Der Nationalrat hat am 2. März 2022 entschieden, dass er neue Gentech-Methoden wie die sogenannte Genschere (CRISPR/Cas) in der Schweizer Landwirtschaft zulassen möchte. Mit 112 zu 74 Stimmen hat er einem Antrag seiner vorberatenden Wissenschafts-Kommission WBK-N zugestimmt und das seit 2005 alle vier Jahre verlängerte Schweizer Gentech-Moratorium entsprechend aufgeweicht.
Noch Ende Februar 2021 hatte der Bundesrat nach einer Vernehmlassung bei den Parteien und Verbänden erklärt, dass er das Moratorium für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in der Landwirtschaft um weitere vier Jahre verlängern wolle.
Am 8. März 2022 muss der Lösung des Nationalrates auch noch der Ständerat zustimmen. Er hatte sich in der Winter-Session bereits einmal für die Zulassung neuer Gentech-Methoden ausgesprochen – allerdings im Rahmen des bestehenden Gentechnik-Gesetzes und nicht in einer separaten Vorlage.
Nun soll der Bundesrat der Bundesversammlung (also Nationalrat und Ständerat) spätestens bis Mitte 2024 eine Vorlage unterbreiten. Die neuen Gentech-Methoden sollen aber nur zugelassen werden, wenn sie «einen nachgewiesenen Mehrwert für Landwirtschaft, die Umwelt oder die KonsumentInnen haben».
Nationalrat stimmte der Verlängerung des Moratoriums sehr deutlich zu
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Stichentscheid im Ständerat: CRISPR/Cas von Gentech-Moratorium ausgenommen
Ein historischer Entscheid im doppelten Sinne fiel am 2. Dezember 2021 im Ständerat: Mit dem Stichentscheid von Ständerats-Präsident Thomas Hefti (FDP/GL) hatte die kleine Kammer die Genschere CRISPR/Cas von der Verlängerung des Gentech-Moratoriums bis Ende 2025 ausgenommen. Vorher hatte es im Ständerat mit 21 zu 21 Stimmen bei 2 Enthaltungen ein Patt gegeben.
Bereits in der Wissenschaftskommission des Ständerats WBK-S war der Entscheid nur mit Stichentscheid von Kommissions-Präsident Hannes Germann (SVP/SH) zustande gekommen.
Das Bundesgesetz über die Gentechnik in der Landwirtschaft hat der Ständerat danach mit 42 zu 1 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen – und übergab das Geschäft wieder dem Nationalrat, welcher der Verlängerung des Gentech-Moratoriums ohne Ausnahmen im September 2021 sehr deutlich zugestimmt hatte.
Dass auch die grosse Kammer auf die Ausnahme der Genom-Editierung umschwenkt, schien angesichts des klaren Verdikts beim ersten Mal fraglich – ist jetzt aber prompt eingetroffen.
Moratorium zum Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen
Gentechnisch veränderte Organismen GVO dürfen in der Schweiz nur zu Forschungszwecken angebaut werden. Seit der Annahme einer entsprechenden Volksinitiative 2005 gilt ein Moratorium für die Verwendung von GVO in der Landwirtschaft.
Das Parlament hat dieses Moratorium dreimal verlängert, letztmals bis Dezember 2021. Der Bundesrat beantragt eine weitere Verlängerung bis Ende 2025.
Was ist CRISPR/Cas?
CRISPR: englisch für Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats (gruppierte kurze palindromische Wiederholungen mit regelmässigen Abständen)
Cas: englisch für CRISPR-associated (CRISPR-assoziiertes Protein).
Mit der molekularbiologischen Technik CRISP/Cas werden DNA-Bausteine (Nukleinbasen) einer Pflanze mit einem Schnitt chirurgisch genau aktiviert, entfernt oder deaktiviert.
Solche Veränderungen der DNA geschehen natürlicherweise in jedem Lebewesen. Diesen Effekt nutzen auch die konventionelle Züchtung und die Mutagenese. Nur dauert es dort Jahre oder gar Jahrzehnte.
Mit der Genschere CRISPR/Cas könnten robuste und leistungsfähige Sorten für eine ressourcenschonende Lebensmittel-Produktion gezüchtet werden. Zum Beispiel Kreuzungen von Wild- und Kulturäpfeln zu einer feuerbrandresistenten neuen Apfelsorte.