Kurz & bündig
- Dank Mulchfolien braucht es weniger Herbizide und weniger Bewässerung.
- Die biologisch abbaubaren Folien müssen aber korrekt in den Boden eingearbeitet werden.
- Nicht abbaubare Folien müssen nach der Anwendung entfernt, rezykliert oder entsorgt werden.
- Nicht vollständig abgebaute Mulchfolienreste landen in der Landschaft oder im Heu, was zu Reklamationen führt.
Gerade während des Corona-Lockdowns im Frühling waren in der Schweiz besonders viele Spaziergänger im Land unterwegs. Ob ein direkter Zusammenhang besteht, ist zwar nicht erwiesen, doch offenbar gingen auf den Amtsstellen in dieser Zeit vermehrt Reklamationen über Mulchfolien-Fetzen in der Landschaft ein.
Manchmal verfrachtet der Wind sie zu Uferböschungen an Gewässern, wo sie besonders negativ auffallen. Die seit ein paar Jahren zunehmende «Verplastifizierung» der Äcker droht so zu einem neuen Problemfeld in der sowieso schon schwierigen Kommunikation zwischen Landwirtschaft und Bevölkerung zu werden.
Dabei lösen gerade die Mulchfolien einige Probleme, welche zurzeit in der Öffentlichkeit besonders viel zu reden geben. Zum Beispiel den umstrittenen Einsatz von Herbiziden. Denn unter den Mulchfolien entwickelt sich wegen dem fehlenden Licht viel weniger Unkraut. Weil weniger Wasser verdunstet, sinkt der Bewässerungsaufwand, weniger Nährstoffe werden ausgewaschen und die Bodenfeuchte hält länger an.
Auch das Erosionsrisiko wird vermindert. Zu guter Letzt bleiben die Pflanzen sauberer und sind weniger von Fäulnis befallen. Viele Vorteile also, die am Ende des Tages zu höheren Erträgen führen.
Die abbaubaren Mulchfolien sind im Aufwind
Die Folien kommen vor allem in Spezialkulturen wie Gemüse, Kürbissen, Beeren oder im Weinbau zum Einsatz. Weitere Kulturen dürften im Zuge der Diskussionen um die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln folgen. So werden beispielsweise in Deutschland bereits Mulchfolien beim Anbau von Zuckerrüben eingesetzt.
«Es wäre schade, wenn die Landwirtschaft die Vorteile von Mulchfolien fahrlässig aufs Spiel setzen würde», sagt Daniel Bachmann von der Gemüsefachstelle Strickhof in Wülflingen. Bei ihm landen die Fälle im Kanton Zürich mitunter, wenn Hinweise über den unsachgemässen Einsatz von Mulchfolien eingehen.
Was die Bevölkerung meistens nicht weiss: Die meisten bei diesen Kulturen eingesetzten Folien sind biologisch abbaubar. Genau Zahlen dazu gibt es zwar nicht, doch je nach Quelle wird der Anteil auf zwischen 20 und 70 Prozent geschätzt. Klar ist: Die Tendenz führt klar weg von nicht verrottbaren Folien. Dafür sprechen vor allem auch wirtschaftliche Gründe, weil die nicht biologisch abbaubare PE-Folien vollständig vom Feld entfernt und teuer in der Kehrichtverbrennung entsorgt werden müssen.
Bei richtiger Einarbeitung der verrottbaren Folien nach dem Ende der Kultur sollten eigentlich keine Plastikfetzen mehr sichtbar sein. Vieles über die richtige Handhabung der trotz allem noch relativ neuen Technologie ist immer noch unbekannt.
Reklamationen kommen nicht nur aus der Bevölkerung, sondern aus der Landwirtschaft selbst. So beklagen sich Milchbauern über nicht verrottete Folienreste im Heu. Der Kanton Zürich hat ein Merkblatt über das Inverkehrbringen und die richtige Verwendung von Mulchfolien herausgegeben, an dem Daniel Bachmann in der extra dazu gegründeten Arbeitsgruppe mitarbeitete. Bachmann hofft, dass die Information mehr Klarheit beim Kauf und bei der richtigen Anwendung der Folie schafft.
Die Mulchfolien oberflächlich eineggen reicht nicht
Gemüseproduzent Lorenz Gutknecht aus Ins BE verwendet seit über zehn Jahren biologisch abbaubare Mulchfolien, früher bei Schalotten, heute vor allem bei Zucchetti. Die wärmeliebende Kultur profitiert zusätzlich von einem Verfrühungseffekt, weil die Folie die Wärme im Boden hält.
Nach dem Ende der Kultur arbeitet er die Mulchfolie in der Regel mit dem Pflug in den Boden ein. Nicht so viel hält er vom Eineggen. «Reste bleiben eher an der Oberfläche liegen und werden dann vom Wind verweht.»
Da es immer noch viele Unbekannte gibt beim Einarbeiten der Mulchfolien, hat jeder und jede seine eigenen Lösungsansätze entwickelt. Kollegen von Lorenz Gutknecht machen beispielsweise gute Erfahrungen mit der Scheibenegge, andere gehen zuerst mit der Fräse darüber, bevor sie die Fetzen vergraben.
Zudem ist noch wenig bekannt, wie die Abbauprozesse in unterschiedlichen Böden ablaufen. Ein Forschungsprojekt der ETH und von Agroscope läuft aktuell.
Relativ sicher ist, dass UV-Strahlen die Abbaufähigkeit negativ beeinflussen. «Deshalb raten wird, die Folie nicht lange auf dem Boden liegen zu lassen und möglichst schnell einzuarbeiten», erklärt Bachmann. Ein bisschen oberflächlich eineggen reiche nicht aus. «Der Pflug wäre eigentlich schon ideal.» Er wisse aber, dass dies zu Zielkonflikten führe und oft den Grundsätzen der guten landwirtschaftlichen Praxis widerspreche, gerade in Bezug auf die Bodenbedeckung im Winter. Doch das Liegenlassen der Folie mit dem Risiko der Verfrachtung von Plastikfetzen in die Umgebung – auch wenn sie vermeintlich biologisch abbaubar sind –, sei auf jeden Fall nicht akzeptabel und für die Landwirtschaft imageschädigend.
Die Produzenten müssen den Handel in die Pflicht nehmen
Bisher gibt es in der Schweiz keine gesetzliche Grundlage, welche das Inverkehrbringen von Mulchfolien regelt. Auf europäischer Ebene besteht seit Kurzem die Norm EN 17033:2018, welche die Anforderungen beschreibt, die biologisch abbaubare Folien zu erfüllen haben.
Bisher waren die Folien – wenn überhaupt – mit einem Wirrwarr von Labeln ausgestattet, die beispielsweise eine «Kompostierbarkeit» versprechen. Doch gerade diese ist von zahlreichen äusseren Einflüssen abhängig und in der Regel auf hohe Temperaturen in Kompostieranlagen ausgelegt.
Kommt dazu, dass es Folien aus pflanzlichen Rohstoffen gibt, die sich gar nicht im Boden abbauen oder umgekehrt solche aus fossilen Quellen, die im Boden vollständig von Mikroorganismen verdaut werden. Letztere passen wiederum nicht zu den aktuellen Nachhaltigkeitsdiskussionen.
Die Angelegenheit ist also komplexer, als man denkt. Angesprochen ist hier deshalb vor allem auch der Handel. Ein Blick in die Online-Shops von Anbietern zeigt, dass die Folien bisher kaum mit nützlichen Informationen ausgestattet sind.
Das soll sich nun ändern. Die GVZ-Rossat AG in Otelfingen ZH erhielt deshalb vor ein paar Wochen Besuch von Vertretern der betroffenen Ämter. «Wir einigten uns darauf, dass wir bis Ende Jahr eine Gebrauchsanweisung erstellen, die wir den Lieferungen künftig beilegen werden», sagt Patrick Müller von der GVZ-Rossat AG. Auch im Online-Shop wolle das Unternehmen mehr Produkte-Informationen publizieren.
Er betont, dass sie schon jetzt alle nötigen Zertifikate vorweisen könnten. Nur waren diese bisher kaum ein Thema. Die Kundschaft soll künftig grundsätzlich besser über den sachgemässen Einsatz von Mulchfolien instruiert werden.
Müller stellt bereits eine höhere Sensibilisierung bei den Landwirten fest: «Sie fragen beim Aussendienst beim Kauf einer Folie nun spürbar häufiger das europäische Zertifikat SN EN 17033 nach.»
Die Bevölkerung über den Sinn von Mulchfolien informieren
Nicht nur Mulchfolien haben sich in den letzten zehn Jahren zum wertvollen Hilfsmittel in der Landwirtschaft entwickelt – insbesondere auch im Biolandbau.
Auch die jeweils im Frühling grossflächig über den Kartoffeln ausgelegten weissen Verfrühungs-Vliese sowie zunehmend auch Insektenschutz-Netze ändern das Landschaftsbild. Das führt ebenfalls zu Diskussionen in der Bevölkerung.
Einen besonders starken Eindruck hinterlassen mit Plastikfolien abgedeckte Spargeldämme, was vor allem in Deutschland viel zu reden gibt. Mit Informationstafeln wird dort bereits seit ein paar Jahren versucht, die Vorteile der Anwendung von Folien in der Landwirtschaft zu erklären.
In der Schweiz hat es zwar deutlich weniger Spargelfelder. Trotzdem sieht der Verband Schweizer Gemüseproduzenten VSGP auch in der Schweiz Bedarf nach mehr Informationen für die Bevölkerung. «Wir stellen unseren Mitgliedern deshalb ein Infoblatt zu abbaubaren Folien zur Verfügung, das sie am Feldrand anbringen können», sagt Markus Waber vom VSGP.
Aber natürlich sei es wichtig, dass am Ende der Kultur genug Sorgfalt angewendet werde bei der Einarbeitung der Mulchfolien. «Reklamationen über herumfliegende Plastikfetzen von Gemüsefeldern sind unerwünscht.»
Wie baut sich die Mulchfolie ab?
Biologisch abbaubare Mulchfolien bestehen meist aus Stärke und den synthetischen Polyestern Polybutylen-adipaterephtalat (PBAT) sowie Polymilchsäure (PLA).
Sie werden unter Einfluss von Licht, Sauerstoff, Temperatur und Mikroorganismen im Boden abgebaut. Dabei entsteht Kohlendioxid und mikrobielle Biomasse, die im Boden verbleibt. In der EU gibt es deshalb sogar Bestrebungen, Mulchfolien als Bodenverbesserer anzuerkennen.
Richtiger Umgang mit biologisch abbaubaren Folien
- Folienreste sofort nach dem Ende der Kultur vollständig in den Boden einarbeiten, bis diese nicht mehr an der Oberfläche sichtbar sind.
- Die besten Resultate werden mit dem Pflug erzielt, obwohl dies oft den Grundsätzen der guten Agrarpraxis widerspricht.
- Trotzdem liegen gebliebene Folienreste müssen eingesammelt werden, da ihre Abbaufähigkeit unter Lichteinfluss beeinträchtigt wird.
- Beim Kauf der Folie den Nachweis verlangen, dass die Norm SN EN 17033:2018 eingehalten wird.
- Abbaubare Folien müssen mit der Bezeichnung «biologisch abbaubare Mulchfolie» gekennzeichnet sein.