cm gehen. So kann sich die Buntbrache durch ausgefallene Samen selbst erneuern.

Standort bestimmt den Pflegeaufwand

Je nach Standort unterscheiden sich Pflegeaufwand und Entwicklung von Buntbrachen deutlich. Auf leichten, nährstoffarmen Böden reicht meist eine moderate Pflege aus. Auf schweren oder nährstoffreichen Standorten muss dagegen stärker regulierend eingegriffen werden, um Dominanzarten wie Quecke, Distel oder Blacke in Schach zu halten. Wichtig ist auch die frühzeitige Kontrolle auf Neophyten. Der regional sehr hohe Druck von einjährigem Berufkraut kann die Anlage von Buntbrachen erschweren.

Wichtig ist, die Ursachen solcher Problemarten nicht nur in der Brache selbst zu suchen, sondern auch in der Fruchtfolge. Eine durchdachte Fruchtfolgeplanung kann Unkrautdruck und Bodenermüdung langfristig reduzieren.

«Vielfach sieht man bereits nach den ersten zwei Jahren, ob sich die Buntbrache in die gewünschte Richtung entwickelt», sagt Gabi Uehlinger. Wer viele Probleme mit unerwünschten Pflanzen hat, sollte lieber den Standort der Buntbrache wechseln, statt übermässig viel Zeit in die Pflege zu investieren.

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Was geschieht mit dem Schnittgut?

Bei qualitativ guten Buntbrachen fällt nach einem Schnitt oft nur wenig Material an. Dieses kann problemlos liegen gelassen werden, ohne die Pflanzen zu gefährden. Wird hingegen viel Schnittgut produziert, sollte es entweder abtransportiert oder zu einem Haufen aufgeschichtet werden. Liegt eine dicke Schicht Pflanzenmaterial auf der Fläche, können die darunter wachsenden Brachepflanzen absterben. So lässt sich das Schnittgut sinnvoll verwerten, ohne die Vielfalt der Buntbrache zu beeinträchtigen.

Überschaubarer Zeitaufwand bei gutem Stundenlohn

Laut Barbara Stäheli sollten für die Pflege und Kontrolle der Buntbrachen rund 30 bis 50 Stunden pro Jahr eingeplant werden. Dabei rechnet sie mit etwa drei Kontrollgängen pro Jahr sowie den entsprechenden Pflegearbeiten im Anschluss.

Gabi Uehlinger findet es schwierig, den Aufwand genau zu beziffern: «Wenn die Buntbrache auf einem geeigneten Standort angesät wurde, hat man viel weniger Aufwand, als wenn der Standort eben nicht passt.»

Daher sei es sehr individuell, wie viel Zeit man investieren muss oder will. Da sie selbst viel Erfahrung hat und genau weiss, wo auf ihrem Betrieb Buntbrachen gut funktionieren, hat sie meist weniger Aufwand als 30 Stunden pro Jahr.

Barbara Stäheli gibt zudem zu bedenken, dass der Beitrag von 3800 Fr. pro Hektare und Jahr für Buntbrachen einen guten Stundenlohn ergibt. Zusätzlich können noch Vernetzungsbeiträge von 1000 Fr. dazukommen.

Auch Gabi Uehlinger sieht das ähnlich: «Lieber einen Kontrollgang mehr, dafür weniger Arbeit bei der Pflege, weil man es versäumt hat, ein Unkraut nicht versamen zu lassen.» So habe man einen überschaubaren Aufwand bei einem guten Stundenlohn.

Vernetzung und strukturierte Landschaften sind entscheidend

Im Klettgau endet das Jahr auf den Buntbrachen in einer ruhigen, fast stillen Landschaft. Nur die Zuckerrüben sind noch im Boden. Die Region zeigt eindrücklich, dass vernetzte, kleinstrukturierte Landschaften entscheidend für die Artenvielfalt sind. «Ebenso wichtig wie die Buntbrache selbst ist die Vernetzung solcher Strukturen», sagt Gabi Uehlinger. «Wenn die Buntbrachen bewusst gepflegt werden und man nicht der einzige Betrieb in der Nachbarschaft mit solchen Flächen ist, entwickelt sich die Vielfalt fast wie von selbst», fügt sie hinzu.

 

Was bringen Buntbrachen wirklich?

Eine aktuelle Synthese von Agroscope untersuchte die vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen zum Thema. Sie zeigt, dass Buntbrachen die Biodiversität fördern: Die abwechslungsreiche Vegetation bietet Lebensräume und Nahrung für Insekten, Spinnen, Nützlinge und Vögel. Zahlreiche Untersuchungen belegen höhere Arten- und Individuenzahlen im Vergleich zu Ackerflächen. Besonders Nützlinge wie Marienkäfer, Kurzflügler oder parasitische Schlupfwespen profitieren, mit teils bis zu 18-fach höheren Individuenzahlen im Vergleich zu Nutzkulturen. Auch der Bruterfolg von Rebhühnern und die Ansiedlung bodenbrütender Wildbienen steigen, vor allem bei hoher Vielfalt blühender Pflanzen. Aus der Studie geht vor allem hervor, dass konkrete wissenschaftliche Erkenntnisse zum Einfluss der Buntbrache auf den Kulturertrag noch fehlen. Es sind jedoch durchaus Effekte von Nützlingen auf den Ertrag bekannt.

Drei von vier Studien zeigen, dass Buntbrachen das Nützlingsaufkommen erhöhen und Schäden in benachbarten Feldern reduzieren, was teilweise zu höheren Erträgen führt (z. B. Winterweizen: –66 % Blattbefall, +10 % Ertrag). Bei manchen Schädlingen (z. B. Rapsglanzkäfer) und bei der Bestäubung von Raps wurden jedoch keine signifikanten Effekte festgestellt. Ebenso gibt es bisher keinen nachweisbaren Einfluss auf die Bodenbildung.

Im Gegensatz dazu sind die Aus-wirkungen von Nützlingsstreifen besser untersucht. Diese werden meist direkt neben der zu schützenden Kultur angelegt und nutzen speziell dafür entwickelte Saatmischungen.

Für Praktiker bedeutet dies, dass Buntbrachen vor allem die Biodiversität und Nützlingspopulationen fördern, potenzielle Schädlingsprobleme mindern und so indirekt Erträge stabilisieren können, auch wenn direkte Effekte auf Bodenbildung und Kulturertrag noch nicht gesichert sind.

Quelle: Stöckli et al., Biodiversitätsförderflächen im Ackerland: Wirkungen auf Biodiversität und Ökosystemleistungen, Agroscope 2024