Kurz und bündig

- Der Rhabarber-Anbau ist in den letzten Jahren professioneller geworden.
- Grössere Mengen und eine bessere Qualität waren gefordert.
- Produzenten müssen flexibel auf grosse Markt-Schwankungen reagieren können.
- Die Ernte und Pflege der Kultur erfordert Handarbeit.

Rhabarber hat in der Region Vully als Kulturpflanze ebenso Tradition wie in der Familie von Alexandre Javet. Die Gegend wird auch «terre de rhubarbes» genannt, Rhabarber-Land.

Javet ist in Sugiez zu Hause. «Schon mein Grossvater baute Rhabarber an, ebenso mein Vater und nun ich», so der vielseitige Landwirt .

Anders sind hingegen die Dimensionen des Anbaus im Jahr 2019: Javet produziert die sauren Stangen auf sieben Hektaren und deckt so alleine 10 Prozent des gesamten Marktes in der Schweiz ab.

Noch vier Produzenten produzieren Rhabarber

«Vor 25 Jahren kultivierten in unserer Region noch viele Landwirte Rhabarber», erinnert sich Javet. Heute seien es noch vier Produzenten. Viele Betriebe sind mangels Nachfolge aufgelöst worden, aber auch der Markt spielt bei dieser Entwicklung eine Rolle: Mehr Professionalität, grössere Mengen und bessere Qualität wurden gefordert. Javet hat geliefert.

In der Saison ernten der Landwirt und sein Team täglich frischen Rhabarber – ausser am Sonntag. Die Ernte wird möglichst den Bestellungen angepasst.

Javet liefert seine Ware an fünf Grossisten aus der Region, welche ihrerseits die Grossverteiler bedienen. In einem schlechten Jahr kann das zur Herausforderung werden.

Der Rhabarber-Bauer erinnert sich: «Im Jahr 2014 gab es im Winter nie einen Frost.» Rhabarber braucht aber einen Kältereiz (Vernalisation), und so kam die Kultur im Frühling nie richtig in Fahrt.

«Wir mussten die Ernte schon am 20. Mai statt am 20. Juni beenden, um die Kultur zu schonen. Das sorgte für ziemlich dicke Luft bei unseren Abnehmern», erzählt der Produzent.

Auf dem Feld hält sich Rhabarber besser als im Kühlraum

Die Kultur zu schonen ist Javet wichtig. Anders als beispielsweise Spargeln kann man Rhabarber auf dem Feld stehen lassen, ohne dass er gleich davon wächst und unverkäuflich wird.

«Die Qualität des Rhabarbers bleibt auf dem Feld sogar besser als geerntet im Kühlraum», sagt Javet. Das lässt ihm eine gewisse Flexibilität, um auf Markt-Schwankungen reagieren zu können.

Diese Schwankungen sind bei Rhabarber gross. Die Preise liegen zwischen 4.00 Franken anfangs Saison und können auf bis zu 1.20 Franken gegen Ende der Ernteperiode sinken. Wenn es warm wird, kommt manchmal auf einen Schlag zu viel Ware auf den Markt, die Preise fallen.

Das ärgert Javet: «Wir könnten das besser koordinieren. Ich lasse lieber eine bestimmte Menge ungeerntet auf dem Feld zurück und habe dafür für mein Produkt einen guten Preis.»

Denn anders als bei einjährigen Kulturen ist der stehengelassene Rhabarber nicht verloren, sondern – sofern nicht doch noch geerntet – eine Investition für das nächste Jahr.

Die Kultur bleibt zwischen sechs und zehn Jahren auf derselben Parzelle stehen. Oder länger: Javet hat eine Rhabarber-Parzelle sogar 25 Jahre lang nicht erneuern müssen.

Die Pflanze braucht Schonung, damit die nächste Ernte gut wird

Wichtig ist, dass die Parzellen ab spätestens 22. Juni geschont werden, damit die Pflanze Reserven für die neue Saison in ihre Wurzeln einlagern kann. Beim Anbau unter Folie gehen die Erträge früher zurück, als wenn nur einmal und etwas später geschnitten wird.

Alexandre Javet ersetzt jährlich gut eine halbe Hektare seiner Rhabarber-Fläche. Im ersten Jahr spritzt er ein Fungizid zum Schutz der Jungpflanzen, später ist dies nicht mehr nötig. Im zweiten Jahr wird erstmals ein kleiner Teil der Neupflanzung geerntet, und ab dem dritten Anbaujahr ist die Anlage im Vollertrag. Das zeigt, dass ein Rhabarber-Produzent langfristiges Denken mitbringen muss. «Die Preisschwankungen kommen auch daher, dass nach Jahren mit guten Preisen einige Landwirte Hals über Kopf Rhabarber anbauen. Mit dem Effekt, dass zwei Jahre später eine Überproduktion auf dem Markt ist.»

Durchhaltewillen und Bereitschaft zur Handarbeit

Als Folge steigen wenig später einige wieder enttäuscht aus, die Preise erholen sich. Rhabarber verlangt vom Produzenten Durchhaltewillen und die Bereitschaft zur Handarbeit. Ebenfalls wichtig ist es aber, flexibel zu sein und spontan auf den Markt reagieren zu können. Bezüglich Standort ist es günstig, wenn man als Produzent die Kultur auf unterschiedlich frühen Feldern anbauen kann. Das ermöglicht die lange und ausgeglichene Lieferbereitschaft, welche der Markt fordert.

 

 

Gedeckte Rhabarber im Laufe eines Jahres

Zeitpunkt

Arbeitsschritt

Februar

PK-Düngung und N-Versorgung mit Cyanamid

Versiegeln mit z.B. Stomp

Decken der Kultur mit Vlies oder Plastik

März

Pflanzung von Setzlingen zur Erneuerung der Anlage

April

Ernte-Beginn*, Organisation, Disposition

April bis September

Unkraut-Bekämpfung (Hacken in den Reihen,
Jäten zwischen den Reihen)

Mitte Juni

Ende der Ernte-Saison

N-Versorgung mit 150 kg Ammonsalpeter

Oktober

Glyphosat-Applikation gegen Problem-Unkräuter

Oktober bis Dezember

Bekämpfung der Mäuse

Betriebsspiegel der Familie Javet

Alexandre und Anne-Claude Javet, Sugiez VD

LN: 42 Hektaren
Kulturen: Zwiebeln, Sellerie, Schalotten, Kürbis, Zucchetti, Rosenkohl, Getreide, Zuckerrüben, Reben
Rhabarber: Seit 3 Generationen, 7 Hektaren
Saison-Arbeitskräfte: 6 Mitarbeiter