Im Anbaujahr 2024 werden 10 Prozent der geplanten Pflanzkartoffelflächen nicht gepflanzt. Die Gründe sieht man bei Swisssem, dem Dachverband der Schweizer Saat- und PflanzgutproduzentInnen, nicht nur in der schlechten Ernte des letzten Jahres und in dem neuen Problem, dass wegen europaweit tiefer Erträge zu wenig Pflanzgut importiert werden kann. Seit Kurzem stelle man auch eine sinkende Anbaubereitschaft fest. Das betrifft sowohl Pflanzkartoffeln als auch Saatgetreide. «Es gibt eine Konkurrenz um Anbauflächen, die durch die Prämien des Bundes angeheizt worden ist», erklärt Swisssem-Geschäftsführer Christof Rüfenacht. Die Politik fördere den extensiven Anbau, der sich schlecht mit der Produktion von Saat- und Pflanzgut vereinbaren lasse.
Die Preise für Saat- und Pflanzgut sind gestiegen
2022 hat Swisssem Preiserhöhungen beschlossen: Die Produzentenpreise stiegen beim Saatgetreide um etwa Fr. 10.–/dt, bei den Kartoffeln – je nach Sorte – in der Grössenordnung zwischen Fr. 7.– und Fr. 10.–/dt (Fr. 15.–/dt bei Bio). 2023 bewegten sich die ÖLN-Produzentenpreise um etwa Fr. 85.–/dt.
Für die Anpassungen nach oben war die Zusammenarbeit aller Akteure – neben den Vermehrungsorganisationen teilweise auch der Branche – notwendig. Das illustriert den Ernst der Lage, wie Christof Rüfenacht verdeutlicht: «Wir haben z. B. seit etwa 2016 pro Jahr rund 20 ha Pflanzkartoffel-Vermehrungsfläche verloren und konnten den Schwund nicht mehr kompensieren.» Der Klimawandel verschärft das Problem. Nicht nur nasse Bedingungen im Frühjahr und dadurch verzögertes Pflanzen bringen Schwierigkeiten. «Hitze begünstigt Blattläuse, die Virosen verbreiten», gibt Christof Rüfenacht zu bedenken. «Die Abfolge von schwierigen Jahren entmutigt die Pflanzgutproduzenten.»
Fehlmengen wegen Krautfäule vor allem bei Bio
Heuer kommen grosse Mehraufwände zum Schutz der Bestände vor der grassierenden Krautfäule hinzu. Teilweise sei der Aufwand im Vergleich zu einem Durchschnittsjahr verdoppelt, schätzt Adrian Krähenbühl, Geschäftsführer der Semag AG. Vermehrungsorganisationen wie die Semag betreuen den regionalen Anbau von Saat- und Pflanzgut und ergänzen so die Aktivitäten des Dachverbands Swisssem. «Ende Juni 2024 zeichnen sich Fehlmengen im Bio-Anbau an, weil diverse Parzellen aufgrund der staatlichen Norm abgewiesen wurden», so Krähenbühl.
Semag fordert höhere Bundesbeiträge
Der Semag-Geschäftsführer ergänzt neben Fragen zu Wirtschaftlichkeit und Wetterextremen einen weiteren Punkt, der zur sinkenden Anbau-bereitschaft beitrage: «Es leben und arbeiten auf den Betrieben immer weniger Personen – das ist schwierig für so arbeitsintensive Betriebszweige.»
Swisssem hat es sich zum Ziel gesetzt, die schwierige Situation in der Pflanzkartoffelproduktion und insbesondere die sinkende Anbaubereitschaft der Produzenten zu analysieren. Zusätzlich zur Preiserhöhung fordert der Verband eine Erhöhung der Einzelkulturbeiträge des Bundes, um die Saat- und Pflanzgutvermehrung wieder wirtschaftlicher zu machen.
«Gutes Saatgut ist der Beginn einer schönen Kultur und die Vermehrer sind das erste Glied in der Produktionskette», sagt Christof Rüfenacht. Die Produzenten von Pflanzgut müssten in erster Linie Herzblut für den Kartoffelanbau mitbringen, so Adrian Krähenbühl. «Ausserdem ist in einer vierjährigen Fruchtfolge eine Fläche von mindestens zwei Hektaren anzustreben.» Interessierte LandwirtInnen können sich bei Swisssem melden.