Pflanzenschutzmittel belasten die Gewässer in landwirtschaftlich genutzten Regionen. Die Konzentrationen können bei Pflanzen und Tieren im Wasser chronische Schäden verursachen. Dies zeigen zwei NAWA SPEZ-Studien, die im April 2019 veröffentlicht wurden (siehe Kasten).

NAWA SPEZ steht für das Messprogramm «Nationale Beobachtung Oberflächengewässer-Qualität Spezialuntersuchungen», das die Belastung durch organisch-synthetische Pflanzenschutzmittel erfasst. Hinter NAWA SPEZ stehen:

In Umfang und Tiefe ist das Messprogramm NAWA SPEZ bisher einzigartig.

So gelangen Pflanzenschutzmittel in die kleinen Fliessgewässer

Auch wenn der Landwirt sehr umweltbewusst und sorgfältig arbeitet, gelangen in der Landwirtschaft eingesetzte Pflanzenschutzmittel (PSM) über verschiedene Wege in die Gewässer. Man unterscheidet dabei zwischen Punktquellen und diffusen Quellen:

  • Diffuse Quellen wie die Abschwemmung vom Feld bei Regen nach der Applikation können auch bei korrekter und gewissenhafter Anwendung von Pflanzenschutzmitteln durch den Landwirt kaum vollständig vermieden werden.
  • Punktquellen sind das Reinigen und Befüllen der Feldspritze mit Pflanzenschutzmitteln sowie der Umgang und die Entsorgung von Spritzbrühe-Resten. Meistens gelangen die PSM dabei über Regenwasser-Leitungen oder über die Schmutzwasser-Kanalisation in den Bach. Durch sorgfältige Handhabung sowie technische und bauliche Massnahmen können Punktquellen einfach und fast vollständig vermieden werden.

«Für den Landwirt ist die Vermeidung von Punktquellen ein kleiner Aufwand, der sich lohnt», erklärt Tobias Doppler vom Verband der Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA). Denn Punktquellen verursachen einen wesentlichen Teil der Gewässerbelastung.

Punktquellen können auch zu akuten Vergiftungsfällen führen. So wurde im Herbst 2018 im Mederbach im Zürcher Weinland ein Krebs-Sterben beobachtet, das auf PSM von einem falsch angeschlossenen Waschplatz zurückgeführt werden konnte.

Kleinste Mengen Pflanzenschutzmittel werden zum grossen Problem

«Es braucht nur sehr kleine Mengen von PSM-Wirkstoffen, um in den Bächen Probleme zu verursachen», erklärt der Gewässerschutz-Fachmann Tobias Doppler.

So reicht zum Beispiel ein Gramm des Herbizid-Wirkstoffes Terbuthylazin um einen grossen Bach über 700 m so stark zu verschmutzen, dass die Wasser-Lebewesen einem akuten Risiko ausgesetzt sind.

Terbuthylazin ist ein Wirkstoff im Mais-Herbizid Calaris: Um einen grossen (!) Bach stark zu verschmutzen, braucht es nur 3 ml reines Calaris oder (bei 200 l/ha) nur 4 dl Spritzbrühe. In kleinen Bächen führen schon viel kleinere PSM-Mengen zu Gewässer-Verschmutzungen.

Terbuthylazin wird hauptsächlich zur Bekämpfung von Unkraut beim Mais-Anbau verwendet. Terbuthylazin findet man aber auch in PSM für Sorghum-, Wein- und Apfel-Kulturen sowie im Forst und auf Nicht-Kulturland.

«Terbuthylazin ist kein besonders krasses Beispiel», betont Tobias Doppler. Es gibt Wirkstoffe, die für die Wasser-Lebewesen in noch tieferen Konzentrationen toxisch sind.» Häufig sind das Insektizide.

Chlorpyriphos ist so ein Wirkstoff. Chlorpyriphos wird zum Beispiel bei Zuckerrüben gegen Erdschnaken-Larven verwendet. «Ein einziger Teelöffel Granulat-Köder reicht, um die Wasser-Lebewesen eines Bachs auf einer Strecke von über zehn Kilometern einem Risiko für akute Vergiftung auszusetzen.»

Kläranlagen können Pflanzenschutzmittel nicht abbauen

Kläranlagen sollen Nährstoffe aus dem Abwasser entfernen, dafür wurden sie gebaut. «Die allermeisten heutigen Kläranlagen sind deshalb nicht in der Lage, Pflanzenschutzmittel oder auch Medikamenten-Rückstände abzubauen», erklärt Tobias Doppler.

Zwar werden in Zukunft noch einige wenige Kläranlagen mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe ausgerüstet, die einen Teil der PSM aus dem Wasser entfernen kann. Aber das ist sprichwörtlich nur ein Tropfen auf den heissen Stein.

Wenn also Pflanzenschutzmittel in die Kanalisation gelangen, kommen sie über den Auslauf der Kläranlage direkt ins Gewässer. Das zeigen Messungen im Auslauf von Kläranlagen, wo sehr hohe Konzentrationen von PSM gemessen werden, die eindeutig aus Punktquellen stammen.

Der SBV zeigt Lösungen, wie man Punkteinträge vermeiden kann

Womit wir im wörtlichen Sinne wieder am Anfang wären, bei den Punktquellen. David Brugger vom Schweizer Bauernverband (SBV) erklärt dazu: «Wir wollen den Landwirten zeigen, wie sie mit einfachen Mitteln PSM-Punkteinträge vermeiden können.

Das Ziel ist, dass keine PSM und kein PSM-belastetes Wasser in Schächte gelangt, die über die Regenwasser-Kanalisation direkt in den Bach oder über die Schmutzwasser-Kanalisation in die Kläranlage führen.

Das bedeutet auch, dass kein PSM Produkt, keine Spritzbrühe und kein Waschwasser auf entwässerte Strassen oder Plätze gelangen darf, da die Pflanzenschutzmittel von dort beim nächsten Regen in die Gewässer gespült werden.