Kurz & bündig
- Die Moderhinke ist eine ansteckende Klauenkrankheit.
- Das Erregerbakterium kann bis zu vier Wochen im Boden überdauern.
- Auch klinisch gesunde Klauen können den Erreger in sich tragen.
- Tupferproben ermöglichen, den versteckten Erreger zu finden.
- Eine Sanierung der Bestände ist zwar aufwändig, aber sie lohnt sich.
- Ziel ist ein nationales Bekämpfungsprogramm, um Re-Infektionen zu vermeiden.
Moderhinke, auch als Klauenfäule bezeichnet, ist eine schmerzhafte und ansteckende Klauenkrankheit bei Schafen und Wildwiederkäuern. Ziegen können auch daran erkranken, aber das ist eher selten.
Auslöser der Moderhinke ist das Bakterium Dichelobacter nodosus. Dieses vermehrt sich zwar nur im Klauenhorn und unter Luftabschluss, aber es überlebt bis zu vier Wochen im Boden. Von dort gelangt es hauptsächlich durch kleine Verletzungen in das Klauenhorn gesunder Tiere.
Gegen Moderhinke die ganze Schafherde sanieren und gesund halten
Der Beratungs- und Gesundheitsdienst für Kleinwiederkäuer BGK bietet seit 1999 ein Moderhinke-Bekämpfungsprogramm für Schafbestände an. Ziel ist es, jeweils den ganzen Bestand frei von Moderhinke MH zu bekommen.
Wolfgang Willi ist ein vom BGK ausgebildeter und anerkannter MH-Berater und hat bis vor Kurzem in Mels SG selbst eine Herde von etwa 20 Mutterschafen, 15 Lämmern und einem Widder gehalten. Im Jahr 2005 hat er seine Herde das erste Mal saniert.
Dazu hat er die Klauen aller Schafe zuerst visuell kontrolliert (von Auge), das Horn geschnitten und die Klauen drei Mal pro Woche in einem Bad behandelt. Etwa zehn Minuten müssen die Tiere im Klauenbad stehen. Danach müssen etwa eine Stunde auf einem harten, trockenen Platz verbringen, damit sie das Mittel nicht im Gras abstreifen.
Während damals von Auge kontrolliert wurde, ob die Tiere gesund sind, nimmt seit 2017 ein vom BGK anerkannter MH-Berater oder ein Tierarzt frühestens 10 Tage nach dem letzten Klauenbad Tupferproben von den Klauen.
Im Labor lässt sich feststellen, ob noch Moderhinke-Erreger vorhanden sind. Sind alle Proben negativ, erhält der Betrieb das Zertifikat für den Status «Moderhinke-negativ». Das heisst, dass alle Tiere frei vom Erregerbakterium sind.
Doch schwieriger als den Bestand zu sanieren, war es für Willi, ihn dauerhaft frei vom Erreger zu halten. Insbesondere, da er seine Schafe mit anderen Herden zur Sömmerung gab. «Immer wieder kamen im Herbst hinkende Schafe heim», erzählt er. Bei jeder Re-Infektion verlor der Bestand den Status «MH-negativ» und der Schäfer musste wieder neu sanieren. «Im Frühling waren sie wieder sauber», hält Willi fest.
Kontakt mit an Moderhinke erkrankten Schafen unbedingt vermeiden
Schafe sollten nur auf solchen Alpen gesömmert werden, auf denen alle Tiere aus MH-negativen Beständen kommen. Das ist leichter gesagt als getan. Früher habe es vor der Alpung nur visuelle Kontrollen gegeben, bei welchen manchmal Moderhinke im Frühstadium unentdeckt blieb. «Einen Sünder zu finden ist schwierig», sagt Willi.
Es braucht vor der Alpung zuverlässige Kontrollen. Der BGK schreibt den Teilnehmern seines MH-Bekämpfungsprogrammes vor, nur Alpen auszuwählen, in denen alle Schafe von MH-negativen Beständen kommen.
Das gemeinsame Veterinäramt der Kantone Graubünden und Glarus hat in den letzten Jahren seine Anforderungen an die Klauengesundheit der gesömmerten Schafe erhöht. Es verlangt, dass vor der Alpung auch die Herden ausserkantonaler Alpbestösser mittels Tupferproben getestet werden und die MH-Freiheit mit einem Zertifikat des BGK belegt wird.
Diese Vorschrift scheint Wirkung zu zeigen. Denn seit drei Jahren hat es in Willis Herde keine Rückfälle mehr gegeben. Doch nicht nur die Alpung ist ein Gefahrenherd, sondern jeder Tierzukauf.
Der Beratungs- und Gesundheitsdienst für Kleinwiederkäuer (BGK) empfiehlt, nur Tiere aus MH-negativen Beständen zu kaufen. «Ist ein Tierzukauf aus einem Betrieb ohne Status «MH-negativ» unvermeidlich, sind die Tiere einer Quarantäne zu unterziehen…», so steht es in den «Technischen Weisungen» des MH-Bekämpfungsprogrammes.
Alle Klauen des zugekauften Tieres sind zu kontrollieren und zu Beginn und am Ende der Quarantäne zu baden. Um sicher zu gehen, empfiehlt der BGK, am Ende der vierwöchigen Quarantäne Tupferproben von den Klauen zu nehmen. Die Abstriche liegen in der Verantwortung eines ausgebildeten MH-Beraters oder eines Tierarztes. Auch Willi, selbst MH-Berater und damit auch Kontrolleur, musste seine Schafe durch eine Drittperson prüfen lassen.
Die Herdensanierung bei Moderhinke lohnt sich
Grundsätzlich kann jeder Tierhalter, der über die entsprechenden Möglichkeiten verfügt, seine an Moderhinke erkrankte Herde selbstständig sanieren. Braucht er jedoch zum Beispiel für die Sömmerung ein Zertifikat des Beratungs- und Gesundheitsdienst für Kleinwiederkäuer, so muss er Mitglied beim BGK sein und am MH-Bekämpfungsprogramm teilnehmen.
Je nach Herdengrösse belaufen sich die Kosten für das Zertifikat auf 92 bis 157 Franken pro Jahr und Betrieb. Darin eingeschlossen ist das Abonnement der Zeitschrift «forum Kleinwiederkäuer». Zusätzlich muss der Tierhalter die Hälfte der Laborkosten bei der Frühjahreskontrolle übernehmen, was je nach Betriebsgrösse einen Betrag von zwischen 30 bis 90 Franken ausmacht.
«Die Kontrollen sind risikobasiert zu machen», betont der MH-Berater Willi. Er sucht sich die Tiere aus der Herde aus, die ihm verdächtig erscheinen. Je grösser die Herde, desto geringer der Prozentsatz an Tieren, die man testen muss. Maximal werden 30 Tiere pro Herde getestet. Um Kosten zu sparen, werden die Proben zusätzlich gepoolt, das heisst, es kommen immer zehn Wattestäbchen in ein Reagenzglas.
Der Schafhalter weiss bei einem positiven Befund nicht, welche und wie viele Tiere krank sind. Wie oben beschrieben, genügt allerdings schon ein krankes Tier in der Herde, damit der ganze Bestand den Status MH-frei verliert.
Schafhalter Willi ist überzeugt, dass sich die Sanierung lohnt, auch wenn es manchmal Rückschläge gibt. Mit gesunden Tieren hat er weniger Arbeit und Behandlungskosten. Nicht von ungefähr sagt er: «Ich sehe nichts lieber als eine gesunde Herde.»
Damit eine einmal sanierte Herde den Status MH-negativ halten kann, muss der Tierhalter alle möglichen Quellen einer Reinfektion kennen, sagt Sven Dörig, Leiter der Sektion Schafe beim BGK. Schafhalter, die immer wieder Tiere zukauften, hätten es schwer, einen MH-freien Bestand aufzubauen. Doch es werde umso weniger Rückfälle geben, je mehr Schafhalter ihre Bestände sanieren.
Eine nationale Bekämpfung der Moderhinke würde vieles vereinfachen
Dies ist auch das Ziel der projektierten nationalen MH-Bekämpfung: den MH-Erreger aus der schweizerischen Schafpopulation eliminieren. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV ist dabei, die Grundlagen dafür zu schaffen.
«Wenn das Parlament die Umsetzung dieses Projektes beschliesst, dann müssen alle Schafhalter in der ganzen Schweiz mitmachen», hält Dörig fest. Dieser Beschluss sei aber noch nicht gefällt. Wenn es sehr schnell gehe, könne das nationale Projekt schon im Spätherbst 2021 beginnen, realistischer sei jedoch ein Jahr später.