Kurz & bündig
- Die Schermäuse benutzten die Drainagen, um die Erde der Mäuse-Bauten nebenan zu «entsorgen».
- Deshalb verstopften die Drainagen regelmässig.
- Landwirt Norbert Ricklin maust mit Ringli-Fallen an etwa 30 Tagen im Jahr.
- Ein Jagdtag besteht aus drei Runden à zirka einer Stunde.
- Ricklin erwischt bis zu 60 Mäuse pro Tag.
Mit dem Locheisen sticht Norbert Ricklin in den Boden und dreht es einmal: Wie mit einer Ausstechform beim Guetzliteig, nur wesentlich anstrengender. «Der Boden ist jetzt zu trocken», sagt Ricklin. Normalerweise würde er deshalb nicht mehr auf Mäuse-Jagd gehen. «Idealerweise ist der Boden etwas feucht und weich», sagt Ricklin. Dann sei der Kraftaufwand beim Löcher schneiden viel kleiner – und nicht so ein Murks wie bei unserem Besuch.
Aber Ricklin hat den Dreh raus. Er hält den runden Grasdeckel mit der obersten Humus-Schicht in den Händen. Auf der Humus-Schicht ist ein Gang zu sehen. Ein Volltreffer? «Nein, dieser Bau ist leer», sagt Ricklin. Man sehe das an den feinen Graswurzeln, die den Gang bedecken. «Das Mäuse-Paar, das hier gewohnt hat, habe ich letztes Mal erwischt», sagt Ricklin, setzt den Grasdeckel zurück in das runde Loch und tritt ihn mit dem Schuh fest.
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Ricklin ist kein professioneller Mauser – obwohl er hin und wieder für Berufskollegen auf die Pirsch geht. Ricklin ist Landwirt und bewirtschaftet mit seiner Frau Rosmarie einen Mutterkuh-Betrieb oberhalb der Linthebene in Gommiswald SG.
«Die Wiesen sind mir wichtig», sagt Ricklin. Sie sind der Startpunkt für eine hochwertige Fleischproduktion. Dreck im Futter und ein höherer Maschinenverschleiss sind gute Gründe, warum man den Mäusen auf den Pelz rücken sollte.
Doch der Auslöser für seine konsequente Mäuse-Regulation war bei Ricklin ein anderer: Verstopfte Drainagen verursachten dem Landwirt enorm viel Arbeit. «Bis ich herausfand, dass die Mäuse die Drainage-Röhrchen benutzen und sie von dort bei Niedrigwasser weitere Ausgänge für Mäuse-Bauten fanden.»
Die Mäuse nutzen den Hohlraum des Systems, um die Erde der Gänge nebenan auf einfache Weise zu entsorgen. «Und deshalb verstopften die Drainagen immer wieder», sagt Ricklin. Und der Nebeneffekt: Es gab oberirdisch keine Erdhaufen mehr. «Wenn man nicht geübt ist, kann man eine solche Mäuse-Kolonie kaum erkennen», weiss Ricklin.
Erst mit der Zeit würde man eine Delle im Boden beobachten. «Aber nur wenn, viel geweidet wird und das Vieh die unterirdischen Gänge immer wieder zudrückt.»
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«Es ist nicht spannend, nur dumme Mäuse zu fangen – ich will alle»
Seit Ricklin eine konsequente Mäuse-Regulierung verfolgt, musste er kaum je wieder eine Drainage reparieren. «Der Futterverlust durch Mäuse-Schäden ist nicht zu unterschätzen», sagt Ricklin. Er zeigt auf eine Stelle in der Wiese. Die Grasnarbe ist deutlich weniger dicht, die Gräser haben eine weniger saftige Farbe als nebenan und sind weniger gut entwickelt.
[IMG 4]Ricklin setzt wieder mit dem Locheisen an, dreht einmal und hebt die Gras-Rondelle heraus. Jackpot! Ein Gang ist zu sehen. Diesmal ohne Graswurzeln. «Das sind schlaue Mäuse, die habe ich letztes Mal wohl nicht erwischt», sagt Ricklin und schmunzelt.
Beim Mähen und Güllen merkt sich Landwirt Ricklin die durch Mäuse befallenen Stellen in der Wiese. Meistens weiss er ganz genau, wo die Mäuse ihre Bauten haben und ob er alle erwischt hat. Geht ihm ein besonders schlaues Mäuse-Paar durch die Lappen, ist es auch schon vorgekommen, dass er am nächsten Tag wegen diesen beiden nochmals aufs Feld ging.
Der Landwirt wird beim Mausen zum Strategen. «Es geht mir nicht ums Mäuse töten, sondern darum, wer der Schlauere ist», sagt Ricklin mit einem Augenzwinkern. Mausen ist für Ricklin nicht nur Mittel zum Zweck. Wenn er mit dem Locheisen und den Mause-Fallen über die Wiese schreite und den Gras-Bestand genau studiert, sei das wie meditieren. «An-dere gehen fischen, ich gehe mausen», sagt Ricklin. Und das Resultat sind schöne, dichte Wiesenbestände.
Die altbewährten Ringli-Fallen sind effizient und handlich
Ricklin hat das Mausen von seinem Grossvater gelernt. «Damals mauste noch jeder Landwirt», erinnert sich Ricklin, «und diese Massenvermehrungen von Mäusen gab es damals noch nicht.» Seine Eltern bezahlten ihm damals 20 Rappen pro Maus, pro Maulwurf waren es 50 Rappen.[IMG 5]
Ricklin hat in all den Jahren auch andere Bekämpfungsarten ausprobiert. Für ihn bewähren sich die Ringli-Fallen noch immer am besten. Bis 11 Uhr sollten die Fallen verteilt sein, habe damals sein Grossvater gesagt. Und Ricklin macht das auch heute noch so. Er legt in jeden Gang zwei Fallen, auf jeder Seite der Gras-Rondelle eine, so erwische er auch die Maus-Pärchen. Ricklin findet die Fallen ohne Probleme wieder, weil er die Fallen mit pinkfarbenen Holz-Stecken markiert. Dort, wo er eine Maus erwischt, legt er nochmals eine geladene Ringli-Falle nach. «So erwische ich bis zu 60 Mäuse pro Tag, sofern es so viele hat», sagt Ricklin.
Er würde es mit jedem Mauser mit Topcat-Fallen aufnehmen. Diese haben für ihn den entscheidenden Nachteil, dass sie wesentlich schwerer sind. Deshalb müsste er mehr Weg zurücklegen, um sie zu verteilen und wieder einzusammeln. Ricklins System ist handlich. Er trägt alles auf einmal: Die Ringli-Fallen, das Locheisen und die Holzstecken. Über Nacht lässt Ricklin die Fallen nie draussen, der Fuchs hole sie.
Die Mäuse seien immer an ähnlichen Orten finden. «Häufig in Nähe der Strasse», weiss Ricklin. Der Grund sei, dass Mäuse auf der Strasse lautloser gehen können als im Gras. «Und man sagt auch, dass sie bei Regen von ihren natürlichen Feinden weniger gehört werden.»
Ricklin ist überzeugt: Damit die natürlichen Feinde etwas nützen, ist es am besten, wenn sie in der Nähe der Wiesen brüten. Deshalb hat Ricklin einen Eulenkasten installiert. Dieser wurde allerdings noch nie bewohnt. Halb so wild. Norbert Ricklin hat die Mäuse auch so im Griff. «Aber Achtung», sagt er, «wenn du den Mäusen den Rücken kehrst, kommen sie sofort wieder. Das ist die Natur.»
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Im Frühling ist die Mäuse-Jagd am effizientesten
Ricklins Mäuse-Regime ist streng. Dennoch hat es jedes Jahr wieder neue Mäuse. Ricklin erklärt: «Sie wandern von den Nachbar-Parzellen ein.» Ein Jagd-Tag besteht aus drei Runden à zirka einer Stunde. Etwa an 30 Tagen im Jahr geht Ricklin auf Mäusejagd. «Das ist nicht einmal ein Tag pro Woche, an denen ich mein Hobby ausüben kann», sagt Ricklin und lacht.
Buch führt er erst seit diesem Jahr. An sechs Tagen im Januar 2020 erwischte er total 200 Mäuse. Im Februar waren es in drei Tagen 76 Mäuse, im März in fünf Tagen 136 Mäuse. Der Frühling sei am effizientesten, da die Mäuse dann weniger wandern. Laut Ricklin sollte man immer dranbleiben. Erwischt man die Mäuse, wenn es noch nicht viele hat, sei das am effizientesten.
Mitte April 2020 ist der Boden schon ganz schön hart und Ricklin wird weniger auf Jagd gehen, solange das so bleibt. «Deshalb war die Zeit zwischen Januar und März so wichtig, in der ich doch einige Mäuse erwischt habe».
Nach der Pensionierung will Norbert Ricklin dann das Mausen beibehalten und sein «Revier» vielleicht vergrössern: «Solange es mir Spass macht und ich körperlich fit bin, kann ich mir vorstellen, weiterhin für andere Betriebsleiter auf die Pirsch zu gehen.»
Maus oder Maulwurf?
Landwirtschaftlich relevant ist vor allem die Wühlmaus, auch Schermaus genannt. Ihr Vermehrungs-Potenzial ist enorm. Ein Weibchen wirft pro Jahr drei bis fünf Mal je 2 bis 8 Junge. Maulwürfe richten im Futterbau relativ geringe Schäden an. Sie haben eine geringe Vermehrungsrate und ihre Populationsdichte erreicht selten mehr als 4 bis 5 Tiere pro ha.
Betriebsspiegel der Familie Ricklin
Rosmarie und Norbert Ricklin aus Gommiswald SG
LN: 24 ha Naturwiesen
Bewirtschaftung: ÖLN
Betriebszweige: Mutterkuh-Haltung
Tierbestand: 30 Mutterkühe und Kälber
Arbeitskräfte: Betriebsleiter-Ehepaar, Mithilfe durch den jüngsten Sohn