Kurz & bündig

- Biostimulanzien unterstützen die Funktionen von Nutzpflanzen wie Wurzelwachstum oder Fotosynthese.
- Biostimulanzien sind ein interessantes Werkzeug, aber kein Allheilmittel. Hersteller-Werbung bläst die Wirkung oft stark auf.
- Wird mit einer Ertragssteigerung von über 20 Prozent geworben, ist Vorsicht geboten. Rund 5 Prozent sind eher realistisch.

Was sind Biostimulanzien eigentlich genau? Und wie grenzen sie sich von Pflanzenschutzmitteln und Dünger ab? Grundsätzlich beinhalten Biostimulanzien Wirkstoffe wie zum Beispiel Algenextrakte, Huminsäuren, Aminosäuren, Mikroben, Bakterien oder Pilze. Es handelt sich dabei also nicht um Dünger, der Nährstoffe zuführt, oder Pflanzenschutzmittel, die Pilze, Unkräuter oder Schadinsekten abtöten, sondern eher um Präparate, die die Funktionen der Nutzpflanzen unterstützen sollen.

Wurzelentwicklung verbessern oder höhere Stressresistenz

Während Huminsäuren, Mykorrhiza oder Bakterien der Gattung Bacillus zum Beispiel die Wurzelentwicklung verbessern sollen, sorgt der Extrakt der Braunalge (Ascophyllum nodosum) für eine höhere Stressresistenz der Pflanze bei Trockenheit oder Hitze. Weitere Biostimulanzien und deren Wirkstoffe sind in der Tabelle zu finden. Gängige in der Schweiz verwendete Produkte sind zum Beispiel:

  • NutribioN: Der enthaltene Bakterienstamm Azotobacter salinestris fixiert Luft-Stickstoff und stellt ihn der Pflanze über Blatt und Wurzel zur Verfügung. Kostenpunkt: rund 45 Franken bei Aufwandmenge 50 g/ha.
  • Megafol: Bei diesem Produkt kommen verschiedene Pflanzenextrakte wie etwa Braunalge, Stickstoff und Kaliumoxid zum Einsatz. Durch ihre biologische Aktivität soll abiotischer Stress durch extreme Witterungseinflüsse gemindert werden und den Ertrag sichern. Der Preis liegt bei etwa 16 Fr./l, Aufwandmenge 2 l/ha.
  • Quantis: Durch Antioxidantien und Inhaltsstoffe, die den osmotischen Druck in der Zelle ausgleichen, soll die Fotosyntheseleistung trotz Hitzestress aufrechterhalten werden. Kosten: rund 20 Fr./ha bei 2 l/ha.

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Exakte Versuche mit Biostimulanzien sauber auswerten

Fenaco-Mitarbeiter, Agroline-Pflanzenbauberater und Landwirt Adrian Sutter berät Betriebsleiter zum Einsatz von Biostimulanzien. Auch für Sutter rückten Biostimulanzien durch die wachsende Kritik an klassischen Pflanzenschutzmitteln erst vor etwa fünf Jahren verstärkt in den Fokus.

Erste Berührungspunkte hatte er allerdings als Landwirt bereits vor 20 Jahren, als er zum ersten Mal das Biostimulans Lithovit – vermahlenes Kalksteinpulver – in Winterweizen ausprobierte. «Oftmals sieht man den Kulturen, die mit Biostimulanzien behandelt wurden, optisch nichts an. Was nicht heisst, dass es keine Wirkung erzielt hat. Daher ist es wichtig, dass man exakte Versuche mit diesen Produkten macht und diese dann auch sauber auswertet», erklärt Sutter.

Die Fenaco-Pflanzenschutzberatung Agroline habe aus diesem Grund einen Versuchstechniker angestellt, der solche Versuche anlegt, betreut, erntet und auswertet. Die Versuche werden über mehrere Jahre angelegt. Wenn ein Produkt in dieser Zeit positive und wirtschaftliche Resultate erbringt, wird dieses den Agroline-KundInnen empfohlen, so Sutter.

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«Exakte Versuche zur Wirksamkeit sind wichtig.»

Adrian Sutter, Landwirt und Agroline-Pflanzenbauberater

Biostimulanzien vorbeugend und sorgfältig geplant einsetzen

Grundsätzlich eignen sich Biostimulanzien für jeden Betrieb, so Sutter. Allerdings seien Betriebe mit guten Böden, hohem Wasserrückhalt, intakter Bodenstruktur und einer Fruchtfolge mit Kunstwiese weniger auf Biostimulanzien angewiesen. Hofdünger, Gründüngungen und Kunstwiesen tragen bereits sehr viel zur Resilienz der Kulturpflanzen bei.

Bei der Anwendung ist darauf zu achten, dass Biostimulanzien vorbeugend eingesetzt werden, da sie keine kurative Leistung haben. Ebenso sollte deren Anwendung gut geplant werden, damit der Einsatzzeitpunkt richtig gewählt ist, empfiehlt Adrian Sutter. Wichtig sei, dass der Einsatz von Biostimulanzien am Ende für den Betriebsleiter auch wirtschaftlich ist.

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Hersteller-Versprechen kritisch hinterfragen

Ein kritischer Punkt ist, dass Hersteller Biostimulanzien manch übertriebene Versprechen geben. Wann ist da Vorsicht geboten? «Es gibt mittlerweile so viele Anbieter von Biostimulanzien, dass die Entscheidung für oder gegen ein Produkt für Betriebsleiter schwierig sein kann. Da ist es wichtig, sich selbst zu fragen: Kann dieses Versprechen überhaupt stimmen? Werden Ertragssteigerungen von 20 Prozent und mehr versprochen, so stimmt das in der Regel nicht. Wenn ein Produkt eine Ertragssteigerung von +/–5 Prozent verspricht, kann das durchaus realistisch sein», ordnet der Pflanzenbauberater ein. Wichtig sei es, kritisch zu hinterfragen, woher die Versuchsergebnisse, die die Wirkung bestätigen sollen, wirklich stammen. Betriebs-leiter seien gut beraten, Versuchsergebnisse genau studieren. Stammt das Ergebnis nur von einem Jahr oder wurden die Daten über mehrere Jahre erhoben? Von welcher Einrichtung wurden die Versuche begleitet?

Viele Studien sind nicht unabhängig oder nicht konkret auf das Produkt bezogen. Zudem fehlen wissenschaftliche Belege unter Schweizer Bedingungen weitgehend. Klare, unabhängige Forschungsergebnisse, die zeigen, dass Biostimulanzien zum Beispiel einen chemisch-synthetischen Stickstoffdünger ersetzen können, fehlen. Allerdings können Biostimulanzien – mit entsprechendem Wirklichkeitssinn – dabei helfen, deren Einsatz zu optimieren und zu reduzieren. Sie sind mehr als interessantes Werkzeug, weniger als Allheil-mittel zu sehen. Was zählt, sind ehrliche Kommunikation, nachvollzieh-bare Wirkweisen, echte Erfahrungen aus der Praxis und evidenz-basierte Forschung.

EU-Zulassung

Die EU-Düngeprodukte-Verordnung 2019/1009 reguliert Biostimulanzien seit 2022 erstmals rechtlich einheitlich. Im Zuge dessen wurde das CE-Kennzeichen auch für Dünge-produkte eingeführt. Produkte, die mit CE gekennzeichnet sind, entsprechen europäischen Qualitätsstandards, an die Kriterien zu Ausgangsstoffen, Schadstoffgrenzen und anderen Produkteigenschaften geknüpft sind. Unabhängige Konformitätsbewertungsstellen (KBst) überprüfen und bewerten vor diesem Hintergrund Ergebnisse aus Praxisversuchen, die die Wirksamkeit von Biostimulanzien untersuchen. Seit 1999 besteht zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft ein Abkommen über die gegenseitigeAnerkennung von Konformitäts-bewertungen. Das Biostimulans Megafol war eines der ersten CE-zertifizierten Produkte.

Quellen: Fedlex, Syngenta