Die Herkunft der Redewendung «Wir sitzen alle in einem Boot» ist nicht restlos geklärt. Vielleicht entstammt sie der Matrosensprache, möglicherweise ist sie schon sehr alt und stammt von Cicero, der vor Christi Geburt lebte. Ihre Bedeutung hingegen ist klar: Allen betroffenen Menschen in einer speziellen Situation oder gar Notlage geht es gleich, und sie müssen alle bei deren Bewältigung mithelfen und koordiniert zusammenarbeiten.

Das Ganze sehen

Die Ruderer unter uns – ich gehöre nicht dazu – kennen das bestens. Wenn beim ­Rudern nicht alle mitmachen oder nicht in gleicher Weise mitmachen, driftet man ab oder kommt nicht vorwärts. Jeder hat Probleme mit sich selbst, muss aber dennoch versuchen, das Ganze zu ­sehen. Aufgeben, wenn es schlecht läuft, ist keine Op­tion, weil das Stillstand bedeutet, und aus dem Boot auszusteigen, wenn man keine Lust mehr hat, kommt schon gar nicht infrage. Man muss den Überblick behalten, sich absprechen, den gemeinsamen Takt finden und hoffen, so wieder auf einen grünen Zweig zu kommen.

Stetiger Austausch

Genau das ist es, was wir in der Branchenorganisation Swisspatat immer wieder versuchen: im gleichen Boot sitzend den Rhythmus zu finden, um gemeinsam vorwärtszukommen. Das kann der eine nicht ohne die anderen und schon gar nicht gegen sie. Und es braucht den stetigen Austausch darüber, wohin man will und wie man das will. Diese dauernde Abstimmung von gegenseitigen Wünschen, Meinungen und Interessen ist anstrengend und zeitweise mühselig – aber wenn sie gelingt, ist es grossartig und macht viel Freude.

Konflikte sind wichtig

Die Grundlage für diesen stetigen Dialog ist die Bereitschaft zuzuhören, sich auf die Position der anderen einzulassen und Verständnis für andere Meinungen aufzubringen. Es beschäftigt mich, dass dies in der Gesellschaft in den letzten Jahren immer weniger geschieht. Wir bewegen uns immer mehr in verschiedenen, in sich abgeschlossenen Blasen, in denen oft nur Menschen verkehren, die die gleiche Meinung zu vielen Themen haben. So haben sie auch immer recht, weil ja niemand Widerspruch leistet. Die Diskussion von unterschiedlichen Meinungen und die Austragung von Konflikten unterbleibt. Das ist gefährlich.

Andere Meinungen zulassen

Die in der Blase vorherrschende Meinung muss ja nicht die einzig richtige sein, sie wird aber kaum je durch andere Meinungen herausgefordert. So verfestigt sie sich und entfernt sich im schlechtesten Fall von der Realität. Die Leute in der Blase wissen dann gar nicht mehr recht, wovon sie sprechen. Sie haben keinen Praxisbezug, kennen die von ihnen kritisierten Leute oder Methoden gar nicht, sie sind nicht auf dem neuesten Stand und wiederholen oft Gehörtes, bis sie selbst daran glauben.

Eigene Position hinterfragen

Das dürfen wir nicht zulassen. Es braucht den gegenseitigen Austausch in verschiedensten Belangen, persönliche, echte Kontakte über alle unterschiedlichen Berufe, Alter, Nationen, Ausbildungen und sonstige Zugehörigkeiten hinweg. Dieses Aufeinander­zugehen, das Zuhören, die Bereitschaft, die eigene Position – vielleicht auch nur kurz – zu hinterfragen, das ist für mich die Hauptaufgabe unserer Branchenorganisation Swiss­patat. Wir treffen uns in institutionalisierten Sitzungen und tauschen uns aus. Wir bleiben auch einmal länger für ein Mittagessen oder ein Bier nach der Sitzung.

Den guten Geist pflegen

Das verbindet, schafft einen gemeinsamen Rahmen für Diskussionen und Verständnis füreinander. So können wir wichtige Entscheidungen an paritätische Gremien der Branche delegieren und lassen nicht einfach den Stärksten oder die Böseste entscheiden. Und so werden Beschlüsse, die manchmal den einen und manchmal die andere freuen oder aufregen, letztlich auch akzeptiert. Das ist dem guten Geist innerhalb der Branche zu verdanken und den müssen wir weiterhin pflegen. Wir werden ihn für die Bewältigung der künftigen Herausforderungen dringend brauchen, weil das nur zusammen geht. Da sitzen wir alle im gleichen Boot.