Neben dem bekannten Edelschwein könnte die Schweizer Landrasse beinahe vergessen gehen. Wieso ist sie für die Schweinezucht trotzdem relevant?

Matteo Aepli, Geschäftsführer Suisag: Die Schweizer Landrasse ist sehr ähnlich aufgestellt wie das Edelschwein. Wie das Edelschwein hat auch die Landrasse Vorzüge in den Bereichen Aufzuchtrate und Mütterlichkeit.

Mit der Schweizer Landrasse und dem Edelschwein werden die sogenannten Primera-Sauen produziert. Für die Produktion dieser Hybridsau brauchen wir die beiden Rassen. Als Kreuzungsprodukt punktet Primera mit dem vollen Heterosis-Effekt, der die Sau mit den positiven Eigenschaften der beiden Ausgangsrassen ausstattet und diese sogar verstärkt.

Woran arbeiten Sie züchterisch gerade?

Im Bereich Wurfgrösse möchten wir bei der Landrasse noch besser werden. Auch bei den E. Coli F4-Resistenzen möchten wir in den nächsten Jahren einen grossen Schritt nach vorne nehmen.

Nutztier-LexikonNutztier-Rassen der ZukunftMontag, 25. Juli 2022 Weiter haben wir die Rückmeldung aus dem Feld, dass die Landrasse noch ruhiger werden dürfte. Das Edelschwein hat hier eher einen Vorteil. Auch daran werden wir in den nächsten Jahren systematisch arbeiten. Dazu werden zurzeit Projekte aufgegleist.  

Die Population blieb in den letzten Jahren in etwa konstant. Was sind die langfristigen Ziele betreffend Anzahl Landrasse-Schweine?

Die Anzahl Landrasse-Herdebuchsauen ist in den letzten zehn Jahren in der Tat nur leicht von 1090 auf 1246 gestiegen. Aber hiervon sind jetzt 505 Sauen in der Kernzucht.

«Die Rasse ist in Bezug auf die Anzahl Zuchtbetriebe breiter aufgestellt.»

Matteo Aepli, Suisag

Von 2010 bis 2020 stammten die Landrasse-Eber für die künstliche Besamung (KB) nur von zwei Zuchtbetrieben und es kamen jährlich nur 12 bis 15 Eber in den KB-Einsatz der Suisag.

Heute werden die Landrasse-KB-Eber der Suisag auf sieben Zuchtbetrieben geboren und es kommen 36 neue Eber pro Jahr in den KB-Einsatz. Die Rasse ist also in Bezug auf die Anzahl Zuchtbetriebe und Anzahl eingesetzter Väter wesentlich breiter aufgestellt als vor zehn Jahren.

Reicht diese Populationsgrösse, um züchten zu können? Oder sind Sie auf zusätzlichen Genetik-Import angewiesen?

Grundsätzlich reicht das. Auch andere europäische Zuchtunternehmen verfügen teilweise über ähnlich viele Sauen auf Ebene der Mutterlinien. Aufgrund der in den letzten Jahren gestiegenen Populationsgrösse ist kein Import von Genetik geplant.

Umgekehrt exportieren Sie Schweizer Schweinegenetik sehr erfolgreich ins Ausland, insbesondere nach Deutschland. Ist da auch die Landrasse mit dabei?

Unser Fokus beim Export liegt klar auf den beiden Mutterlinien Edelschwein und Schweizer Landrasse. Beide Schweizer Rassen haben mit der guten Mütterlichkeit (Eignung für die freie Abferkelung, hohe Einzelferkelgewichte, tiefe Ferkelverluste) klare Vorteile gegenüber anderen Zuchtprogrammen. Auch die E. Coli-Resistenzen werden von den ausländischen Kunden sehr geschätzt.

Die Tierhaltung in Deutschland und anderen europäischen Ländern wandelt sich: Bei uns bekannte und etablierte Haltungsformen – beispielsweise freies Abferkeln – werden eingeführt. Das spielt uns in die Hände.

Erwähnenswert ist, dass bereits heute mehr Jungsauen mit Schweizer Genetik im Ausland produziert werden als in der Schweiz. Und dabei wächst der Absatz von Schweizer Landrasse-Sperma derzeit sogar schneller als von unserem Edelschwein: Die Landrasse-Väter werden auch im Ausland zur Erzeugung von vielen F1-Jungsauen genutzt.

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