Die bekanntesten Exponenten dieser ackerbaulichen Anbaumethode sind die deutschen Agronomen
Dietmar Näser und Friedrich Wenz. Ihre Kurse? Ausgebucht (9 Tage, 2000 Euro). Die Regenerative Landwirtschaft hat ihre Ursprünge in den USA. Deren Ziel ist es, mittels lange bewachsener Böden (Kulturen, Gründüngungen) und der lockeren, flachen Einarbeitung von Gründüngungen die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen.

Nach Wenz und Näser sollen Rottelenker und Komposttee dabei helfen, das Bodenleben zu stärken und
die Fotosynthese-Leistung der Kulturen zu erhöhen. Das bekannteste Beispiel ist vermutlich der pfluglose Maisanbau nach Kunstwiese, bei welchem die Grasnarbe oberflächlich abgeschält und mit Rottelenker-Präparat versetzt wird. Auf eine Gleichung gebracht heisst regenerative Landwirtschaft: Fruchtbare Böden = Gesunde Pflanzen und gute Erträge. Und das klingt einleuchtend.


Bei aller Euphorie ist aber auch Skepsis angebracht. Ausgelöst wird sie durch Menschen, die von diesem System schwärmen, als wäre es eine Religion und nicht eine ackerbauliche Anbaumethode. Stutzig machte auch der Bio-Ackerbautag in Münsingen. Dort präsentierte sich der Raps in miserablem Zustand. Stängelrüssler und Erdfloh haben ihm massiv zugesetzt, der Glanzkäfer gab ihm den Rest. Die Antwort von Wenz und Näser dazu war, dass es sich nur um ein Nährstoffproblem handle. Dieses lasse den Raps krumm wachsen. In einem Youtube-Video erklärt Dietmar Näser zudem, dass eine gute Wasser- und Nährstoffaufnahme der Rapspflanze die Garantie dafür sei, dass der Rapsglanzkäfer keinen Schaden anrichte.


Ab diesem Punkt wird es dogmatisch. Wenn jemand ein System propagiert, von dem er sagt, dass es nur Vorteile habe und alles andere schlecht sei, sollten die Alarmglocken läuten. Und bei Vertretern der Presse sollte das kritische Hinterfragen nicht einfach ausbleiben, bloss weil etwas neu ist und auf den ersten Blick gut klingt. Gut klingen auch die Gründüngungs-Mischungen für die regenerative Landwirtschaft, die aus unerfindlichen Gründen aus bis zu 25 Komponenten bestehen.

Klingt biodivers und gut. Aber auch Experten wissen nicht, wozu ein Anteil Dill und Koriander in einer Gründüngungs-Mischung gut sein soll. Ob eine Pflanze widerstandsfähig oder anfällig gegenüber Krankheiten ist, bestimmt zu einem wesentlichen Teil ihre Genetik. Mehrere wissenschaftliche Studien aus dem In- und Ausland belegen, dass es tatsächlich Krankheiten gibt, die durch eine unzureichende Nährstoffversorgung gefördert werden: Septoria in Weizen beispielsweise.

Andere Krankheiten finden aber gerade dann optimale Bedingungen vor, wenn die Pflanze ideal versorgt ist und wunderbar gedeiht: Viren oder Mehltaupilze seien hier genannt. Und nebst den Krankheiten gibt es ja auch noch Schädlinge.


Eine Kulturpflanze hat begrenzt Ressourcen zur Verfügung. Einfach gesagt: Sie investiert in Ertragsbildung oder in die Bildung von Abwehrstoffen (etwa Phenol-Verbindungen). In der biologischen Landwirtschaft ist das Ertragsniveau generell tiefer als im ÖLN. Wenn hohe Ertragserwartungen herrschen, stösst das System regenerative Landwirtschaft an seine Grenzen. Das heisst nicht, dass man den Böden nicht Sorge tragen muss oder dass die Ansätze der regenerativen Landwirtschaft schlecht sind.

Im Gegenteil. Aber Vertreter eines Systems, die dessen Nachteile negieren und seine Grenzen (etwa Rapsglanz-Käfer oder Stängelrüssler) nicht anerkennen, sind für mich unglaubwürdig. Es wäre glaubwürdiger, wenn transparent kommuniziert würde und man nicht einfach mit dem Finger auf die bösen Anderen zeigt.

Auch ist zu bedenken, dass Lösungsansätze für die Landwirte in den USA nicht unbedingt brauchbar für die Schweiz sind. Wünschenswert wäre es, etwas Ordnung in diesen Wildwuchs an Behauptungen, die von einzelnen Erfahrungen untermauert werden, zu bringen.

Wissenschaftlich abgestützte Resultate aus der angewandten Forschung würden helfen, damit man sich als Landwirt weniger mit Glaubensfragen und dafür mehr mit Fakten beschäftigen könnte.