Kurz & bündig

- Wenn Kartoffeln mit dem neuen Produktionssystembeitrag «Verzicht auf Pflanzenschutzmittel im Ackerbau» angebaut werden, ist der Einsatz von Spinosad verboten. Hier kann nur Novodor zur Bekämpfung des Kartoffelkäfers eingesetzt werden.
- Beim Einsatz von Novodor ist der Applikationszeitpunkt sehr entscheidend. Am besten wirkt das Mittel auf kleine Kartoffelkäferlarven.
- Die erfolgreiche Bekämpfung mit Novodor setzt eine gute und regelmässige Beobachtung der Parzellen voraus.

Wer im Kantonssystem für seine Kartoffeln den Beitrag «Verzicht auf Pflanzenschutzmittel im Ackerbau» (ehemals Extenso) angewählt hat, darf den Kartoffelkäfer nicht mehr mit dem Wirkstoff Spinosad (bekannt als Mittel Audienz oder Spintor) bekämpfen. Hier ist nur noch das biologische Mittel Novodor 3 % FC zugelassen.

Für LandwirtInnen, die erstmals ihre Kartoffeln pflanzenschutzmittelfrei anbauen, könnte die Bekämpfung des Kartoffelkäfers eine Herausforderung sein. Novodor hat zwar den Vorteil, dass es sehr spezifisch wirkt und daher nützlingsschonend ist. Jedoch ist es etwas anspruchsvoller, den optimalen Applikationszeitpunkt zu finden als bei einem Spinosad-Einsatz.

«Für den erfolgreichen Einsatz von Novodor ist eine frühzeitige und regelmässige Feldkontrolle essentiell», erklärt Samuel Theiler. Theiler ist Bio-Gemüse Landwirt aus Ins. Er hat bereits langjährige Erfahrung im Kampf gegen den Kartoffelkäfer mit Hilfe von Novodor.

Lebenszyklus des Kartoffelkäfers

Für eine erfolgreiche Kartoffelkäfer-Bekämpfung ist es deshalb wichtig, dass man dessen Lebenszyklus kennt.

Der Kartoffelkäfer überwintert etwa 20 bis 50 cm tief im Boden in der Nähe eines abgeernteten Kartoffelfeldes. Ab Anfang Mai, sobald die Bodentemperaturen über 10 Grad betragen, erscheinen erste Käfer aus ihrem Winterquartier. Nach einem zweiwöchigen Reifungsfrass erfolgt die Paarung.

Kurz darauf legen die Weibchen ihre 300 bis 800 Eier auf die Blattunterseite von mehreren Kartoffelpflanzen. Vier bis vierzehn Tage später, je nach Temperatur, schlüpfen die Larven und beginnen mit dem Blattfrass. Eine Larve kann bis zu 40 cm2 Blattfläche fressen, ein Käfer etwa 10 cm2.

Innerhalb von drei Wochen häuten sich die Larven drei Mal und vergraben sich schliesslich im Boden, um sich zu verpuppen. Zwei Wochen später kommen sie als Käfer an die Oberfläche und beginnen mit dem Blattfrass. Die ganze Entwicklung dauert etwa sechs Wochen. In warmen trockenen Jahren können bis zu zwei Generationen entstehen. Im Herbst vergraben sich die Käfer dann im Boden zum Überwintern.

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Je wärmer, desto mehr Käfer gleichzeitig im Feld

Je intensiver die Erwärmung im Frühling ist – hohe Temperaturen über mehrere Tage –, desto mehr Käfer fliegen gleichzeitig in die Felder ein. Somit erfolgt auch die Eiablage synchroner.

Bei kühler Witterung kann es hingegen mehr als zwei Wochen dauern, bis die Larven schlüpfen. Das erschwert den Bekämpfungserfolg, da bereits Larven geschlüpft sind, aber immer noch viele Eier vorhanden sind.

Die Käfer werden vom Duft der Kartoffeln angezogen. Dabei geben durch Frass oder Pflegemassnahmen verletzte Pflanzen flüchtige Stoffe ab, welche die Käfer noch stärker anlocken.

Wann ist der richtige Zeitpunkt zur Bekämpfung?

Video zur Feldkontrolle und Regulierung des Kartoffelkäfers:
www.diegruene.ch/video-kartoffelkaefer

Den idealen Bekämpfungszeitpunkt zu finden, erweist sich als schwierig. Gerade, wenn die Eiablage durch immer wieder neu einfliegende Kartoffelkäfer nicht synchron ist. Nach Empfehlung von Reto Flückiger, Berater bei Andermatt Biocontrol, sollte man frühzeitig durch die Reihen laufen und vorwiegend die Feldränder auf Käfer untersuchen. Denn die Käfer fliegen immer von einer Seite her, meist von alten Kartoffelfeldern, ins neue Feld ein.

Wichtig ist eine frühzeitige Überwachung der Felder auf Einflug und Eiablage.

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Danach sollten die Pflanzen regelmässig an der Blattunterseite auf Eigelege untersucht werden. Als Faustregel gilt im Schnitt ein Eigelege pro Pflanze. Novodor hat aber keine offizielle Bekämpfungsschwelle.

Viel wichtiger als diese Faustregel ist aber: Sobald erste Larven geschlüpft sind, sollte die erste Behandlung stattfinden. Denn die jungen Larven (Stadium 1 und 2) sind am besten bekämpfbar. Zudem richten junge Larven noch keinen grossen Schaden an. Der Wirkungsgrad des Mittels nimmt mit zunehmender Grösse der Larven ab.

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Am Anfang lieber genügend Pflanzenschutzmittel einsetzen

Bei ProduzentInnen, welche das Mittel dieses Jahr zum ersten Mal einsetzen, empfiehlt Flückiger, die Aufwandmenge etwas zu erhöhen: Also bei der ersten Behandlung mit 4 bis 5 Liter pro Hektare fahren. Denn falls das Mittel zu spät ausgebracht wurde, ist zumindest genügend Wirkstoff vorhanden für allfällig grössere Larven.

Im Gegensatz zu Spinosad wirkt Novodor vorwiegend auf kleine Larven. Daher ist die Beobachtung und der rechtzeitige Applikationszeitpunkt umso entscheidender für eine erfolgreiche Bekämpfung mit dem biologischen Mittel.

Nach etwa zehn Tagen sollte in jedem Fall die zweite Behandlung erfolgen. Dann werden diejenigen Larven erwischt, welche zum Zeitpunkt der ersten Behandlung noch nicht geschlüpft sind. Da bei der zweiten Behandlung einige Larven möglicherweise bereits grösser sind, sollte mit 5 Liter pro Hektare gefahren werden. Wenn es zwischen zwei Spritzungen regnet, sollte nach der Regenperiode nochmals behandelt werden.

Wenn man Novodor zum ersten Mal verwendet, sollte die Aufwandmenge auf 4 bis 5 Liter erhöht werden.

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Novodor: Erfolgreicher Einsatz

Informationen zum Mittel
- Wirkstoff: bakterielle Proteinkristalle vom Bacillus thuringiensis tenebrionis
- Wirkung: Die Proteinkristalle zerstören die Zellwand des Kartoffelkäferdarmes und führen zu einem sofortigen Frass-Stopp. Die Larven leben noch 3 bis 5 Tage, bevor sie sterben.
Wichtige Hinweise
- Keine Wirkung auf Eigelege
- Keine Beschränkung der Anwendungshäufigkeit
- Wird nach 20 mm Regen abgewaschen
- Novodor ist nicht so gut haltbar, wegen der bakteriellen Inhaltsstoffe. Sollte möglichst im selben Jahr aufgebraucht werden. Ansonsten im zweiten Jahr die Aufwandmenge erhöhen.

Applikationszeitpunkt
- Wichtig ist die frühzeitige und regelmässige Feldkontrolle der ganzen Parzelle. Vor allem Blattunterseiten auf Eigelege untersuchen.
- Erste Käfer fliegen von letztjährigen Parzellen oder der Hauptwindrichtung ein, daher Feldränder besonders gut kontrollieren.
- Applikationszeitpunkt ist optimal, wenn die ersten Larven schlüpfen.
- Sollte im kleinen Larvenstadium(L1, L2) angewendet werden.
- Am Abend ausbringen, da die Larven in der Nacht die höchste Frassaktivität aufweisen.
- Mindestens ein bis zwei Tage vor dem Regen applizieren, damit die Larven genügend Zeit haben, den Wirkstoff zu fressen.

Anwendungshinweise
- Ausbringen der Tankmischung mit einem empfohlenen Haftmittel für bessere Regenfestigkeit.
- 1. Behandlung: 4–5 l/ha Novodormit 2 l/ha Haftmittel
- 2. Behandlung: 8–10 Tage spätermit 5 l/ha Novodor u. 2 l/ha Haftmittel
- Falls es einen zweiten Käferzyklus gibt, erneut zwei Mal behandeln.
- Novodor kann mit Fungiziden oder Kupfer gemischt werden
- Bei der Mischung mit Kupfer sollte Novodor erst kurz vor der Ausbringung hinzugefügt werden.

Preis
186.80 Fr./ha (bei 5 l Novodor/ha)

Merkblatt zu Novodor:
www.diegruene.ch/novodor
Quelle: Reto Flückiger, Andermatt Biocontrol

Unter guten Bedingungen ist ein zweiter Zyklus möglich

Wenn die Bedingungen für die Kartoffelkäfer stimmen, kann dieser in einer Saison auch mal zwei Generationen erzeugen. Reto Flückiger gibt hier zu bedenken: «Der zweite Zyklus hat sich in meinem Feld aus denjenigen Larven entwickelt, welche ich im ersten Zyklus nicht erfolgreich bekämpft habe.»

Ein zweiter Zyklus wäre für die aktuell auf dem Feld stehenden Kartoffeln weniger problematisch, da kurze Zeit später sowieso das Kraut vernichtet wird. Die zweite Generation ist aber relevant für die Folgekulturen, weshalb sich eine zweite Behandlung trotzdem lohnt, gibt Samuel Theiler zu bedenken.

Vorbeugende Massnahmen und Nützlinge

Nebst Spinosad und Novodor können gewisse präventive Massnahmen getroffen werden im Kampf gegen den Kartoffelkäfer. Erster wichtiger Indikator ist die Fruchtfolge. Ein Erstbefall im Frühling kommt vorwiegend auf Flächen in unmittelbarer Nähe letztjähriger Kartoffelfelder vor. Deshalb sollten Kartoffelparzellen wenn möglich mindestens 500 Meter von vorjährigen Flächen entfernt sein. «Bei enger Fruchtfolge ist der Kartoffelkäferdruck viel höher. Daher ist es wichtig, die Anbaupausen wenn möglich grosszügig einzuhalten», erklärt Samuel Theiler.

Durchwuchskartoffeln sollten in Folgekulturen konsequent beseitigt werden. Sie sind ein Befallsherd.

Ausserdem sind frühe Sorten oder früh gepflanzte Kartoffeln vorteilhaft. Sie haben einen Entwicklungsvorsprung zum Kartoffelkäfer, aber auch zur Krautfäule.

Nebst der direkten Bekämpfung durch Pflanzenschutzmittel sind natürliche Feinde hilfreich. Dazu gehören Schwebfliegen, Florfliegen und Marienkäfer. Achtung: Bei der Kontrolle der Eigelege dürfen diejenigen von Marienkäfern nicht mit denen von Kartoffelkäfern verwechselt werden. Marienkäfereier sind eher heller und gelblicher.

Die Vor- und Nachteile von Spinosad und Novodor

Samuel Theiler gibt zu bedenken, dass mit Novodor keine hundertprozentige Wirkung erwartet werden darf. «Das Mittel wirkt bei korrektem Einsatz gut und dient der Schadensbegrenzung.»

Ausserdem ist Novodor im Vergleich zu Spinosad deutlich teurer. Dafür ist es sehr nützlingsschonend, währenddessen Spinosad eine hohe Toxizität gegenüber Schlupfwespen, Raubwanzen und Wasserorganismen aufweist. Novodor bewirkt zuerst einen sofortigen Frass-Stopp, erst nach drei bis fünf Tagen sterben die Larven. «Meine Kunden würden den Käfer am liebsten sofort auf dem Rücken sehen. Aber bei Novodor braucht es etwas mehr Geduld», erklärt Reto Flückiger.

Dafür ist Novodor etwas weniger anfällig auf UV-Strahlen als Spinosad. Bei Novodor ist eher der Regen der limitierende Faktor.

Zum Schluss gibt Samuel Theiler noch zu bedenken, dass Novodor nicht so gut haltbar sei, weil es ein Bakterienpräparat ist. Wenn möglich sollte es nicht überwintert werden. Reto Flückiger entgegnet, dass Novodor aber problemlos überwintert werden könne, wenn es unter 15 Grad gelagert wird. Ab Herstellungsdatum sei es mindestens zwei Jahre haltbar. Sicherheitshalber könne im zweiten Jahr die Aufwandmenge erhöht werden. Ausserdem sollte Novodor genug früh und in ausreichender Menge vorbestellt werden, damit das Mittel zum optimalen Applikationszeitpunkt vorhanden ist.

Audienz ist in erster Linie ein Frassgift und wirkt daher auf aktive fressende Larven am besten.

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Audienz/Spintor/Elvis®: Erfolgreicher Einsatz

Infos zum Mittel
- Wirkstoff Spinosad, Verteilung translaminar
- Wirkung: Audienz wirkt auf das Nervensystem und führt zu einer vollständigen Lähmung des Insektes.

Wichtige Hinweise
Audienz hat keine Wirkung auf Eigelege
- Wirkstoff ist bedingt photostabil, d. h. durch intensives Sonnenlicht wird das Mittel schnell abgebaut (in 3 bis max. 4 Tagen).
- Maximal zwei Behandlungen pro Kultur und Jahr.

Applikationszeitpunkt
- Einsatz während allen Larvenstadien und bei adulten Käfern möglich. Achtung: Da Audienz keine Eierwirkung hat, werden Larven, die erst 3 bis 4 Tage nach der Anwendung schlüpfen, nicht mehr erfasst.
- Applikationszeitpunkt: Bei hoher Lichtintensität wenn möglich abends anwenden. 1. Weniger UV-Strahlung: Wirkstoff wird weniger schnell abgebaut2. Larvenfrass in der Nacht am höchsten: Audienz ist ein Frassgift, daher ist die Wirkung bei oraler Aufnahme am effizientesten.
- Audienz lässt sich gut mit Fungiziden gegen Krautfäule und Alternaria kombinieren. Der erfolgreiche Applikationszeitpunkt für Fungizide ist aber eher am Morgen. Daher muss bei einer Kombination der Mittel ein Kompromiss gemacht werden.

Anwendungshinweise
- Anwendung erst bei Erreichung der Bekämpfungsschwelle: 30 % der Pflanzen befallen mit Larven und/oder 1 Befallsherd pro Are
- Ausbringung der Tankmischung mit einem Netzmittel (z.B. Kieferterpene), welches den Wirkstoffabbau durch UV-Strahlung vermindert.
- Starkes Krautwachstum kann einen Verdünnungseffekt des Wirkstoffes bewirken. Dann nehmen gerade grössere Larven zu wenig Wirkstoff auf.
- Brühmenge dem Staudenvolumen anpassen. Staudenreiche Bestände müssen ausreichend benetzt werden. Wenn Kartoffelkäferlarven auf den unteren Blattetagen liegen und diese Blätter von der Brühe nicht getroffen werden, kann von keiner Wirkung ausgegangen werden.
- 3 Stunden nach der Applikation ist das Mittel regenfest.
- Anwendung falls nötig wiederholen, sofern von den Nachbarzellen neue Kartoffelkäfer einfliegen.

2022 teilweise schlechte Wirkung
- Teilweise zeigte Audienz im Jahr 2022 etwas schlechte Wirkung. Laut Adrian Nägeli waren dafür vorwiegend die vielen sonnigen Tage mitverantwortlich, wobei die UV-Strahlung zum schnelleren Abbau des Mittels führte.
- Was tun, wenn es nicht reicht?
- Wenn der Käferdruck so hoch ist, dass zwei Behandlungen mit Audienz nicht reichen, dann kann eine Sonderbewilligung für ein Acetamiprid-haltiges Präparat oder Coragen beantragt werden.

Preis
31 Fr./ha (bei 0,05 L Audienz/ha)

Merkblatt zu Audienz:
www.diegruene.ch/audienz

Quelle: Adrian Nägeli, Omya