Im Seeland, einer der fruchtbarsten Agrarregionen der Schweiz, wechseln sich Trockenheit und Niederschläge in raschem Rhythmus ab. Starkregen führt zu Staunässe, die die Befahrbarkeit der Felder erschwert und Pflanzenwurzeln schädigt. In regenarmen Perioden hingegen trocknet der Boden schnell aus. Landwirt Matthias Schwab aus Gals BE hat für dieses Problem eine Lösung gefunden – er nutzt die bestehende Drainageinfrastruktur auf eine neue Weise: zur passiven Bewässerung.

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Aus Entwässerung wird Wasserrückhalt

Früher erfüllte die klassische Drainage eine klare Funktion: Überschüssiges Regenwasser wurde über unterirdische Rohre mit leichtem Gefälle in Gräben oder Kanäle abgeleitet. Dadurch blieb der Boden durchlässig, befahrbar und frei von Staunässe.

Heute jedoch verwandelt Matthias Schwab diese traditionelle Entwässerung in eine clevere Bewässerungstechnik: In Trockenperioden staut er das Wasser gezielt in den Drainagerohren, etwa 50 bis 80 Zentimeter unter der Bodenoberfläche. Das Wasser steigt dann langsam, fast von selbst, durch die Kapillarwirkung wieder in die Wurzelzone auf.

Die Kapillarwirkung beschreibt, wie Wasser im Boden durch feine Poren und Spalten gegen die Schwerkraft nach oben steigt – ähnlich wie ein Schwamm Wasser aufsaugt. Sie entsteht, weil Wasser an den Bodenpartikeln haftet (Adhäsion) und sich durch die Oberflächenspannung gegenseitig mitzieht.

Die Bodenfeuchte wird dabei kontinuierlich gemessen. Über eine Web-Applikation hat Schwab Zugriff auf die Daten. Ein Maximalwert wird in der App eingegeben, sodass das Stauwehr selbst regulieren kann. Mithilfe eines Überlaufs wird eine maximale Wasserquote festgelegt, um zu hohe Niveaus zu vermeiden.

Wo die passive Bewässerung funktioniert – und wo nicht

Das System eignet sich besonders für flache Böden mit gleichmässigem Gefälle und hohem Grundwasserstand – wie sie im Grossen Moos vorkommen.

Voraussetzung ist der Zugang zu einer natürlichen Wasserquelle (z. B. Graben, Kanal). Denn mit Frischwasser lässt sich die passive Bewässerung nicht wirtschaftlich betreiben – der Wasserverbrauch wäre viel zu hoch. Grenzen hat das System auf steileren Hängen, in sehr sandigen Böden oder dort, wo keine bestehende Drainageinfrastruktur vorhanden ist. Ausserdem ist die Wirksamkeit abhängig von der Bodenstruktur, da dichte oder stark verdichtete Böden den kapillaren Wassertransport behindern können.

Welche Kulturen sich für die passive Bewässerung eignen

Tiefwurzelnde Kulturen wie Mais, Zuckerrüben und Weizen eignen sich gut für die passive Bewässerung, da sie Wasser aus dem Unterboden aufnehmen können. Flachwurzelnde Pflanzen wie Zwiebeln oder Lauch sind weniger geeignet, weil der kapillare Wasseraufstieg oft nicht bis in die obersten Bodenschichten reicht, was zu Trockenstress führt.

In solchen Fällen kann die passive Bewässerung die Oberflächenbewässerung sinnvoll ergänzen, indem sie die Feuchtigkeit im Unterboden liefert und so den Gesamtwasserbedarf reduziert. So wird dies auch bei durstigen Kulturen wie den Kartoffeln gehandhabt. Insgesamt bietet das System eine einfache Möglichkeit, Wasser effizienter zu nutzen und Trockenstress zu verringern.

Matthias Schwab fasst es so zusammen: «Mit der passiven Bewässerung kann ich vorhandene Ressourcen besser nutzen und die Pflanzen gezielt unterstützen.»