Die Schilfglasflügel-Zikade kann nebst Zuckerrüben und Kartoffeln auch Gemüsepflanzen wie Randen, Karotten, Wurzelpetersilie und Pastinaken befallen – ein breites Spektrum an Wirtskulturen. Das Problem ist, dass ein Grossteil der Zikaden das Bakterium Arsenophonus in sich trägt, welches beim Saugen an den Blättern auf die Kulturpflanzen übertragen wird.

Das Bakterium löst bei Zuckerrüben die Krankheit SBR (Syndrome de Basses Richesses) aus, die sich in Form von vergilbten Blättern und tiefen Zuckergehalten äussert. Bei Kartoffeln führt die Infektion zur bakteriellen Knollenwelke, Wuchsstörungen und schlechten Backtest bei Verarbeitungskartoffeln.

Seit Jahren forscht die HAFL in Zollikofen an möglichen Bekämpfungsstrategien. In einem zweijährigen Forschungsprojekt in der Westschweizer Region Chablais konnte bereits zwischen 2021 und 2023 gezeigt werden, dass die Fruchtfolge einen grossen Einfluss auf die Vermehrung der Zikade haben kann.

Neuste Ergebnisse aus einem laufenden Forschungsprojekt im Bernbiet bestärken die ersten Erkenntnisse.

Keinen Winterweizen nach Zuckerrüben anbauen

Im Limpachtal wurde der Zikadenausflug im Frühjahr auf sechs Parzellen mit drei verschiedenen Fruchtfolgen untersucht (siehe Grafik unten). Pro Feld wurden Anfang Mai je zehn Fangzelte platziert, um den Ausflug der Zikaden zu überwachen.

Die ersten provisorischen Ergebnisse der Saison 2025 des dreijährigen Projekts (2024–2027) zeigen eindrückliche Zahlen. In den beiden Parzellen mit Winterweizen nach Zuckerrüben wurden bis zum 2. Juli 2025 auf Parzelle 1 rund 550 000 Zikaden pro Hektare und auf Parzelle 2 rund 130 000 registriert. Auf den Feldern mit Winterweizen nach Kartoffeln wurden in dieser Zeitspanne keine Zikaden gefunden und auf den Parzellen mit Kartoffeln nach Zuckerrüben deutlich weniger.

Ausserdem liegen die beiden Parzellen «Zuckerrüben – Kartoffeln Parzelle 2» und «Zuckerrüben – Winterweizen Parzelle 1» direkt nebeneinander – trotzdem sind die Zikadenfänge so unterschiedlich. Die Ergebnisse zeigen, dass die Fruchtfolge mit einem Verzicht auf Winterweizen nach Zuckerrüben aktuell die wirksamste Bekämpfungsmassnahme gegen die Zikade ist.

Der Grund für diese Ergebnisse ist im Lebenszyklus der Zikade zu finden (siehe Abbildung oben). Der Anbau von Winterweizen nach Zuckerrüben ist eine weit verbreitete und gängige Fruchtabfolge, wodurch sich die Zikaden vermehren können.

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Winterweizen nach Kartoffeln ist wohl weniger problematisch

In der Fruchtfolge mit Winterweizen nach Kartoffeln wurden keine Zikaden gefangen, obwohl in der Parzelle direkt daneben mit der Fruchtfolge Winterweizen nach Zuckerrüben über 500 000 Zikaden gefangen wurden. Wie ist das möglich?

Diese Frage kann noch nicht abschliessend beantwortet werden. Stefan Vogel von der HAFL und Mitwirkender im Forschungsprojekt hat folgende Hypothesen: Die Zuckerrübenernte findet in der Regel später statt als die Kartoffelernte und der Boden wird dabei weniger intensiv bewegt. Zu diesem Zeitpunkt sind die Nymphen bereits weiter entwickelt und tiefer im Boden. Daher werden sie durch die Ernte weniger beeinträchtigt. Bei der Kartoffelernte hingegen wird der Damm intensiver bearbeitet und bewegt, womit die Nymphen möglicherweise in einem sensibleren Stadium erfasst werden.

Ausserdem wurden bisher nur zwei Parzellen mit der Fruchtfolge Winterweizen nach Kartoffeln untersucht. Die Resultate müssen daher noch bestätigt werden. Forschungsergebnisse aus Deutschland zeigen aber, dass die Fruchtfolge Winterweizen nach Kartoffeln wohl weniger problematisch ist.

Zuckerrübenproduzenten helfen auch Kartoffelproduzenten

Der Verzicht auf Wintergetreide nach Zuckerrüben ist also der effektivste Weg, um die Zikadenpopulation einzudämmen. Die HAFL empfiehlt ZuckerrübenproduzentInnen daher, in Regionen mit SBR-Befall alternativ Sommerkulturen anzubauen wie Mais, Sonnenblumen, Soja, Erbsen, Ackerbohnen oder Kartoffeln (vorsichtshalber keine Verarbeitungskartoffeln).

Die Winterbrache zeigt sich als besonders erfolgreich. Soll der Boden nicht brach gelassen werden, muss bei Gründüngungen Vorsicht geboten werden. Auf Mischungen mit Gräsern oder Getreide wie Sandhafer oder Grünschnittroggen sollte verzichtet werden, da diese einen ähnlichen Effekt wie Winterweizen haben. Nach heutigem Wissensstand sind Leguminosen, Ölrettich und Senf am besten geeignet. Im Herbst 2025 werden innerhalb des Projekts Versuche mit Zwischenkulturen zur Eindämmung der Zikade angelegt und die Beizung von Wintergetreide geprüft.

Je mehr ProduzentInnen die Massnahme Verzicht auf Wintergetreide nach Zuckerrüben in der Region umsetzen, desto effektiver. So helfen ZuckerrübenproduzentInnen nicht nur sich selbst, sondern auch benachbarten Kartoffel- und Gemüseproduzenten.