Kurz & bündig
-Die Bruno Aemisegger AG brachte vor 40 Jahren die Ballensilage in die Schweiz.
-Anfangs gab es keine Wickler, die Rundballen wurden in Säcken konserviert.
-Als ab 1988 Ballenwickler und Folien verfügbar waren, erlebte das Verfahren einen Boom.
-Die Bruno Aemisegger AG ist heute ein Handelspartner für sämtliches Verbrauchsmaterial bei Ballensilage in der ganzen Schweiz.
Bruno Aemisegger sen. hatte mit seinem Vater Hans im Jahr 1983 die erste Siloballe der Schweiz gepresst. Dazu hatten die beiden eine Rundballenpresse von Welger gekauft.
Bis dahin gab es in der Schweiz kaum Rundballenpressen. Was bis dahin gepresst wurde, waren normalerweise Stroh und Heu in Hartballen. «Eine Rundballenpresse hatte der Importeur gar nicht erst im Angebot», erinnert sich Bruno Aemisegger sen.
Er brachte die Aemiseggers aber auf die Idee, sich eine Rundballenpresse in Deutschland anzusehen. Das taten sie und waren von der Maschine so überzeugt, dass Hans Aemisegger sofort eine bestellte. «Es war dazumal nicht abzusehen, dass wir damit einen so grossen Boom auslösen würden.»
Was heute als erfolgreiches Handelsunternehmen geführt wird, war anfangs mit einem unternehmerischen Risiko behaftet. Denn die Familie Aemisegger investierte in Maschinen und Verbrauchsmaterial für das damals unbekannte Siloballenverfahren. Der Grund war ein Bauvorhaben für die Futterlagerung anfangs der 1980er-Jahre.
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Hoch- und Fahrsilos konnten nicht realisiert werden
Um die Fütterung für rund 50 Kühe zweier Betriebe zu realisieren, standen ursprünglich zwei Hochsilos oder ein Fahrsilo im Vordergrund. Die baulichen Auflagen waren jedoch hoch. Wäre vom Fahrsilo, welches von den zwei Varianten übrig blieb, eine Geruchsemission ausgegangen, hätte die Anlage zurückgebaut werden müssen. «Dieses Risiko war uns wegen dem angrenzenden Wohngebiet zu hoch.»
Anstelle des vorgesehenen Silierladewagens für das gescheiterte Fahrsiloprojekt wurde die Rundballenpresse gekauft. Heute ist man bei Aemiseggers froh, dass dies so gekommen war. Es war der Ursprung des erfolgreichen Unternehmens für die Lieferung von Verbrauchsmaterial für die Siloballenproduktion.
Das Interesse an Siloballen war von Anfang an riesig
Das Interesse an den Rundballen in Säcken war von der ersten Balle an riesig. Dabei spielte der Zufall erneut eine grosse Rolle. Bruno Aemisegger sen. erzählt:
«Ein Journalist aus der Region hat uns per Zufall entdeckt, als wir die ersten Rundballen produzierten. Er wollte unbedingt darüber berichten. Wir hatten nichts dagegen. Letztlich wurde sein Bericht in über 90 Zeitungen veröffentlicht. Das führte dazu, dass uns die halbe Schweiz die Bude einrannte. Landwirte aus der ganzen Schweiz standen plötzlich bei uns auf dem Hof und wollten mehr über das neue Verfahren wissen.»
Er arbeitete damals in einer Molkerei und hat sich wegen des Ansturms so organisiert, dass er Frühschicht leistete und sich nachmittags mit den Besuchern und all den Anfragen beschäftigte.
Zuerst Koordinator, dann Handel mit Verbrauchsmaterial
In den ersten Jahren koordinierte Bruno Aemisegger den Einkauf der Säcke für den eigenen Betrieb und für die Landwirte, die nach und nach ebenfalls begannen, Rundballen in Säcke zu stecken. «Ich sah meine Funktion zu Beginn als Koordinator einer Einkaufsgemeinschaft, an den Handel mit Verbrauchsmaterial dachte man damals noch nicht.»
Die Ballen wurden mit dem Frontlader in die Säcke gesteckt, mit einem Staubsauger die Luft herausgesogen und mit Schnüren verknotet. Bereits im zweiten Jahr wurden anstelle der Schnüre Kabelbinder verwendet.
Das machte den Verschluss sicherer und war schon beinahe ein Meilenstein, der die immer noch aufwändige Arbeit erleichterte.
Der entscheidende Meilenstein kam im Jahr 1988 mit dem ersten Wickler. Man hörte, dass Kverneland in Skandinavien mit einem Folienhersteller Test durchführe.
Damals war noch nicht immer alles gleich im Internet abrufbar. Aber Aemiseggers hielten die Ohren offen und schon kam der nächste Zufall ins Spiel.
Ein nach Schweden ausgewanderter Bekannter war in Lutzenberg zu Besuch. Aemisegger liess nicht locker, bis dieser die entsprechende Folienfirma in Schweden ausgemacht und auch gleich eine Lieferung bestellt hatte.
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Der Ballenwickler sorgte ab 1988 für einen Boom
Die Palette mit Folienrollen traf zwei Wochen später ein. Danach folgte auch die Wickelmaschine und erste Geräte für den Ballenumschlag wurden gebaut. Dank den Ballenwicklern wurden in der Schweiz immer mehr Siloballen produziert.
Die Landwirte überzeugte, dass mit diesem Konservierungsverfahren keine fixen Bauten notwendig sind. Die heutige Bruno Aemisegger AG wurde damals zum ersten Folienhändler in der Schweiz. Der schwedische Agrarfolienhersteller Trioworld mit der Marke Tenospin ist immer noch derselbe und die Aemisegger AG ist weltweit einer seiner wichtigsten Geschäftspartner.
Gemäss Bruno Aemisegger jun. werden heute in der Schweiz gesamthaft rund fünf Millionen Siloballen produziert. Die Zahl lässt sich aus den Folienverkäufen und den Mengen beim Recycling ableiten.
Aemisegger benutzt die Folien selbst und weiss, was es braucht
«Wir stehen in einem engen Austausch mit dem Hersteller und können unsere Erfahrungen platzieren. Die Schweiz ist für unseren Lieferanten Teno eine der wichtigsten Märkte. Hier sind die Futterkosten und die Qualitätsansprüche am höchsten. Kompromisse bei der Folienqualität werden nicht toleriert, da der Wert des Inhalts einer Balle zu hoch ist.
Wenn sich eine Folie in der Schweiz bewährt, hat der Hersteller eine hohe Produktqualität erreicht», so Bruno Aemisegger jun.. Kein Wunder, ist der Entwicklungschef von Teno ein- bis zweimal jährlich mit Aemiseggers unterwegs. Hier kann er auf kleinstem Raum unterschiedliche Einsatzbedingungen beobachten.
Aemiseggers produzieren auch selbst noch Siloballen als Lohnunternehmer. Auch hier bestehe eine Sonderstellung gegenüber dem Lieferanten, da sie der einzige Importeur mit eigenem Einsatzbedarf seien und deshalb genau wüssten, was es in der Praxis braucht.
Maisballen brachten einen zusätzlichen Markt
Anfangs hat Aemisegger für den Eigenbedarf rund 500 Ballen für die Milchkühe auf zwei Betrieben produziert. Zudem waren mehrere Pressen und Wickler auch im eigenen Lohnunternehmen tätig.
Heute werden weniger Siloballen hergestellt. «Wir wollen unsere Silo-folien-Kunden nicht konkurrieren. Auch der landwirtschaftliche Betriebszweig wurde reduziert. Heute werden noch Aufzuchtrinder gehalten. Geschäftsführer Bruno Aemisegger jun. ist sich bewusst, dass der Markt für Folien und Verbrauchsmaterial wie Mantelfolie, Garn und Netze in der Schweiz nicht grösser wird. Der Markt wuchs, als Maisballen im grossen Stil produziert wurden. «Dank der Maisballen gibt es nebst dem Frühling nun auch im Herbst nochmals eine Nachfrage.»
Nebst der Unabhängigkeit von festen Silos bieten Ballensilagen auch den Vorteil, dass sie gehandelt werden können. Vor allem bei Maisballen ist hier ein grosser Markt entstanden, der vorher nicht möglich war.
Die Qualität des Futters ist entscheidend
Werden Siloballen am Markt gehandelt, werden sie zusätzlich umgeschichtet. Es ist besonders wichtig, dass die Folie nicht verletzt wird und die Futterqualität erhalten bleibt.
«Solche Ballen werden oft mit einer etwas dickeren Folie gewickelt, zwischen 20 und 30 my. Die Foliendicke entscheidet nicht über den Luftabschluss, da sind die dünnen gleich gut. Aber die dickeren bieten einen etwas besseren mechanischen Schutz beim Rangieren.» Ein my (1 Mikrometer) entspricht 0,001 Millimeter.
Aemiseggers produzieren heute noch die meisten Siloballen mit ihrem Lohnunternehmen auf einem stationären Wickler. «Das war früher üblich, die Wickler waren noch nicht so geländegängig und wurden häufig auf dem Hof mit den Ballen beschickt.» Das hat einen grossen Vorteil, weil der Ballen nur einmal für das Stapeln gegriffen werden muss. Damit ist die Folie nur einmal einem Verletzungsrisiko ausgesetzt und nicht auch noch beim Verladen.
Ein weiteres Risiko für verletzte Siloballen sind Mäuse. Diese verletzen die Ballen von unten und locken zugleich Katzen und Vögel an, welche ihrerseits ebenfalls Folie beschädigen können.
Bruno Aemisegger empfiehlt, die Ballen auf einem festen Untergrund zu lagern. Die Bruno Aemisegger AG bietet hier auch Schutzmaterial wie Netze. Diese schützen die Ballen nicht nur vor Tieren, sondern bieten auch einen Sichtschutz.
Die Farbe der Folie ist oft ein Thema und manchmal wird die Farbe von Behördenstellen vorgeschrieben. Zum Beispiel grün, das weniger auffällig als weiss angesehen wird.
«Die Farbe hat keinen Einfluss auf die Festigkeit oder die Qualität einer Folie», so Geschäftsführer Bruno Aemisegger. Allerdings sei weiss die häufigste Farbe – und dies nicht ohne Grund. Denn die weissen Ballen reflektieren das Sonnenlicht und erwärmen sich weniger schnell als dunkle Folien.
Betriebsspiegel der Bruno Aemisegger AG
Bruno und Mery Aemisegger,Bruno sen. und Vreni Aemisegger, Lutzenberg AR
Betrieb: Import und Handel von Verbrauchs-material
Produkte: Siloballen- und Mantelfolien, Rundballennetze und Pressgarn
Weitere Betriebszweige: Lohnunternehmen mit Rundballenpressen und Winterdienst, Landwirtschaftsbetrieb mit Rindviehaufzucht und rund 20 ha Weiden und Wiesen.
Arbeitskräfte: 6 bis 7 Mitarbeiter
Folienherstellung und Recycling
Die Bruno Aemisegger AG in Lutzenberg AR beliefert in der Schweiz rund 800 Kunden mit Siloballenfolie und weiteren Verbrauchsmaterialen wie beispielsweise Mantelfolien oder Netzen für die Ballenbindung.
Die Hauptprodukte stammen vom schwedischen Hersteller Trioworld mit der Marke Tenospin. Wöchentlich bringt ein Sattelschlepper Nachschub aus Schweden. Das Material kommt in ein grosses Lager, von dort erfolgt die Verteilung mit drei Lieferfahrzeugen, eines davon ein Lastwagen.
Das häufigste Mass von Siloballenfolie ist 75 Zentimeter hoch, hat eine Dicke von 25 my und ist weiss. Insgesamt gibt es rund 30 verschiedene Folien-Produkte, die angeboten werden.
Die neusten Folien, die Aemisegger auf den Markt bringen, haben einen Anteil von 30 Prozent Recyclingfolie. Diese Folie ist ebenfalls recyclingfähig. Mit einer gut organisierten Sammlung der gebrauchten Folie kann der Ressourcenbedarf deutlich reduziert werden.
In der Schweiz wurden im Jahr 2022 rund 1800 Tonnen solcher Kunststoffe gesammelt und rezykliert. Das entspricht etwa einem Drittel des Verbrauchs.
Der Verein ERDE-Schweiz koordiniert die Sammlung. Der Verein hat 100 Sammelstellen in der Schweiz. Lohnunternehmer oder Landwirte können Sammelpartner werden. Die Kosten für die Abgabe bei der Sammelstelle hängt vom Betreiber ab, ist aber in der Regel günstiger als in der Verbrennungsanlage. Die Folien müssen für die Abgabe besenrein und frei von Fremdstoffen sein.