Kurz & bündig
- Nicht der tiefe Schnitt bringt Dreck ins Futter, sondern die daraus resultierende tiefere Einstellung von Kreiselheuer und Schwader.
- Die Einstellung der Schnitthöhe am Mähwerk ist häufig limitiert. Zu starkes Einkürzen des Oberlenkers kann zu Wellenschnitt führen.
- Hochschnittkufen der jeweiligen Mähwerkhersteller können helfen, die optimale Schnitthöhe zu erreichen.
Ein tiefer Schnitt gibt mehr Ertrag: Das wird häufig geglaubt, ist aber zu kurz gedacht. Ein zu tiefer Schnitt bringt zahlreiche Nachteile in diversen Bereichen mit sich. Sei es bezüglich Futterverschmutzung, Maschinenverschleiss oder Bestandesentwicklung.
In der Theorie wird immer wieder von der optimalen Schnitthöhe gesprochen, die zwischen 6 und 10 cm liegen sollte. In der Praxis wird diese Schnitthöhe leider häufig nicht eingehalten, mit fatalen Folgen. Das beobachtet auch Nicolas Marti, Lehrer und Berater im Bereich Futterbau am BBZN Hohenrain.
Tiefes Kreiseln und Schwaden bringt mehr Dreck ins Futter
«Ein zu tiefer Schnitt alleine führt noch nicht zu höherer Futterverschmutzung», erklärt Nicolas Marti. Der höhere Eintrag von Erde ins Futter erfolgt mit den Folgearbeiten wie dem Kreiseln und Schwaden. Wird tief gemäht, müssen folglich die restlichen Maschinen ebenfalls tief eingestellt werden, damit das Futter noch sauber genug zusammengetragen werden kann. Durch das Kratzen am Boden gelangen Erde und Steine ins Futter.
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Dies führt schliesslich zu höherem Rohaschegehalt im Futter. Ausserdem kann der Silierprozess negativ beeinflusst werden. Die Erde im Futter wirkt wie ein Puffer und hemmt das Absinken des pH-Wertes während des Silierprozesses.
Zudem gelangen unerwünschte Bodenbakterien ins Futter. Schliesslich entsteht mehr Buttersäure, welche die Schmackhaftigkeit sowie Verdaulichkeit des Futters herabsetzt. Schlechte Futterqualität verschlechtert schliesslich auch die Leistung der Tiere.
Ein zu tiefer Schnitt zieht also einen ganzen Rattenschwanz nach sich. Doch dessen Auswirkungen sind nicht nur im Stall spürbar, sondern auch im Wiesenbestand.
Die Futtergräser verschwinden bei tiefem Schnitt
Die optimale Schnitthöhe liegt gemäss Nicolas Marti bei 8 cm. Wird zu tief gemäht, dann werden gute Futtergräser geschwächt. Besonders horstbildenden Gräsern wie Italienischem Raigras und Knaulgras wird wortwörtlich der Kopf abrasiert. Horstbildende Gräser wachsen weniger tief am Boden und können dem Schnitt nicht durch Ausläuferbildung ausweichen.
Der tiefe Schnitt entzieht den Horstgräsern mehr Reservestoffe in der Halmbasis, welche für den nächsten Aufwuchs benötigt werden. Das ist häufig an der Vergilbung der Horste nach der Mahd sichtbar. Solche Gräser werden durch zu tiefen Schnitt gehemmt. Pflanzenarten, die Ausläufer bilden, können bei einem zu tiefen Schnitt schneller wieder austreiben, da ihre Reserven im Trieb am Boden liegen. Arten wie der Weissklee können sich somit stärker verbreiten. «Der Weissklee kann Freund und Feind sein», mahnt Nicolas Marti. Ab einem Bestandesanteil von 30 Prozent und einer zu tiefen Schnittnutzung kann der Weissklee schnell überhandnehmen, was zu markanten Ertragsverlusten führt.
Auch Ungräser wie das Ausläuferstraussgras, die Borstenhirse oder die Gemeine Rispe sowie Hahnenfuss und Breitwegerich profitieren von zu tiefem Schnitt. Deshalb empfiehlt Nicolas Marti, besonders im Sommer darauf zu achten, den Bestand höher zu schneiden: Falls möglich sogar eher gegen 10 cm. Denn durch den höheren Schnitt wird der Boden auch stärker beschattet. Dies vermindert die Wasserverdunstung und die Bodenüberhitzung.
Bei einem höheren Schnitt haben die Futtergräser mehr Nährstoffe und Wasserreserve zum Wiederaustreiben. Auf dem Bild ist gut ersichtlich, welchen Einfluss die Schnitthöhe auf den Wiederaustrieb und schliesslich auch auf das Zeitintervall bis zur nächsten Mahd hat. Rotklee und Luzerne bevorzugen ebenfalls einen höheren Schnitt, weil so die untersten Blätter vorhanden bleiben.
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Verändert sich der Pflanzenbestand wegen des tiefen Schnitts negativ, sinken längerfristig auch der Ertrag und die Futterqualität. Die Nachteile von zu tiefem Schnitt übertrumpfen also den vermeintlichen Vorteil von mehr Ertrag.
Ein optimaler Schnitt ist technisch nicht immer möglich
Mit höherem Schnitt werden nicht nur die Pflanzen, sondern auch die Maschinen geschont. Wird höher gemäht, gelangt weniger Erde von Mäusehaufen durch das Mähwerk. Ausserdem werden weniger Fasern geschnitten, wenn die Pflanzen höher gemäht werden. Das schont die Messerklingen und spart Treibstoff. Auch der Verschleiss am Mähwerk selbst und an den Gleitkufen wird reduziert. [IMG 2]
Doch die optimale Schnitthöhe könne technisch teilweise gar nicht erreicht werden, so Nicolas Marti. Die Höheneinstellung des Mähwerks am Oberlenker sei je nach Hersteller ziemlich limitiert. Vielfach könne die Höhe nicht über 6 cm eingestellt und gleichzeitig gewährleistet werden, dass der Schnitt waagrecht bleibt. Wird der Oberlenker zu stark verkürzt, heben sich die Messer vorne schräg nach oben und schneiden nicht mehr waagrecht. Das kann bei einem Trommelmähwerk zum Wellenschnitt führen.
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Bei Trommelmähwerken kann dies sogar den Effekt haben, dass zwar vorne auf optimaler Höhe gemäht wird, aber auf der hinteren Seite des Mähbalkens die Messer den Bestand quasi wieder abmulden. Deshalb empfiehlt Marti die Anschaffung von Hochschnittkufen. Diese können beim jeweiligen Mähwerkhersteller gekauft werden und sind auch für Motormäher verfügbar. «Mit dem Motormäher wird in den meisten Fällen zu tief gemäht», erzählt Marti.
Werden Hochschnittkufen angeschafft, muss das Mähwerk neu eingestellt und ausgerichtet werden, damit der Schnitt waagrecht beziehungsweise leicht nach vorne unten geneigt erfolgt.
Der Anpressdruck sollte ebenfalls stimmen. Marti empfiehlt ungefähr 50 kg – so, dass das Mähwerk auf der Seite von Hand angehoben werden kann. Der Anpressdruck richte sich nach dem Bestand und dem Zustand des Feldes. «Hier ist man immer etwas im Zwiespalt zwischen sauberem Schnitt und Druck», erklärt Marti.
Bei alten Beständen mit Trittschäden empfiehlt Marti einen etwas höheren Anpressdruck, damit das Mähwerk schön über den Bestand gleitet, ohne zu «hüpfen». Bei ebenen Feldern und am Hang kann der Druck reduziert werden. So liegt mehr Gewicht auf dem Traktor.
Hoher Schnitt nützt nichts mit stumpfen Messern
Die Vorteile eines höheren Schnitts überwiegen: «Aber alles nützt nur halb so viel, wenn mit stumpfen Messern gemäht wird», mahnt Marti. Dadurch wird das Gras nicht sauber geschnitten, sondern vielmehr abgehackt. Mit der Folge, dass die Grasstoppeln ausfransen. Diese Verletzungen hemmen schliesslich den Wiederaustrieb, weil die Pflanzen mehr Wasser und Nährstoffe verdunsten.
«Sobald man am gemähten Bestand beobachtet, dass der Schnitt nicht mehr sauber genug ist, sollten die Messer umgehend gewechselt oder gedreht werden», empfiehlt Marti. Vom Messerschleifen rät er jedoch ab. Das führe zu einem unpräzisen Schnitt und schliesslich kann nicht viel Geld gespart werden, da neue Messer mit Fr. 1.50 bis Fr. 3.– pro Stück nicht allzu teuer seien.
Nun bleiben noch ein paar Wochen bis zum ersten Schnitt, um alle Maschinen für die erste Ernte vorzubereiten.
Vorteile hoher Schnitt
- Weniger Futterverschmutzung, weil Kreiselheuer und Schwader höher eingestellt werden können und weniger am Boden kratzen.
- Tieferer Rohaschegehalt im Futter.
- Höherer Futtergehalt sowie bessere Verdaulichkeit und Fressbarkeit.
- Keine Fehlgärung bei Grassilagen.
- Schnellerer Aufwuchs nach dem Schnitt.
- Beschattung des Bodens im Sommer dank längerer Stoppeln.
- Weniger Lücken für Unkräuter.
- Futtergräser wie Italienisches Raigras und Knaulgras profitieren.
- Weniger Verschleiss der Erntemaschinen.