Im Februar 2019 konnte Reto Bucheli in mehreren von ihm aufgestellten Gelbfallen eine hohe Anzahl Stängelrüssler zählen, mehrmals sogar 150 bis 200 Rüssler innerhalb von drei Tagen. «Das ist enorm. Letztes Jahr hatte ich innert drei Tagen beispielsweise nur zwölf Exemplare in der Falle», erinnert sich der Fenaco-Pflanzenbauberater.

Eine genaue Erklärung für das massenhafte Auftreten des Raps-Schädlings hat Bucheli nicht. «Das warme Wetter ab Mitte Februar hat sicher eine Rolle gespielt und den frühen Einflug begünstigt», so der Berater.

Der Raps-Stängelrüssler allein sei aber nicht verantwortlich für die teilweise massiven Schäden, die bis hin zum Totalausfall führen können. «Wir haben festgestellt, dass eine Kombination aus Stängelrüssler- und Erdfloh-Befall die grössten Schäden verursacht.»

Felder, die im Herbst bereits unter dem Erdfloh gelitten haben, brachen unter dem Druck der Raps-Stängelrüssler ein. Sie haben wegen des Erdflohs keinen Haupttrieb gebildet. Auch die Seitentriebe verkümmerten nun infolge des Stängelrüsslers.

Das bestätigt Sonja Basler vom Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg. Das langsame Wachstum der vom Erdfloh geschädigten Pflanzen und die Kombination mit dem frühen Auftritt des Raps-Stängelrüsslers habe massiv geschadet.

Als Landwirt stellt sich die Frage, ob der Raps auf dem Feld bleiben oder unter den Pflug soll. Sonja Basler hat berechnet, dass ein Raps-Ertrag von 19 dt/ha noch den gleichen Deckungsbeitrag bringt, wie wenn 100 dt Körnermais (trocken) gedroschen werden.

Im Extenso-Anbau mit Prämie reichen sogar 13 dt/ha aus. Zudem sind alle Pflegemassnahmen im Raps mittlerweile abgeschlossen, alle Kosten ausser der Ernte sind bereits angefallen. Ein Aufgeben der Kultur empfiehlt sich nur in extremen Fällen.

Doch was hätte man tun müssen, damit es gar nicht erst soweit kommt? «Ich empfehle gegen den Stängelrüssler eine Behandlung beispielsweise mit Karate Zeon 0,1 l/ha», so Reto Bucheli. Die Kosten für Produkt und Arbeit betragen gut 100 Franken pro Hektare.

Den Raps überwachen, bevor der Raps-Stängelrüssler Schäden anrichtet

Doch viel schwieriger als das «Wie» ist eine andere Frage: Ab wann sollte der Stängelrüssler gespritzt werden? «Sobald die Eiablage erfolgt ist, was an den Einstichen zu sehen ist, ist der Schaden bereits angerichtet», erklärt Reto Bucheli. Das Ausmass der Schäden wie beispielsweise verkrüppelte Pflanzen mit geplatzten Stängel sieht man sowieso erst viel zu spät. Die Landwirte müssen also vorher überwachen. «Jeder Raps-Produzent sollte Gelbfallen aufstellen und kontrollieren», rät Bucheli.

In der Praxis sieht das so aus: Im Herbst sollte man nach der Saat Schalen vergraben, um den Erdfloh zu überwachen. Auch nach einer Behandlung sollte die Falle im Feld bleiben und überprüft werden. Nur so kann abgeschätzt werden, ob der Haupteinflug des Erdflohs abgeschlossen ist. Nach der Winterpause – also beim Raps schon ab Anfang Februar – sind Gelbfallen aufzustellen.

Die Fallen zeigen den Zuflug der Raps-Stängelrüssler. Für die Bekämpfungsschwelle massgebend sind allerdings die Einstiche in den Stängeln. Die Basis dafür liefert eine 27 Jahre dauernde Studie von Agroscope.

«Diese Einstiche zu sehen ist aber schwierig und mühsam», weiss Bucheli. In den letzten Jahren erfolgte der Zuflug meistens sehr früh, weshalb jeweils die Schwelle für das frühe Raps-Stadium (Stängelhöhe 1 bis 5 cm) massgebend war. Eine Herausforderung für die Praxis ist, dass der Zusammenhang zwischen Fangzahlen in der Falle und den Einstichstellen, die letztendlich die Schäden verursachen, nicht immer gegeben ist.

Sonja Basler von der Liebegg beruft sich auf die Agroscope-Studie und hält fest: «Das Jahr 2019 ist ein Extremjahr. Wir dürfen jetzt aber nicht überreagieren und meinen, dass wir den Stängelrüssler standardmässig behandeln müssen.»

Grosses Risiko für Resistenzen gegenüber Insektiziden

Reto Bucheli von der Fenaco vermutet, dass auch die Ausdehnung der Rapsfläche dazu beiträgt, dass der Druck steigt. Er empfiehlt, nach ersten Fängen in der Gelbfalle Raps-Pflanzen auf Einstiche zu untersuchen und zeitig das warme Wetter für eine Behandlung zu nutzen.

Raps ist eine insektizidmässig intensive Kultur, insbesondere ohne Beizung. Im Herbst der Erdfloh, dann der Stängelrüssler und am Schluss der Glanzkäfer. «Wenn wir im Raps auf bis zu fünf Insektizid-Behandlungen kommen, ist das zu viel», sagt Bucheli.

Das Risiko für Resistenzen, wie sie im Nachbarland Deutschland auftreten, ist gross. Darum, und auch aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, darf nur behandelt werden, wenn die Bekämpfungsschwelle erreicht ist.

Und um das zu wissen, müssen Raps-Produzenten ihre Felder in den heiklen Phasen regelmässig mit Fallen und von Auge kontrollieren.

Das gilt insbesondere auch für nächstes Jahr. «Die Gefährdung ist hoch. Wir haben viele Stängelrüssler, die sich nun in den Böden verpuppen und überwintern werden. Diese suchen sich ab Februar 2020 wieder neue Felder, die sie besiedeln können», so Bucheli.

Raps-Produzenten können also bereits jetzt eintragen: 1. Februar 2010: Gelbfallen aufstellen!