Kurz & bündig

- Die bekannten Unfälle mit Güllegasen sind nur die Spitze des Eisberges.
- Sind Stall und Güllegrube über Kanäle oder Rohre miteinander verbunden, ist eine Siphonierung notwendig.
- Offene Güllelagerung unter dem Stall ist bei Neu- und Umbauten zu vermeiden.
- In bestehenden Ställen mit offenen Verbindungen zur Gülle-grube sind die Tiere vor dem Rühren der Gülle ins Freie zu bringen.
- Auf offene Umspülkanäle sollte man verzichten und stattdessen Staukanäle einbauen.
- Güllegruben benötigen Lüftungsöffnungen ins Freie.

Immer wieder ereignen sich tödliche Unfälle auf Grund von Güllegasen. Diese sind nicht nur unsichtbar, sondern können oft auch geruchlich nicht wahrgenommen werden. Besonders gefährlich für Mensch und Tier ist der Schwefelwasserstoff H2S. Bei hoher Konzentration kann schon ein einziger Atemzug für Mensch und Tier tödlich sein.

Die Prävention solcher Unfälle war ein Ziel des Weiterbildungskurses für Baufachleute WBK der Arbeitsgemeinschaft für landwirtschaftliches Bauen und Hoftechnik ALB-CH sowie der Agridea.

Gefahren treten vor allem beim Rühren der Gülle auf

Die maximal zulässigen Gaskonzentrationen über längere Zeit hängen stark von der Art des Gases ab. «Sie dürfen nicht dauerhaft überschritten werden», sagt Beat Burkhalter, Sicherheitsfachmann bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft BUL.

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Die Tabelle unterscheidet zwischen der «Maximalen Arbeitsplatz Konzentration» für den Menschen (MAK) und den Stallklima-Grenzwerten gemäss Fachinformation Tierschutz.

Für das Tier sind die Grenzwerte tiefer angesetzt, da es sich die ganze Zeit über im Stall aufhält. Akut gefährlich werden jedoch erst deutlich höhere Gas-Konzentrationen.

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Die Gefahren sind je nach Gas verschieden. Während eine hohe Methangas-Konzentration vor allem die Gefahr einer Explosion beinhaltet, führen hohe Konzentrationen bei Ammoniak (NH3) und Kohlendioxid (CO2) zu Reizungen oder Schädigungen der Atemwege.

Bei Schwefelwasserstoff kommt hinzu, dass es die Geruchsrezeptoren betäubt und auf das Nervensystem einwirkt. Es hemmt die Zellatmung, führt in hohen Konzentrationen in wenigen Sekunden zur Bewusstlosigkeit und schliesslich zu Atemstillstand.

«Schwefelwasserstoff ist sehr heimtückisch», betont Burkhalter. Denn beim Aufrühren von Gülle wird er oft schwallartig freigesetzt. Doch auch hohe Konzentrationen an CO2 können zum Ersticken führen. CO2 tritt aber in dieser Konzentration nicht beim Aufrühren von Gülle auf, sondern bildet in Gärsilos eine akute Gefahr.

Keine Güllelagerung unter Spaltenböden

Da Schwefelwasserstoff und Methangas vor allem bei warmen Temperaturen und dem Aufrühren von Gülle entstehen, ist dafür zu sorgen, dass sie nicht in den Stall gelangen. Problematisch wird es dort, wo Gülle unter Spaltenböden lagert oder wo es undichte Verbindungen des Stalles mit der Güllegrube gibt.

«Wie viele Menschen und Tiere müssen noch sterben?», fragt der Sicherheitsexperte. «Braucht es erst zwingende gesetzliche Grundlagen?» In bestehenden Ställen, in denen Gülle unter dem Spaltenboden gelagert wird, ist zu jeder Zeit möglichst viel Frischluft in den Stall zu bringen, sei es durch eine künstliche Lüftung und/oder durch offene Wände. Bevor man das Rührgerät einschaltet, sind die Tiere ins Freie zu bringen und die Lüftung muss auf Hochtouren laufen. Es dürfen sich keine Personen im Stall aufhalten.

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«Gase dürfen niemals in den Tierbereich gelangen»

Beat Burkhalter, Sicherheitsfachmann BUL

Besonders gefährlich sind warme, schwüle Tage mit wenig Wind, an denen die natürliche Lüftung fehlt und Gase nicht verwirbelt werden. Bei Neubauten sollte man auf die Güllelagerung unter Spaltenböden verzichten.

Vor allem warnt Burkhalter vor Systemen, wo Gülle im Stall aufgerührt wird, sei dies in Gruben oder Kanälen wie z.B. das Slalomsystem. Gefährlich ist das nicht nur in geschlossenen, sondern auch in offenen Ställen, denn beim Rühren gelangen die Gase direkt in den Tierbereich.

Es braucht einen Gasverschluss zwischen Stall und Güllelager

In Ställen mit Güllekanälen ist eine Trennung von Stall und Güllegrube unbedingt notwendig. Entweder man verwendet einen Gasverschluss mittels eines Siphons, einen aussenliegenden offenen Sammelkanal oder eine Vorgrube.

Ein Siphon verhindert, dass Gase direkt aus der Güllegrube in den Stall gelangen können. Für Kanäle mit gut fliessfähiger Gülle eignet sich als Gasverschluss eine Siphonplatte, für Rohre ein Pfeifensiphon.

Da heute meistens viel Stroh oder Sägemehl eingestreut wird, bringt man am Ende des Kanals einen gasdichten Kanalschieber an, der zum Entleeren nach oben gezogen wird. Ein offener Sammelkanal oder eine Vorgrube sind dann angebracht, wenn Gülle aus mehreren Kanälen oder Entmistungsbahnen gesammelt werden muss.

Damit die Gülle auch bei unterschiedlicher Zusammensetzung zuverlässig aus Kanälen abfliesst, müssen diese ohne Gefälle ausgeführt und mit einer Staunase von mindestens 15 cm Höhe versehen sein. Diese sorgt dafür, dass sich immer Flüssigkeit auf der Kanalsohle befindet. Die Kanaltiefe hängt von der Kanallänge ab.

Güllegruben sicher ins Freie entlüften

Die Güllelagerung unter dem Stall ist je nach Geländesituation kostengünstig, da die Wände der Grube gleichzeitig als Fundament für den Stall dienen. Sie ist dann unbedenklich, wenn es keine offenen Verbindungen zwischen Stall und Güllegrube gibt. «Auch bei Umbauten müssen alle Öffnungen zwischen Stall und Güllegrube definitiv verschlossen sein», betont Burkhalter.

Güllegruben müssen Lüftungsöffnungen aufweisen, die ein sicheres Entlüften ins Freie gewährleisten. Damit wird verhindert, dass sich Methan anreichert, was zu Explosionen führen kann.

Für die Entlüftung eignen sich diagonal angebrachte, mit Rosten abgedeckte Öffnungen sowie Abluftkamine über Dach. Die Öffnungen müssen sich im Freien befinden und lassen sich auch für mobile Rührwerke und Pumpen nutzen. Um einen aufwändigen Kamineinbau zu vermeiden, zieht man die Güllegrube am besten etwas über die Stallgrundfläche hinaus. «An die Risiken denken und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen», ist die Botschaft Burk-halters an die landwirtschaftlichen Bauberater und -planer.