Was mit einer verrückten Idee begann, wurde zu einem Weltrekord: Das Team um Gilles Küffer war das erste, das mit einem Traktor an einem Wüstenrennen teilgenommen hat. Die Rede ist von der Marokko Dessert Challenge 25, einem 3150 km langen Offroad-Rennen in der Wüste, welches Anfang April 2025 stattfand.

Initianten dieser wilden Idee waren Cédric Goumaz und Gilles Küffer. «Noch nie hat ein Traktor an einem Off-Road-Langstreckenrennen teilgenommen. Wir waren die Ersten und das alleine war schon ein Sieg», sagt Gilles Küffer stolz.  Er ist Inhaber der Landmaschinen-Werkstatt Küfferagri Sàrl in Yens im Waadtland.

Küffer wollte aber nicht nur einen Rekord erreichen, sondern noch mehr beweisen: «Wir wollten mit diesem Projekt zeigen, dass Landmaschinenmechaniker mehr können, als nur einen Hammer zu benutzen», erklärt Küffer.

Video zum Traktor in Action am Wüstenrennen

In nur 35 Tagen und 2800 Arbeitsstunden wurde der Massey Ferguson vom Acker-Schlepper zum Rally-Traktor umgebaut. Mitgeholfen haben sechs Landmaschinenmechaniker und zwei Lernende von Küfferagri.

80 km/h und 400 PS mit einer Zwei-Personen-Kabine

Beim Traktor handelt es sich um einen Massey Ferguson 8S.205 mit 205 PS und einem AGCO-Power-6-Zylinder-Motor. Eingebaut ist das Dyna-E-Power-Doppelkupplungsgetriebe. Damit der Traktor bereit war für das Rennen, musste einiges umgebaut werden. Die Geschwindigkeit wurde auf 80 km/h erhöht mittels Chip-Tuning und Anbringen grösserer Räder. Die Leistung wurde auf 400 PS erhöht. Am Motor und Getriebe haben Küffer und sein Team nichts mechanisch manipuliert.

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Dann baute das Team die Kabine fast komplett um, damit zwei Personen mit vorschriftsgemässen Sportsitzen darin Platz hatten. Rundherum wurde ein Überrollbügel befestigt als weitere Sicherheitsvorkehrung. Spezielle Reifen mit Reifendruckregel­anlage sowie eine Filtervorrichtung am Auspuff ermöglichten die Fahrt im Sand.

Eine hydraulische Einrichtung zum Heben des Traktors sowie eine Seilwinde zum Heben der Räder ermöglichten den Radwechsel im Sand. Eine Vorrichtung am Heck erlaubte es, zwei Ersatzräder mitzuführen. Im Rennen verzichteten sie aber darauf, um Gewicht einzusparen.

In 8 Tagen 3150 km durch die Wüste

Der Fahrer im Rennen war Cédric Goumaz, Landwirt und Landmaschinenmechaniker aus Genf. Er nahm 2024 mit einem Auto am Wüstenrennen in Dakar teil. Co-Pilot war Fréderic Drault. Gilles Küffer übernahm die Rolle als Mechaniker während des Rennens.

Während acht Tagen mussten 3150 km durch den Sand gefahren werden. Dabei war die Rennstrecke nicht markiert. Gefahren wurde mithilfe eines GPS. «Die Navigation war sehr kompliziert», erinnert sich Küffer. Auf der Rennstrecke mussten ähnlich wie bei einem Orientierungslauf immer wieder einzelne Punkte «überfahren» werden. Erreichte man die Punkte nicht, gab es Strafpunkte. Pannen während des Rennens gaben Strafzeit. Das Ziel des Rennens war also, möglichst schnell, aber auch korrekt zu fahren.

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Ein zweiter Traktor für den Notfall

«Unser Ziel war es, das Rennen einfach fertig fahren zu können, möglichst ohne grosse Pannen», sagt Küffer. Dieses Ziel wurde sogar übertroffen. Über alle Kategorien hinweg fuhr das Schweizer Team auf den 77. Platz von 145 Teilnehmern. In der Kategorie Lastwagen erreichten sie den vierten Platz von acht Teilnehmern.

Die mittlere Platzierung erreichten sie vor allem dank der «Schweizerischen Qualitätsarbeit». Im Vergleich zu anderen Fahrzeugen hatten sie während des ganzen Rennens nie eine Panne. In den Dünen sei der Traktor klar im Vorteil gewesen gegenüber den anderen Fahrzeugen. Dank der grossen Räder und der Reifendruckregelanlage blieben sie nie stecken und konnten viele Teilnehmer überholen. Sie konnten sogar festgesteckte Fahrzeuge wieder aus dem Sand herausziehen (siehe Videolink unten).

«Wir hatten Angst, dass der Motor überhitzen wird.»

Gilles Küffer, Küfferagri

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«Wir hatten praktisch einen zweiten Traktor dabei», erwähnt Küffer. Zusätzlich zum Traktorumbau wurde ein zweiter Traktor komplett zerlegt und die Einzelteile mit in die Wüste genommen. Im Notfall hätte das Mechaniker-Team über Nacht ganze Teile auswechseln können, um am nächsten Tag wieder am Rennen zu starten. «Wir hatten Angst, dass der Motor überhitzt, wegen der Hitze und wenn über so lange Distanzen mit so hoher Geschwindigkeit gefahren wird. Aber wir hatten zum Glück keine Probleme mit dem Motor und Getriebe», sagt Küffer. Das einzige Problem war die Federung, diese wurde im Sand stark strapaziert. Während des Rennens musste in einer Nacht-und-Nebel-Aktion eine zweite Federung neben der Kabinenfederung angebracht werden.

Massey Ferguson, der erste Traktor in der Arktis

Der Massey Ferguson liess die Equipe also nicht im Stich. Auf die Frage, wieso gerade ein MF für das Rennen gewählt wurde, meint Küffer, das sei zum einen, weil bereits sein Vater MF vertreten hat. Zum anderen aber war MF der erste Traktor, der im Jahr 1958 durch die Arktis fuhr und 2011 dann noch durch die Antarktis. Auch das war ein Weltrekord. «Ich habe mir gesagt, wenn sich der MF zweimal in der Kälte bewiesen hat, dann versuchen wir das andere Extrem in der Wüste», meint Küffer.

Gilles Küffer ist stolz, dass sie als Schweizer Landmaschinenmechaniker diesen Rekord aufstellen konnten. Aber noch stolzer ist er, dass sie als Westschweizer die Ersten waren. «Wir Westschweizer haben den Ruf, dass wir viel reden und wenig arbeiten. Wir konnten nun das Gegenteil beweisen.»

Das Team hat bereits Pläne, im 2026 am Wüstenrennen in Dakar teilzunehmen. Mit welchem Fahrzeug, bleibt noch offen.

Video zum Traktor in Action am Wüstenrennen