Kurz & bündig

- Preisempfehlungen entstehen entweder auf der Basis von Kalkulationen oder als Durchschnittspreise.
- Bei Gemüse orientieren sich die Empfehlungen am Angebot.
- Ein Stundenlohn von 28 Franken ist angemessen.
- Bei der Kalkulation ist auch daran zu denken, Investitionen zu amortisieren.

Philipp Gut leitet die Fachstelle Spezialkulturen am Wallierhof und gibt Preisempfehlungen. Selber kalkuliert er praktisch keine Produkte, am Wallierhof machen das für verarbeitete Produkte die Hauswirtschaftslehrerinnen. Das Resultat ist unter «Marktpreise» in der «Bauern-Zeitung» zu finden.

DossierEin gepflegter Hofladen mit Produkten des eigenen Betriebs und Partnern: Wenn er erfolgreich ist, steckt nicht nur Zeit und Geld dahinter, sondern auch ein durchdachtes Marketingkonzept.AbsatzförderungMarketingMittwoch, 8. Dezember 2021 Für seine Direktverkauf-Preisempfehlungen sammelt und übernimmt Gut viele Preise von Spezialisten, beispielsweise dem Schweizer Obstverband, der IG Aronia oder der IG Christbaum. «Bei manchen Produkten frage ich bei einigen wichtigen Produzenten nach und mache einen Durchschnittspreis oder eine Preisspanne», sagt Gut. Dieses Vorgehen wendet er zum Beispiel bei Erbsen ab Drescher, Selbstpflückblumen oder Truthahnfleisch an.

Preisempfehlungen sind Anhaltspunkte für den Direktverkauf

Im Jahr 2021 war die Preisgestaltung von Frischwaren im Direktverkauf schwierig: Nässe und Unwetter verursachten grosse Ernteausfälle, speziell im heimischen Gemüseanbau. Frischgemüse wurde knapp, die Preise im Grosshandel und an den Gemüsebörsen stiegen in nie gesehene Höhen.

Für die Preisempfehlungen von Obst, Beeren und Gemüse orientiert sich Gut am Markt. So werden die Gemüsepreise dem Angebot angepasst. Dennoch: Selbst wenn Grossverteiler Kopfsalat im Frühsommer extrem billig anbietet, Guts Preisempfehlungen tauchen möglichst nicht unter einen kostendeckenden Betrag.

Wichtig ist ihm auch: Die Empfehlungen sind ein Anhaltspunkt und dürfen nach Gutdünken angewendet werden. Vor allzu tiefen Preisen warnt Gut: «Eine massive Unterschreitung der Empfehlungen ist auf die Dauer sicher kontraproduktiv.» Denn kommen die Kunden nur, weil das Angebot billig ist, ziehen sie weitere, sobald sie irgendwo noch tiefere Preise entdeckt haben.

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Den Produkten im Direktverkauf realistische Preise geben und dazu stehen

Renate Hurni, Beraterin und Coach am Inforama Seeland, kennt das Beispiel eines Hofladens, der mit grossen Einheiten gezielt preissensible Kunden anspricht: Verkauft werden da zum Beispiel Tomaten und Zwetschgen, die sich zum Einkochen eignen.

Ansonsten rät sie allen, die einen Hofladen betreiben, den Produkten realistische Preise zu geben und zu diesen zu stehen: «Wer nach einem Jahr den Preis massiv erhöht, verärgert unter Umständen die Kundschaft.»

Sie hält einen Stundenlohn von mindestens 28 Franken für angemessen. Je nach Region und Kundschaft dürfe er auch höher liegen. Denn, das erwähne sie fast in jedem ihrer Kurse und in ihren Beratungsgesprächen: «Wir müssen Einkommen generieren, nicht Arbeit – davon gibt es auf jedem Betrieb genug!»

Bei der Berechnung gelte es, sehr ehrlich zu sein und auch an Kosten zu denken, die nicht offensichtlich sind: Das Auto etwa, das zum Einkaufen der Produkte benötigt wird und die Zeit, die jemand mit dem Etikettieren verbringt.

Ungern hört Renate Hurni bei tiefen Stundenlöhnen das Argument, dass sich Frauen bei der Produktion von Hausgemachtem auf dem Hof die Betreuungskosten für die Kinder sparen: «Das mag schon sein. Dafür dauert die Arbeit länger, wenn man gleichzeitig Kinder hütet.»

Bei der Preisberechnung auch an die Investitionen denken

Als Hilfsmittel für die Preisberechnung scheint ihr die Software «HW-Haus» von Agridea sinnvoll. Das sei ein einfaches Mittel, das einen guten Überblick verschaffe. In ihren Beratungen werde sie selten nach Kalkulationen gefragt, ab und zu rechnet sie einzelne Produkte durch, das ganze Sortiment eines Hofladens habe sie noch nie geprüft.

Dabei findet Renate Hurni nur schon den Gedanken wertvoll, dass ein Hofladen eine Investition sei, die es in sinnvoller Zeit abzuschreiben gebe. Aktuell seien Hofläden im Trend, auch sehr kleine oder solche mit Automaten. Diese würden rasch gegen 20'000 Franken kosten. «Da muss man viele Salatköpfe verkaufen, bis der Automat amortisiert ist», gibt sie zu bedenken. Veredelte Produkte mit höheren Preisen bringen dagegen eine höhere Wertschöpfung.