PhytoPRE, das Informations- und Prognosesystem zur gezielten Bekämpfung der Kraut- und Knollenfäule KUK bei Kartoffeln, wurde bereits in den 1990er-Jahren entwickelt. Es kann für allgemeine Krautfäule-Informationen und zur parzellenspezifischen Pflanzenschutz-Beratung verwendet werden.

Das Programm ist allgemein bekannt und wird gemäss Tomke Musa von Agroscope von vielen Produzenten vor allem passiv benutzt – via kantonale Beratung und Presse. Die Verlässlichkeit des Programmes hängt neben der Qualität der Wetterprognosen auch von der aktiven «Meldefreudigkeit» von Befallsmeldungen der Produzenten ab. Wieso wird das System von den Produzenten nicht vermehrt aktiv benutzt?

Krankheit wird lieber präventiv behandelt

«Bis jetzt ist der Leidensdruck zur Reduktion von Krautfäule-Spritzungen zu wenig gross. Eine frühzeitige Behandlung ist eine Art Versicherung», meint Martin Uhlmann, Kartoffelproduzent aus Seedorf.

Denn sobald sich die Krankheit im Feld etabliert hat, ist es schwierig, sie zu stoppen. «Leider ist es so, dass beim Anbau von KUK-anfälligen Sorten kaum Fungizidbehandlungen eingespart werden können, ohne ein zu grosses Risiko einzugehen», betont Stefan Vogel von der HAFL.

Trotzdem besteht ein Reduktionspotenzial mit der Anwendung von PhytoPRE. Der Behandlungsbeginn kann etwas länger abgewartet und der Abstand der Folgebehandlungen teils vergrössert werden.

Wie zuverlässig ist das System?

Je mehr Befallsmeldungen eingetragen werden, desto zuverlässiger funktioniert das System, was bei wenig Meldungen problematisch sein kann. Denn die Empfehlung des ersten Spritzdurchganges von PhytoPRE ist abhängig von:

  • Wetterdaten von Meteo Schweiz
  • Befallsmeldungen
  • Distanz des Befalls zum eigenen Feld
  • Entwicklungsstadium der Kartoffeln
  • Infektionsrisiko

«Wenn in der Nähe meines Feldes Kartoffeln mit einem Krautfäuleherd stehen und dieser nicht gemeldet wurde, dann wird PhytoPRE mir auch nicht den Behandlungsbeginn anzeigen, obwohl das nötig wäre», erklärt Stefan Vogel.

Deshalb ist es wichtig, dass möglichst alle Produzenten ihre Befälle melden. Viele Landwirte verlassen sich aber lieber auf ihre Erfahrungen und warten nicht, bis das Prognosemodell eine Behandlung anzeigt.

«Aber Geduld würde sich lohnen, denn mit der Anwendung des Prognosemodells könnten doch die ersten ein bis zwei Behandlungen gespart werden, wenn keine KUK angezeigt wird. Das spart Zeit und Geld», sagt Tomke Musa.

«Aus der Erfahrung in unseren Projekten würde ich sagen, dass PhytoPRE sehr zuverlässig funktioniert, wenn die Befälle gemeldet werden. In unseren Versuchen haben wir mit den PhytoPRE-Prognosen nie zu spät behandelt. Die erste Behandlung wurde vom System immer empfohlen, bevor der erste Befall im Feld beobachtet werden konnte», erzählt Stefan Vogel.

Mit PhytoPRE können ein bis zwei Behandlungen eingespart werden, wen keine KUK angezeigt wird.

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Kombination von PhytoPRE und Simblight1

Gewisses Potenzial sähe Stefan Vogel bei der Anwendung von Simblight1, einem anderen Prognosesystem aus Deutschland. Dieses wurde von der HAFL unter Schweizer Bedingungen getestet.

Der Vorteil von Simblight1 ist, dass man nicht auf Befallsmeldungen durch andere Produzenten angewiesen ist. Das Programm geht von einer latent infizierten Pflanzkartoffel aus.

Zusammen mit den Wetter- und Parzellendaten wird berechnet, wann dieser latente Befall der Pflanzkartoffel zu einem potenziellen Primär-befall in der Parzelle werden könnte. Daraus kann ein Datum für die erste Fungizidbehandlung abgeleitet werden.

Die HAFL verwendet die beiden Systeme Simblight1 und PhytoPRE in ihren Kartoffelprojekten jeweils in Kombination. Simblight1 zur Festlegung der ersten Behandlung und PhytoPRE für die Planung der weiteren Behandlungen.

«Die Landwirte brauchen verlässliche Warnsysteme und das Know-how im Anbau von robusten Sorten. Sonst spritzen sie einfach», sagt Martin Uhlmann.

Es braucht aber auch Wissensvermittlung für die Landwirte. «Wir von der Branche sind bestrebt, wegen dem Absenkpfad Pflanzenschutz die Behandlungen zu reduzieren», sagt Martin Uhlmann. «Es ist wichtig, dass wir Produzenten uns selbst bewegen und nicht warten, bis befohlen wird, wie es sein muss.»

Die Landwirte müssen aufgeklärt werden

Dafür müsse von Seiten des VSKP (Vereinigung Schweizer Kartoffelproduzenten) und Swisspatat noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden. Es sei wichtig, dass weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Ein Hilfsmittel dafür kann PhytoPRE sein. «Viele Landwirte wenden es noch nicht an, aber es wird die Zukunft sein», findet Martin Uhlmann.

AboHier steht die robuste Sorte Acoustic bei der Betriebsgemeinschaft Löhr in Seedorf. Rechts daneben wurde ein Streifen der robusten Sorte Twinner angebaut. Bei den robusten Sorten reicht ein Drittel der Fungizidspritzungen aus.Kraut- und KnollenfäuleRobuste Kartoffelsorten brauchen weniger Krautfäule-BehandlungenSamstag, 27. Mai 2023

«Das Erscheinungsbild des Programmes ist etwas veraltet und nicht ganz intuitiv», sagt Stefan Vogel. Martin Uhlmann findet die kostenlose Web-App aber verständlich in der Anwendung. Verbesserungen im Layout und der Bedienung werden in Angriff genommen. Zukünftig soll PhytoPRE auch in die neue Plattform Agro-meteo integriert werden.

Programm ersetzt Feldkontrolle nicht

Für alle ist klar, dass Prognosemodelle die Feldkontrollen nicht ersetzen. «Gerade, wenn in der Nähe Frühkartoffeln unter Folie sind und beim Abdecken ein früher KUK-Befall hervorkommt, funktionieren die Prognosen nicht», erklärt Stefan Vogel. Daher ist es nach wie vor wichtig, die Umgebung gut zu kennen und seine Felder zu kontrollieren.

Die Entscheidung über die Behandlung bleibt immer noch in den Händen des Landwirts. Die Prognosemodelle können den Landwirten in der Planung der Fungizidbehandlungen aber unterstützen und diese im besten Fall reduzieren.