Kurz & bündig

- Daniela und Adrian Stotzer züchten Swiss Fleckvieh. Dabei sind ihnen insbesondere Gesundheit und Fruchtbarkeit wichtig.
- Diese Eigenschaften werden auch beim sogenannten Swiss Index SWI, einem Zuchtindex, höher gewichtet.
- Neu wird ausserdem die Wirtschaftlichkeit mit einberechnet. Ein Stier mit einem SWI von 600 macht seine Töchter pro Jahr um 300 Franken genetisch besser.

«Ein Zickzackkurs bringt in der Züchtung nichts», sagt Adrian Stotzer. Eine gute Zuchtstrategie brauche vor allem klare Ziele, erklärt der Landwirt. Er führt den Betrieb oberhalb von Vechigen BE zusammen mit seiner Frau Daniela. Gemeinsam züchten das Ehepaar Stotzer Swiss Fleckvieh SF.

Dabei ist ihnen die Fruchtbarkeit der Kühe sehr wichtig. «Ist sie nicht in Ordnung, geht das ins Geld», erklärt der Züchter. Wenn eine Kuh bei der zweiten Besamung nicht trächtig wird, wird der Stier gewechselt. Nach der dritten erfolglosen Besamung wird konsequent nur noch mit Mastrassen besamt.

Betriebsspiegel der Familie Stotzer
Daniela und Adrian Stotzer, Vechigen BE

LN: 23 ha
Kulturen: Brot- und Futterweizen, Eiweisserbsen, Raps, Kartoffeln, Grünmais, Kunst- und Naturwiese
Tierbestand: 22 bis 24 Milchkühe, 12 Aufzuchttiere, zusätzliche Jungtiere
Arbeitskräfte: Daniela und Adrian Stotzer, 1 Lehrling

Auch bei anderen Merkmalen hat Adrian Stotzer klare Grenzen: «Ich wähle keinen Stier, der einen Zuchtwert «Zellzahl» unter 100 hat.» Die Stiere Roxel, Donald, Lumino, Frisco und Flims können hierbei punkten und kommen deshalb zum Einsatz: Sie zeichnen sich durch tiefe Zellzahlen und hohe Mastitis-Resistenz aus. Bei der Fruchtbarkeit liegt Roxel zwar unter einem Zuchtwert von 100. Das sei aber für ihn noch nicht kritisch, meint Stotzer.

Vermehrt lässt Adrian Stotzer auch mit hornlosen Stieren besamen. Dabei setzt er auf Samu, van Gogh und Oscar.

«Sie sollen viel aus dem Grundfutter herausholen»

Adrian Stotzer paart jede Kuh einzeln an. Dabei achtet er auf die einzelnen Zuchtwerte der Merkmale, an denen er arbeitet. «Ich will ausgeglichene Kühe, die fruchtbar und gesund sind. Sie sollen viel aus dem Grundfutter herausholen – auch wenn das etwas doof klingt, wenn ich es sage. Schliesslich wollen das doch alle», sagt Stotzer und schmunzelt.

Adrian Stotzer legt auf Merkmale wert, die auch beim Swiss Index SWI wichtig sind: Gesundheit, Versorgung mit Grundfutter, Grösse der Tiere.

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Der Nachwuchs wird um 300 Franken genetisch besser

Der SWI wurde von der Interessengemeinschaft IG «Neue Schweizer Kuh» entwickelt. Er beruht auf den Zuchtwertschätzungen der Zuchtverbände, gewichtet jedoch einzelne Merkmale anders. Anfangs 2022 präsentierte die IG den neu ausgearbeiteten SWI monetär (siehe Kasten). Dieser wird in der Einheit Schweizer Franken ausgegeben.

Ein Stier mit einem SWI von 600 macht seine Töchter im Durchschnitt pro Jahr um 300 Franken genetisch besser. Da vom Stier nur die eine Hälfte der Gene kommen – die andere Hälfte hat der Nachwuchs von der Mutter – wird dieser wirtschaftliche Indexwert durch zwei geteilt.

Unterschiedliche Zuchtwerte

Ein Zuchtwert beschreibt die Wirkung der Gene auf das entsprechende Merkmal, beispielsweise auf die Kreuzbeinhöhe. Zuchtwerte werden mit statistischen Modellen für jede Rasse einzeln berechnet. Ein direkter Vergleich zwischen den Rassen ist nicht möglich.

GZW: Gesamtzuchtwert bei den Rassen Brown Swiss und Original Braunvieh. Ein Gesamtzuchtwert fasst alle vom Verband festgelegten Einzelzuchtwerte zusammen.

ISET: Gesamtzuchtwert bei den Rassen Simmental, Swiss Fleckvieh, Red Holstein, Holstein.

SWI monetär: Für den monetären SWI wurden Deckungsbeiträge mit 7264 Kuhjahren von 37 Milchwirtschaftsbetrieben mit graslandbasierter Fütterung berechnet. Aufgrund der Deckungsbeiträge wurde die Gewichtung der Einzelmerkmale abgeleitet. So ist beispielsweise die Grösse stark negativ gewichtet. Mehr Gewicht erhält ausserdem die Fruchtbarkeit. Produktionsmerkmale (Fett- und Proteingehalt) erhalten hingegen weniger Gewicht als bei GZW und ISET. Das Resultat: Der monetäre SWI, in Schweizer Franken.

Die IG «Neue Schweizer Kuh» betreut und rechnet diesen SWI monetär. Unterstützt wird sie dabei von Hannes Jörg, Tiergenetiker an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL. Nach jeder Zuchtwertschätzung erstellt die IG eine Stierenempfehlungsliste nach dem monetären SWI: www.swiss-cow-index.ch

Das Angebot bestehe doch schon heute

Von den Zuchtverbänden wird der monetäre Index unterschiedlich kommentiert. Martin Rust, Vizedirektor und Fachbereichsleiter Zucht bei Braunvieh Schweiz sagt: «Ein Vorteil ist, dass man so die eher abstrakten Zuchtwerte in eine verständliche Grösse umwandelt. Die Gefahr sehe ich darin, dass man damit eine Genauigkeit suggeriert, die so nicht besteht.»

Denn in der Schweiz ist es eine Herausforderung, aussagekräftige wirtschaftliche Parameter zu definieren. Betriebsstrukturen, Produktionsformen und Absatzmärkte können von Betrieb zu Betrieb stark variieren.

Das sagt auch Alex Barenco, Leiter Genetik bei Swissherdbook. Barenco geht davon aus, dass der monetäre Swiss Index eher in einer Nische Anwendung finden wird.

Ausserdem bestehe ein vergleichbares Angebot schon heute: «Die Züchter können aus den besten ISET-Stieren diejenigen mit den gewünschten Eigenschaften auswählen: kleinere Kühe, Zitzenplatzierung für Roboterbetrieb, tiefe Zellzahlen etc.», erklärt Barenco.

Mit der Berücksichtigung der Zuchtwerte «BCS» und «Eingespartes Futter» im ISET werde die Zucht auf effiziente und robuste Kühe bereits begünstigt, führt Barenco aus: «Basierend auf dem Gesamtzuchtwert kann so ein ausgeglichener Zuchtfortschritt auch in Produktionsmerkmalen erreicht werden.» Ein Fortschritt, den Barenco, in Anbetracht der Gewichtungen, beim SWI in Frage stellt.

LandwirtInnen entscheiden,ob der SWI zum Einsatz kommt

Bei Braunvieh Schweiz sei es indes nicht ausgeschlossen, dass der bestehende Index durch den monetären Index ergänzt werden könnte, sagt Martin Rust. Für den Moment verweist Rust auf den Weidezuchtwert für Brown Swiss und Original Braunvieh, der ähnliche Gewichtungen wie der SWI aufweist.

Abschliessend sagt Rust: «Ob der neue Swiss Index in der Praxis Anwendung findet, entscheiden am Ende allein die LandwirtInnen.»

Adrian Stotzer, selbst Mitglied im Vorstand der IG «Neue Schweizer Kuh», zieht den SWI nicht zu Rate, wenn er die Stiere im Katalog aussucht. «Ich kenne die Stiere und weiss bei einem Grossteil, welche Familien dahinterstehen. Ich schaue nicht auf Gesamtwerte, sondern auf einzelne Zuchtwerte», erklärt Stotzer.

Dank der übereinstimmenden Zuchtziele kommen bei Stotzers gleichwohl die ersten vier Stiere mit dem höchsten SWI – Flims, Lumino, Frisco und Donald – zum Einsatz. Wenn ein Landwirt sich nicht so detailliert mit Zuchtwerten befasse, könne der SWI ein guter Anhaltspunkt sein, meint Stotzer.

Mit monetärem Index die Wirtschaftlichkeit betonen

Dem stimmt Michael Schwarzenberger zu. «Der SWI ist eine Zusammenfassung der züchterischen Werte eines Stiers», erklärt der Geschäftsführer der IG «Neue Schweizer Kuh». Genauso wie der Gesamtzuchtwert GZW oder der ISET auch (siehe Kasten).

«Beim SWI geht es darum, Stiere nach vorne zu bringen, die einen tieferen ISET haben, weil sie vielleicht nicht ganz so gut im Exterieur sind», so Schwarzenberger. Es sei wichtiger, dass die Tiere nicht zu gross sind – ein Merkmal, das durch den Input der IG teils in den Gesamtzuchtwert der einzelnen Rassen einfloss – und dass sie mit Grundfutter, ohne grosse Kraftfuttermengen, Milch produzieren.

«Mit dem monetären Index betonen wir ausserdem die Wirtschaftlichkeit. In die Rechnung beziehen wir Aufwand und Ertrag ein und können so dem Landwirt aufzeigen, welchen echten finanziellen Mehrwert ihm dieser Stier bringt», so Schwarzenberger.

Genetik brauchen, um gute Voraussetzungen zu schaffen

Bei Daniela und Adrian Stotzer scheint ihnen der Erfolg Recht zu geben in ihrer Zuchtstrategie. Seit Stotzers die SF-Herde 2018 bei ihrem Pacht-Antritt übernommen haben, haben sie von 16 auf 24 Milchkühe ausgebaut. Gleichzeitig konnten sie die Milchmenge pro Kuh kontinuierlich steigern und liegen nun bei knapp 7700 kg. Die Zwischenkalbezeit konnte ebenfalls gesenkt werden – ein Zeichen für die verbesserte Fruchtbarkeit der Herde. Und mit den Zellzahlen sei er auch zufrieden, meint Stotzer.

Als ehemaliger Futterberater weiss Adrian Stotzer, dass auch Fütterung und Management eine wichtige Rolle für die Leistungen der Kühe spielen. Seine Fütterung basiert auf dem Grundfutter. «Im Sommer machen wir Vollweide. Im Winter gibt es Heu und Emd, Luzerne und Kartoffeln.»

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Einer tragenden Kuh mit 30 Litern Milch gebe er keinen Energieausgleich, bloss Eiweisskonzentrat. «Es bringt nichts, wenn das Kraftfutter falsch eingesetzt wird. Dann kostet es bloss», sagt Stotzer.

Das Züchten ist Stotzers Leidenschaft. «Mit der Genetik kann ich versuchen, die besten Voraussetzungen zu schaffen. Doch ist das Kalb einmal auf der Welt, sind andere Faktoren – wie eben die Fütterung oder das Management – genauso entscheidend», erklärt Adrian Stotzer.