Der sogenannte «Bürger:innenrat für Ernährungspolitik» hat zuhanden der Politik und der Wertschöpfungskette 53 Ziele und 127 Empfehlungen verabschiedet, die zu einer nachhaltigeren Ernährungspolitik führen sollen.
Wie funktioniert der «Bürgerinnenrat für Ernährungspolitik»?
Die 80 von einem Marktforschungsinstitut per Los aus der Schweizer Wohnbevölkerung ausgewählten Personen besuchten von Juni bis November 2022 zehn Landwirtschaftsbetriebe (neben einem konventionellen Betrieb neun Betriebe der Bio-Landwirtschaft, Agroforstwirtschaft, Regenerative Landwirtschaft, Permakultur und Solidarische Landwirtschaft).
Zusätzlich diskutierten die Teilnehmer an elf weiteren Treffen mit Akteuren der Wertschöpfungskette darüber, wie eine Ernährungspolitik aussehen soll, «die allen Menschen gesunde, nachhaltige, tierfreundliche und fair produzierte Lebensmittel zur Verfügung stellt». «Insgesamt 60 Stunden Arbeitszeit leistete jeder Teilnehmer, ohne Reisezeit», erklärte Projektleiter Daniel Langmeier von der Stiftung Biovision.
Die 53 Ziele und 127 Empfehlungen des «Bürgerinnenrates für Ernährungspolitik»
Am 7. November 2022 präsentierten die Organisatoren in Bern das Resultat, wobei es keinen zusammenfassenden Forderungskatalog gab. Das Plenum des «Bürgerinnenrates für Ernährungspolitik» habe sich bewusst gegen eine Zusammenfassung entschieden. Stattdessen schilderten drei TeilnehmerInnen aus den verschiedenen Sprachregionen ihre Erlebnisse während der letzten fünf Monate.
Zusammengekommen waren in dieser Zeit 160 Seiten (!) Excel-Tabellen mit 53 Zielen und 127 Empfehlungen des «Bürger:innenrates für Ernährungspolitik» für alle Stufen der Wertschöpfungskette. Wenig neue Ideen, sondern meist Altbekanntes wie: weniger Fleisch und weniger Zucker konsumieren, dafür mehr saisonale Nahrungsmittel. Dabei soll mehr Ackerfläche für die menschliche statt tierische Ernährung genutzt, der Selbstversorgungsgrad der Schweiz erhöht und der bürokratische Aufwand für die Landwirte gesenkt werden.
«Diese Empfehlungen zeigen ungefiltert, was die Bevölkerung denkt», erklärte Daniel Langmeier. «Der Einbezug der Bevölkerung ist in einer Demokratie wichtig», ergänzte Johanna Jacobi, Professorin am Departement Umweltsystemwissenschaften der ETH Zürich und Mitglied des wissenschaftlichen Kuratoriums des «Bürgerinnenrates für Ernährungspolitik».
Bundesämter und Organisationen finanzieren den «Bürgerinnenrat für Ernährungspolitik» mit 1,3 Millionen Franken
De Idee für einen Bürgerrat kommt aus den USA, wo in den 1980er-Jahren erstmals Citizens’ assemblies per Losverfahren zusammengesetzt wurden, um im Rahmen der Deliberativen Demokratie Entscheidungshilfen zu bestimmten Sachfragen zu erarbeiten. Die Ergebnisse werden dann von einem neutralen Durchführungsträger zusammengefasst und der Öffentlichkeit vorgelegt.
Der reale Einfluss von Bürgergutachten auf politische Entscheidungen ist umstritten. Im Falle des 2022 durchgeführten «Bürgerinnenrates für Ernährungspolitik» sind vor allem die hohen Kosten und deren Finanzierung umstritten. Die 1,3 Mio Franken für das Projekt finanzieren:
CHF | Bundesamt / Organisation |
200'000 | Bundesamt für Landwirtschaft BLW |
149'000 | Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV |
50'000 | Bundesamt für Umwelt BAFU |
901'000 | Stiftung Biovision Verein Landwirtschaft mit Zukunft Netzwerk für Nachhaltigkeitslösungen SDSN Stiftung Mercator Stiftung Minerva Stiftung Drittes Millennium |
Ziele und Empfehlungen des «Bürger:innenrates für Ernährungspolitik»