Kurz & bündig
- Bei beiden Strategien ist die erste Düngergabe mit schnell verfügbarem Stickstoff entscheidend für einen guten Start.
- Die 3-Gaben-Strategie eignet sich für Standorte mit hohem Ertragspotenzial und wenig Sommertrockenheit, da sie eine optimale Düngung und Qualitätssteigerung ermöglicht.
- Die 2-Gaben-Strategie ist ideal für Standorte mit höherem Sommertrockenheitsrisiko und spart eine Überfahrt ein, schränkt jedoch spätere Anpassungen ein.
- Die Zugabe von Schwefel und Magnesium erhöht die Stickstoffeffizienz und Fotosynthese.
Es bleibt noch etwas Zeit bis zur ersten Düngergabe. Zeit, in der man sich Gedanken zu den Kulturen der kommenden Saison und der Düngerstrategie machen kann. Die Stickstoffdüngung im Getreide ist entscheidend für die Ertrags- und Qualitätsbildung. Dabei gibt es verschiedene Strategien und Düngerformen, die zum Einsatz kommen können.
Carol Tanner vom Arenenberg und Christoph Brönnimann von Landor erklären, in welchen Fällen eher eine 3-Gaben-Strategie Sinn macht und wann eine 2-Gaben-Strategie ausreichen kann. Klar ist: Die eine richtige Strategie gibt es nicht, da sind sich die Beratungspersonen einig.
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Die Düngerstrategie muss zum Standort und Betrieb passen
«Die Düngerstrategie muss in erster Linie zum Betrieb passen», sagt Christoph Brönnimann. Bevor man sich überlegt, welche Düngerstrategie passt, sollte man sich zu folgenden Punkten Gedanken machen:
- Standort
- Niederschlagsverteilung
- Anbausystem (ÖLN/Extenso)
- Sorte
- Saatzeitpunkt
- Saatdichte
Dann ist es wichtig, dass man sich über den Nutzen der einzelnen Düngergaben im Klaren ist:
- 1. Stickstoffgabe bei Bestockung beeinflusst Anzahl Ähren pro Quadratmeter
- 2. Stickstoffgabe beim Schossen beeinflusst Anzahl Körner pro Ähre
- 3. Stickstoffgabe beim Ährenschieben dient zur Qualitätssicherung und beeinflusst die Proteinbildung und das Tausendkorngewicht
Somit sind die ersten beiden Stickstoffgaben vor allem ertragsbildend, während die dritte Gabe zur Qualitätsbildung dient.
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«Teilweise ist das Potenzial für eine Qualitätsdüngung, also eine dritte Gabe, vom Standort her gar nicht vorhanden.»
Christoph Brönnimann, Landor
Welche Strategie passt zu welcher Situation?
Aus den oben genannten Punkten ergibt sich häufig die passende Strategie für den jeweiligen Betrieb. An Standorten mit hohem Ertragspotenzial und geringerem Risiko von Sommertrockenheit kann eine 3-Gaben-Strategie sinnvoll sein. «Der Vorteil dieser Strategie ist, dass die Düngemittel zum idealen Zeitpunkt eingesetzt werden können, sodass der Bestand optimal gelenkt wird. Zudem kann die Qualitätsdüngung beim oder kurz vor dem Ährenschieben gezielt platziert und der Proteingehalt erhöht werden», erklärt Brönnimann. Wird mit höheren Stickstoffgaben gearbeitet, können mit einer Aufteilung auf drei Gaben die Stickstoffverluste verringert werden.
Ein Nachteil dieser Strategie ist die dritte zusätzliche Überfahrt. «Einige Betriebe können diese Überfahrt vielleicht mit der Düngung einer anderen Kultur kombinieren», sagt Brönnimann. Oft stehen für die dritte Gabe nur noch kleine Mengen an Stickstoff zur Verfügung, da ein grosser Teil der Düngernorm bereits mit den ersten beiden Gaben ausgebracht wurde
Ein weiterer Nachteil kann an Standorten mit Sommertrockenheit auftreten. Fehlt um den Zeitpunkt der Ährenschiebegabe der Regen, so kann sich einerseits der Dünger nicht richtig auflösen, weil gegen Sommer auch der Boden weniger Feuchtigkeit spendet. Andererseits kann die Pflanze den gelösten Stickstoff nicht ausreichend aufnehmen, wenn ihr das Wasser dazu fehlt und sie unter Stress steht. «Zudem führt Trockenheit auch zu schnellerem Abreifen, wodurch die Zeit zur Stickstoffaufnahme verkürzt wird», fügt Tanner an. «Teilweise ist das Potenzial für eine Qualitätsdüngung vom Standort her gar nicht vorhanden», ergänzt Brönnimann. An solchen Standorten ist es fraglich, ob sich eine dritte Düngergabe lohnt.
Christoph Brönnimann meint, die 3-Gaben-Strategie sei für den intensiven Brotweizenanbau an Standorten mit hohem Ertragspotenzial gut geeignet, wenn hohe Proteingehalte angestrebt werden. Carol Tanner gibt zu berücksichtigen, dass nebst der Stickstoffdüngung vor allem die Sorte einen grossen Einfluss auf den Proteingehalt habe.
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«Bei der Gerste hingegen kann man sich überlegen, ob die dritte Gabe Sinn macht», gibt Carol Tanner zu bedenken. Zum einen wird der Proteingehalt nicht speziell entlohnt und zum anderen findet das Ährenschieben sowie die Abreife der Gerste früher statt als beim Weizen. Deshalb hat sie weniger Zeit, um den Stickstoff aus der dritten Düngergabe aufzunehmen. Vor allem wenn Hofdünger eingesetzt werde, empfehle sich nicht unbedingt eine dritte Gabe.
Bei der 2-Gaben-Strategie kann eine Überfahrt eingespart werden. Das kann je nach Betrieb sinnvoll sein, um Arbeitsspitzen zu brechen. Ausserdem ist diese Strategie gut geeignet für Standorte mit höherem Risiko für Sommertrockenheit. «Zum Zeitpunkt der zweiten Gabe ist häufig noch genügend Feuchtigkeit vorhanden, womit der ganze ausgebrachte Stickstoff von der Pflanze aufgenommen werden kann», erklärt Brönnimann.
Nachteilig an dieser Strategie ist, dass, wenn die zwei Gaben ausgebracht wurden, nicht mehr gezielt auf Bestandesänderungen reagiert werden kann, da der gesamte Stickstoff bereits ausgebracht wurde.
Die Düngerform muss zur Strategie passen
Hat man sich für eine Strategie entschieden, ist die entsprechende Düngerform von grosser Bedeutung. Bei der 3-Gaben-Strategie kann drei Mal mit einem schnell verfügbaren Stickstoff wie Ammonsalpeter gefahren werden, da die Düngung sehr gezielt erfolgt. Die erste oder zweite Gabe kann durch Gülle ersetzt oder ergänzt werden.
Bei der 2-Gaben-Strategie sollte die zweite Gabe mit einem länger wirkenden Stickstoffdünger wie Harnstoff oder Sulfamid erfolgen. Diese enthalten Harnstoff, welcher zuerst im Boden zu Ammonium und schliesslich zu Nitrat umgewandelt werden muss. «Somit kann auch bei der 2-Gaben-Strategie der Proteingehalt erreicht werden, da die Stickstoffumwandlung bis ins Ährenstadium reichen kann», erläutert Carol Tanner.
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«Nebst der Stickstoffdüngung hat vor allem die Sorte einen grossen Einfluss auf den Proteingehalt.»
Carol Tanner, Arenenberg
Nebst der Stickstoffform muss auch die Düngermenge der einzelnen Gaben angepasst werden. Je nach Bestand empfehlen die beiden Beratungspersonen folgende Mengen:
3-Gaben-Strategie:
- 1. Gabe: 30 bis 50 Prozent des Stickstoffbedarfes
- 2. Gabe: 30 bis 50 Prozent
- 3. Gabe: 20 Prozent
2-Gaben-Strategie:
- 1. Gabe: 30 bis 50 Prozent
- 2. Gabe: 50 bis 70 Prozent
Früh andüngen mit schnell verfügbarem Stickstoff
«Die erste Gabe muss sitzen, damit der Vegetationsstart gelingt», erklärt Brönnimann. Unabhängig von der Düngerstrategie gilt es der ersten Düngergabe hohe Beachtung zu schenken. Diese sollte gleich bei Vegetationsbeginn erfolgen. Wichtig ist, mit einem Teil schnell verfügbaren Stickstoff (Nitrat) zu fahren, zum Beispiel in Form eines Ammonsalpeters.
Denn zu Vegetationsbeginn sind die Böden noch kalt und die Mineralisierung setzt nur langsam ein. Damit das Getreide rasch bestocken kann, braucht es deshalb schnell verfügbaren Stickstoff.
Ausschlaggebend für die Stickstoffmenge ist der Zustand des Bestandes zum Zeitpunkt des Vegetationsbeginns. Kommen die Getreidebestände bereits üppig aus dem Winter, wie dies bei der Gerste oft der Fall ist, kann etwas zurückhaltender angedüngt werden, so die Beratungspersonen.
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Im vergangenen Herbst konnten viele Bestände erst spät gesät werden, weshalb diese im Frühjahr wahrscheinlich eher mager aus dem Winter kommen. Solche Bestände können mit einer leicht höheren Stickstoffmenge angedüngt werden. Auch eine leicht vorgezogene zweite Gabe kann in diesem Fall Sinn machen. «Wenn die Getreidepflanze einen Stickstoffmangel im Frühjahr erleidet, dann reduziert sie als erstes die Seitentriebe aus Selbstschutz, was auf Kosten des Ertrags geht», erklärt Tanner.
Erfolgt die erste Düngergabe mit Gülle, muss man sich überlegen, ob im noch kalten Boden der Stickstoff aus organischem Dünger schnell genug verfügbar ist. Ansonsten empfiehlt Christoph Brönnimann eine zusätzliche kleine Mineraldüngergabe mit nitrathaltigem Dünger, um den Erstbedarf an Stickstoff abzudecken.
Magnesium und Schwefelnicht vergessen
Beim Getreide sind Magnesium und Schwefel zwei wichtige Nährstoffkomponente, welche die Stickstoffeffizienz und die Fotosynthese fördern. Gerade bei der ersten Gabe lohnt es sich, diese in mineralischer Form wie etwa einem Magnesium-Ammonsalpeter mit Schwefel hinzuzufügen. Christoph Brönnimann empfiehlt 15 bis 30 Einheiten Schwefel zu geben, je nachdem, wie hoch die Nährstoffauswaschung durch Winterniederschläge war.
Auch im Biolandbau sei es sinnvoll, zusätzlich zu einer Güllegabe noch Schwefel mittels schnell verfügbarem Biodünger zu geben. Denn bei der ersten Düngergabe ist die Mineralisierung im Boden noch gehemmt, weshalb kaum Schwefel aus dem Boden oder der Gülle rechtzeitig zur Bestockung mobilisiert werden kann.
Wirtschaftlichkeit hängt von verschiedenen Faktoren ab
Auf die Frage, welche der beiden Strategien schliesslich wirtschaftlicher ist, gibt es keine definitive Antwort. Wenn derselbe Ertrag und die gewünschte Qualität auch mit der 2-Gaben-Strategie erzielt werden kann, dann ist diese sicherlich wirtschaftlicher, da eine Überfahrt eingespart werden kann.
Beide Beratungspersonen erwähnen, dass der Standort und die klimatischen Gegebenheiten viel entscheidender seien. Schliesslich führt eine optimale und standortgerechte Nährstoffversorgung zum Erfolg.
Link zu Übernahmebedingungen, Zuschläge und Abzüge beim Getreide