Kurz & bündig
- Die Rüben-Maus steht
im Herbst im Dauereinsatz.
- Der Rübenverlad verlangt
viel von Maschine und Fahrer.
- Vor dem Ersteinsatz gab es Fahrunterricht.
- Fahrer Marco Bühlers Herz schlägt für grosse Maschinen.
Es ist ein verhangener Tag im Seeland. Im Nieselregen von Seedorf kämpft sich die Rüben-Maus des Rübenrings Aarberg durch einen beachtlichen Haufen geernteter Zuckerrüben. Auf dem Weg zur Kabine ist man froh, gutes Schuhwerk dabei zu haben. Der Boden ist matschig. Nach dem Aufstieg zur 5,1 m hohen Kabine hat man beste Übersicht über das Geschehen.
Der Fahrer der Rüben-Maus heisst Marco Bühler. Er ist 20 Jahre jung und kommt aus Schwanden bei Sigriswil BE. Nicht gerade eine Gegend für Zuckerrübenanbau und Ropa-Maschinen, eher etwas für Reform und Rigitrac.
Zu Hause bewirtschaftet der Vater von Marco Bühler einen 20 ha Betrieb mit Milchvieh und Futterbau. Was also hat ihn ins Seeland verschlagen?
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Maus-Fahrer Marco Bühler ist über Kollegen zum Rübenring gekommen
«Ich habe einen Kollegen aus meiner Lehrzeit, der für den Rübenring ebenfalls als Fahrer gearbeitet hat», erinnert sich Marco Bühler, während die Maus weiterhin Tonne um Tonne Rüben in die Kipper donnern lässt. Weil er schon immer von Landtechnik im Allgemeinen und grossen Maschinen im Besonderen fasziniert war, zog es ihn ebenfalls zum Rübenring.
2020 ist die erste Kampagne, in der Marco Bühler als Fahrer der Rüben-Maus tätig ist.
Seine Arbeitstage sind lang. «Heute bin ich etwas nach 3 Uhr aufgestanden. Um 4.45 Uhr haben wir mit Laden begonnen, und wenn es rund läuft, gibt es etwa um 18 Uhr Feierabend», erklärt der gelernte Landwirt.
Das gibt lange Arbeitstage, an denen Marco Bühler immer voll konzentriert sein muss. «Das Schwierigste ist, immer alles gleichzeitig im Blick und unter Kontrolle zu haben», erklärt Bühler.
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Da sind die Displays, die Bilder von diversen an der Maschine installierten Kameras anzeigen:
- Die Aufnahme, die ideal geführt werden sollte.
- Der Rübenfluss durch die Maschine.
- Die Kipper der Landwirte.
- Der Landwirt, der einige Rüben noch mit der Gabel auf die Aufnahme wirft.
- Die Kinder, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollen.
«Man kann sich nicht nur auf etwas konzentrieren, und es ist schnell viel Schaden angerichtet», erklärt Bühler.
Vor dem Ernstfall gab es Fahrunterricht auf der Rüben-Maus
Selber ist ihm noch keine Panne unterlaufen. Doch wie lernt man eigentlich, so eine grosse und komplexe Maschine zu bedienen? Vor Beginn der Kampagne gab es Fahrunterricht für die neuen Chauffeure. Geübt wurde etwa das blosse Manövrieren der Maschine oder die exakte Tiefenführung des Aufnahmetisches.
Zu Beginn der Kampagne dann wurden die neuen Fahrer von einem «Götti», einem erfahrenen RübenMaus-Fahrer aus der Westschweiz, begleitet. Und dann mussten Marco Bühler und seine Kollegen selber zu zurechtkommen.
Ist da ein gewisser Druck spürbar? «Durchaus», lacht Marco Bühler. Wenn etwas mit der Maschine nicht ganz wie gewünscht funktioniere und die Bauern am Feldrand warten, sei das schon keine sehr entspannte Situation. «Die Rüben-Maus ist halt oft der limitierende Faktor beim Verlad. Da ist es schon wichtig, dass die Maschine einfach läuft und man vorwärtsmacht», sagt Marco Bühler.
Eine besondere Prüfung ist für das Lenken und den Strassentransport der 3 Meter breiten Rübenmaus übrigens nicht erforderlich: Die G40 Prüfung, die man mit 14 Jahren machen kann, reicht aus.
Das Ziel: Rund 2000 Tonnen Rüben pro Tag verladen
Gegen Mittag ist die Miete fertig verladen. Marco Bühler klappt die Maus für den Strassentransport hydraulisch zusammen, die Kabine wird abgesenkt. Verlassen muss er dafür die Kabine nie.
Weiter geht es zum nächsten abgeernteten Rübenfeld bei Lyss. Bereits wartet eine Kolonne von acht Traktoren samt Anhängerzügen auf das Befüllen. Hinfahren, ausklappen, das Transportfahrzeug via Knopfdruck erfassen und schon donnern wieder Rüben in die Kipper. Rund 2000 Tonnen pro Tag ist die angepeilte Verladeleistung. Abhängig ist das nebst der Maschine auch von der Grösse der zu verladenden Rübenmieten. Kleine Felder, kleine Mieten, viel Strassenfahrt, wenig Leistung, so einfach ist das.
Nachdem die wartenden Gespanne alle befüllt sind, gibt es eine kurze Pause von zehn Minuten, in denen kein Traktor zufährt.
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Zeit für ein Sandwich, das die Frau des Eigentümers der Rübenparzelle bringt. Ist der Job nicht etwas einsam? «Nicht besonders», findet Marco Bühler. Wäre nicht die ganze Sache mit dem Corona-Virus, so hätte er oft einen Kollegen in der Kabine, der ihn zwischendurch begleitet.
Manchmal bringen die Bauern etwas zum Essen in die Kabine oder steigen für einen kurzen Schwatz hinauf. Es geht aber auch ohne, denn Marco Bühler muss ohnehin immer auf die Maus und die Rüben konzentriert bleiben. Tonne für Tonne, Kipper für Kipper.
Die grosse Rüben-Maus hat übrigens nichts mit dem kleinen Nager zu tun: MAUS steht für Mieten (Rübenhaufen), Aufnahme, Umladen und System, woraus der Hersteller in den 1980er-Jahren die griffige Bezeichnung MAUS gemacht hat.
Wenn gegen Weihnachten die Kampagne voraussichtlich zu Ende geht, ist die Arbeit für Marco Bühler noch nicht zu Ende. Er wird mithelfen, die Maschinen zu revidieren und für die Kampagne 2021 wieder fit zu machen.
Im Sommer ist er zu Hause auf dem Betrieb seines Vaters am Arbeiten. Bühler könnte sich auch vorstellen, einmal für eine Saison bei einem Lohnunternehmer in Deutschland zu arbeiten, eventuell wird er auch noch die Betriebsleiterschule anhängen.
Vorerst steht für ihn aber fest: Er will bei der Rübenkampagne 2021 wieder dabei sein und mit der Rübenmaus den Takt beim Verladen vorgeben.
Die Super-Maus
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Die Maus 5 von Ropa ist eine Maschine der Superlative. Die Rüben gelangen über ein 10,2 Meter breites Aufnahmesystem mit 18 Reinigungswalzen in
den Bauchgurt und dann weiter zum Überlader. Angetrieben wird die Maschine von einem 354 PS Mercedes-Benz Motor mit 7,7 Liter Hubraum.
Für einen sicheren Stand der Maschine sorgt ein tonnenschwerer Gegen-
gewichtsarm, der bis zu 9 Meter weit ausgefahren werden kann.
In die Maschine integriert ist
ein Wiegesystem.
Das Tankvolumen beträgt 1200 Liter. Da die Maschine beim Verladen ziemlich niedertourig arbeiten kann, reicht eine Tankfüllung meistens
für eine ganze Woche. Am Samstagabend kommt die Maschine zurück
in die Werkstatt für Service und Betankung, bevor die nächste
Kampagnenwoche in Angriff
genommen wird.
Für den Rübenring Aarberg sind
vier Mäuse auf dem Feld im Einsatz, eine Maus steht am Bahnhof.
In der ganzen Schweiz sind gemäss Auskunft von Brack Landtechnik,
dem Importeur der Ropa-Mäuse, aktuell 29 Mäuse auf dem Feld und
acht Mäuse am Bahnhof im Einsatz.